Fahrerlose Transportsysteme : FTS-Strategie:
Diese zehn Punkte sollten Unternehmen beachten

Zehn aus Fahrradkette geformt

Günter Ullrich stellt zehn Punkte auf, die für eine FTS-Strategie wichtig sein könnten.

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Nehmen wir eine Unternehmensgruppe mit mehreren Standorten. In den Werken gibt es mitunter vergleichbare Abläufe und damit auch vergleichbare FTS-Anwendungen. In der Vergangenheit hat oft jedes der Werke für sich seine ersten Gehversuche in Sachen Automatisierung der Intralogistik gemacht. Mit einer FTS-Unternehmensstrategie könnten die einzelnen Werke gemeinsame Sache machen – und zwar effizienter, als bisher.

1. Vision einer FTS-Strategie

Jedes neue Projekt braucht zunächst eins: eine Vision. So man sich auch in Bezug auf die Fahrerlosen Transportsysteme zuvor überlegen, was das Hauptanliegen sein soll. Mögliche Visionen könnten sein: eine positive Innen- und Außenwirkung, eine Wertsteigerung des Standortes, klare Strukturen und die Nachverfolgbarkeit der Prozesse. Aber auch mehr Sauberkeit im Betrieb, freie Wege und weniger monotone Arbeit für die MitarbeiterInnen können Ziele einer FTS-Strategie sein. Immer im Blick sind außerdem die Produktionskosten, die sich bestenfalls verringern.

2. Prozesse und Standard-Einsatzfälle

Gerade, wenn es mehrere Werke an verschiedenen Standorten gibt, ist es wichtig, sich einen Überblick über die Prozesse und Warenströme in den einzelnen Unternehmensbereichen zu verschaffen. So findet man auch heraus, welche Gegebenheiten fix sind und welche sich anpassen lassen. Des weiteren lassen sich besondere Einsatz- und Randbedingungen identifizieren. Auf Basis von Usecases können Sie schließlich Standard-Einsatzfällen für alle oder mehrere Standorte definieren.

3. Ladehilfsmittel und FTF-Typen

Nehmen Sie auch Ihre Ladehilfsmittel, also beispielsweise die Paletten, Gitterboxen und Behälter in den einzelnen Unternehmensbereichen unter die Lupe! Und klären Sie für sich folgende Fragen: Welche Ladehilfsmittel sind gesetzt? Wie groß ist die Vielfalt? Gibt es „Wildwuchs“? Gibt es mechanische und digitale Schnittstellen zur Peripherie (Lastübergabe, Lagerung)? Überprüfen Sie zudem Ihre vorhandenen Fahrzeugtypen samt Lastenaufnahmemittel, Bewegungsmöglichkeiten und anderer technischer Eigenschaften.

4. IT-Struktur

Hier können Sie sich etwa anschauen, ob Ihre FTF und FTS-Leitsteuerungen der Datenschnittstelle VDA 5050 folgen. Ist eine proprietäre Steuerung möglich? Oder können Sie sich auf eine Standard-FTS-Leitsteuerung einigen? Ist eine Kommunikation via WLAN / 5G möglich? Zu all diesen Überlegungen kommt natürlich noch die Frage, welche Funktionen Sie von Ihren zukünftigen FTS brauchen – und wo diese im IT-Bereich angesiedelt sein werden.

5. Safety-Standards

Fahrzeuge im Lager oder in der Produktion stellen immer ein Sicherheitsrisiko dar. Um dieses so gering wie möglich zu halten, gibt es bereits verschiedene Standards. Daher sollte man die Rechtslage in jenen Ländern beachten, in denen die Technologie zum Einsatz kommen soll. Innerhalb der EU schreibt etwa die Maschinenrichtlinie vor, welche Anforderungen an die Sicherheit einzuhalten sind. Zusatzhinweis: Der VDI hat eigene Leitfäden zur FTS-Sicherheit zusammengestellt!

Das FTS übernimmt nicht nur den Materialfluss, sondern auch die Datenintegration - und prägt damit das Unternehmen im Sinne von Industrie 4.0, der Digitalisierung und des Unternehmenswertes.
Günter Ullrich

6. Security-Standards für die Datensicherheit

Hier ist die IT gefragt. Denn mit der Automatisierung steigen auch die Anforderungen in punkto Datensicherheit. Zertifizierung von Software, Authentifizierung, Sicherheits-Updates und Zugangsrechte sind einige Punkte, die hier zu beachten sind. Dazu sollten Sie sich überlegen: Gibt es schon zentrale Server für prozessnahe Leitsteuerungen? Und gibt es schon entsprechende Tools und Vorschriften zum Schutz vor Cyberangriffen?

7. Projektstrukturen

Wenn ein Lieferant oder eine Lieferantin die gesamte FTS-Lösung bereitstellt, sind die Strukturen weniger komplex. Mittlerweile ist es aber keine Seltenheit, dass Fahrzeuge, Leitsteuerung und Inbetriebnahme von drei verschiedenen Firmen kommen. Dies hat seine Berechtigung – führt aber auch zu mehr Komplexität. Daher ist es ratsam, sich vorab zu überlegen, wie die erforderlichen Rollen im FTS-Projekt besetzt sein werden. Auch dazu bietet der VDI einen Leitfaden an.

8. FTS oder AMR: Die Bedeutung von Autonomie

Wie autonom sich die Fahrzeuge in Ihrem Betrieb verhalten sollen, kommt ganz auf Ihre Anwendung an. Demensprechend werden Sie sich entweder für fahrerlose Transportfahrzeuge oder autonome mobile Roboter entscheiden. Eine ausgeprägte Autonomie hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Um die Autonomie Ihrer Geräte leichter bestimmen zu können, hat der VDI Fachausschuss FTS Ende Dezember einen Leitfaden zusammengestellt. Bedenken Sie auch in diesem Bereich wieder die Sicherheitskonsequenzen mit!

9. Lastenhefte

Möglichst vollständige Lastenhefte machen durchaus Sinn. Ihre Anzahl ist wiederum von der Projektstruktur abhängig. Überlegen Sie sich für Ihre Lastenhefte eine Struktur der Dokumente, Inhalte und Standard-Bausteine. Dabei ist es hilfreich einen allgemeinen und einen projektspezifischen Teil anzulegen.

10. Pilotprojekt

Und nun zur Anwendung Ihrer FTS-Strategie! Starten Sie ein Pilotprojekt mit Signalcharakter. Nach einem gelungenen Praxistest können Sie die Pilotanwendung auf weitere Intralogistik-Prozesse ausweiten.