Robotik : Festo präsentiert den ersten pneumatischen Cobot
Normalerweise lässt Festo zur Hannover Messe mechanische Möwen oder Kängurus durch die Hallen fliegen oder hüpfen und kommt damit immer in die Primetime der deutschen Fernsehanstalten. Für die FachbesucherInnen sind die Entwicklungen eine nette Spielerei. Dieses Jahr beherrschen die Schwaben schon zwei Wochen vor der Messe die Schlagzeilen – dieses Mal in der Fachwelt: In einer virtuellen Produktshow präsentierten Dr. Frank Melzer, Vorstand Product and Technology Management, und Christian Tarragona, Leiter Robotics, den ersten pneumatischen Cobot. Die Pressekonferenz richtete sich wohl nicht nur an FachjournalistInnen, denn die Erklärungen waren doch immer sehr an der Oberfläche und die Verantwortlichen überschütteten die Entwicklungsabteilung mit viel Lob. Aber nichtsdestotrotz: Der Festo Cobot lockte viele virtuelle Gäste an.
Sie bekamen einen Cobot zu sehen, der ohne Schaltschrank zum/r KundIn kommt und günstiger sein soll als ein vergleichbarer elektrisch angetriebener Cobot – auch dank der Technik. Die Direktantriebe in den Gelenken sind kostengünstiger und besonders leicht, weil im Gegensatz zu elektrischen Lösungen keine schweren Getriebe und teure Kraft-Moment Sensorik nötig sind, so die Verantwortlichen.
Pneumatische Direktantriebe
Der Cobot kommt mit einem größeren Fuß, in dem die Technik verbaut ist. Steckverbindungen ermöglichen auch Ad-hoc-Einsätze ohne lange Umrüstzeiten, versprechen die Entwicklerinnen und Entwickler. Mit gängigen Busstandards soll die schnelle Anbindung an übergeordnete Steuerungen gelingen, heißt es bei Festo. Der Cobot hat eine Traglast von 3 kg und eine Reichweite von 670 mm (mehr Reichweite könnte zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein) bei einer Wiederholgenauigkeit von 0,3 mm. Viele BesucherInnen wunderten sich wohl ob der Traglast, denn in der Pressekonferenz gab es Nachfragen, ob mehr Traglast geplant sei. Wettbewerbssysteme können mehr, raunt es durch die Branche. Der dänische UR10e hebt bis zu 12,5 kg.
In der Pressemitteilung heißt es: „Wie ein menschlicher Arm hat der Festo Cobot mit 670 mm genau die richtige Reichweite, um im Teamwork mit den MitarbeiterInnen als helfende dritte Hand wahrgenommen zu werden. Er bewegt sich in einem überschaubaren Radius. Dank der Nachgiebigkeit der pneumatischen Antriebe agiert der Cobot feinfühlig – mit situativ angemessener Geschwindigkeit, in flüssigen, harmonischen Bewegungen. Bei Berührung ist er so soft wie ein menschlicher Kontakt.“ Die Antriebe spielen eine entscheidende Rolle, denn die pneumatischen Direktantriebe des Cobots und sein geringes Gewicht senken seine Kontaktenergie. Das stellten die Verantwortlichen in der Präsentation deutlich dar.
Passende Software: Robotic Suite
Der Festo Cobot besteht aus der Hardware selbst, einem Handmodul und der Robotic Suite, einer Software für die Inbetriebnahme und Programmierung. Das System ähnelt dem Ansatz von Franka Emika (Factory testete vor zwei Jahren die Steuerung und Programmierung in München). Das Versprechen: „Dieses Paket macht es möglich, den Cobot in weniger als einer Stunde in Betrieb zu nehmen und zu programmieren. Vorkenntnisse aus dem Bereich der Robotik sind nicht notwendig, denn die selbsterklärende Software „Robotic Suite“ enthält übersichtlich visualisierte und standardisierte Funktionsbausteine. Pneumatische Antriebe ermöglichen das einfache manuelle und widerstandsfreie Führen des Roboterarms mit der Hand, um Wegpunkte bzw. Bahnen schnell und präzise einzulernen.“
2023 soll der Cobot kommen. In diesem Jahr können erste KundInnen die Technik testen. Der Vertrieb soll über Festo direkt laufen, erfuhr Factory. Die größte Herausforderung von Cobot-Bauern: Den Kontakt zu den vielen kleinen mittelständischen Firmen und Handwerksbetrieben aufbauen, denn dort sind die Namen der großen Konzerne kaum präsent. Aber vielleicht schauen die Festo-Verantwortlichen in ganz andere Märkte.
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