Künstliche Intelligenz : Die 4 typischen Anfangshürden bei KI-Projekten

Industrial Engineer in Hard Hat Wearing Safety Jacket Uses Touchscreen Tablet Computer. He Works at the Heavy Industry Manufacturing Factory.
© Gorodenkoff

Die Verständnis-Hürde

Wie bei vielen Trends beginnen die Probleme oft schon mit dem Wort „Künstliche Intelligenz“ selbst. Wer ein KI-Projekt starten will, sollte sich darum zuallererst fragen, was innerhalb des eigenen Unternehmens unter künstlicher Intelligenz verstanden wird und Führungs-, Management- und operative Ebene auf dasselbe Wissensniveau bringen. Es empfiehlt sich, intern darüber aufzuklären, wie Machine Learning, Deep Learning, Künstliche Intelligenz, Neuronale Netze und Natural Language Processing zusammenhängen und worin sie sich unterscheiden. Wichtig ist auch abzuklären an welchem Punkt der traditionellen Fähigkeiten des bestehenden IT-Systems soll die KI ansetzen soll. Beim Wahrnehmen (Eingabe), dem Verstehen (Verarbeiten) oder Handeln (Ausgabe)? Ebenso wichtig ist, ob sie eher selbsttätiges Lernen aus Feedbacks oder Fehlern angestrebt wird oder nur intelligentes Erfassen und Anreichern von Daten gewünscht ist. Sind solche grundsätzlichen Fragen geklärt, ist es möglich, sich intern fundiert über Ziele, Strategien und Ansätze auszutauschen, damit am Ende wirklich alle Bedürfnisse erfüllt werden.

Die Größen-Hürde

Ein typischer Fehler kann sein, ein Projekt zu groß aufzusetzen. Carsten Hunfeld von Augmentir empfiehlt, ein übergeordnetes Ziel, wie zum Beispiel ein besseres Betriebsergebnis, in Teilziele herunterzubrechen, etwa in konkrete Verbesserungen der Produktivität, Qualität, beim Arbeitsschutz oder der Compliance, und auch diese in Milestones zu zerlegen. Ein solches Vorgehen macht transparent, was erreicht werden soll: Es erleichtert zum einen die Einschätzung, an welchen Stellen und in welchen Prozessen KI sinnvoll eingesetzt werden kann und hilft auch bei der exakten Zieldefinition bis hin zu KPIs. Am Ende geht es darum, wirkliche Mehrwerte zu erzielen.

Wer durch KI Resultate erzielen will, statt aufwändige und risikoreiche Experimente zu veranstalten, sollte Ziele klar definieren und sich idealerweise auf einzelne Prozesse beschränken.
Carsten Hunfeld, Head of Operations (DACH-Region) Augmentir

Ein solches Teilziel könnte sein, Personal schneller einzuarbeiten. Ein weiteres wäre der Wunsch sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden bei ihren Aufgaben über genau das Wissen verfügen, das sie für hochqualitatives und sicheres Arbeiten benötigen. KI-basierte Softwareplattformen können diese und viele weitere Vorhaben vorantreiben, indem sie Schulung, Anweisung und Unterstützung über Smartphone, Tablet oder Datenbrille direkt am Arbeitsplatz liefern. Mit Hilfe von Algorithmen lässt sich die Anleitung so personalisieren, dass jeder Mitarbeitende genau das Maß an Information und Kontrolle bekommt, das ihn oder sie voranbringt. Wo AnfängerInnen bei allen Details an die Hand genommen werden, erhalten geschulte Profis nichts, was ihre Arbeit durch ein Zuviel an Information verlangsamen würde.

Die Daten-Hürde

Ein weiterer Faktor, den es ganz zu Anfang zu überprüfen gilt, ist die Datenlage. Denn ohne den richtigen Input kann eine KI nicht arbeiten. Dabei kommt es im ersten Schritt darauf an, Anwendungsbereiche zu finden, in denen genug Datensätze anfallen, um einen Algorithmus so zu trainieren, dass eine verlässliche Prognose möglich wird. Statt mit „small data“ wie etwa Kundendaten zu operieren, sollte man sich also entweder existierende Big-Data-Szenarien suchen oder damit beginnen, große Datenmengen zu erfassen. Eine reiche Quelle bieten vernetzte Mitarbeiter und Maschinen. Denn nicht nur Sensoren liefern jede Menge wertvollen Input, sondern auch Personal: Beispiele hierfür sind die Rückmeldung von Arbeitsschritten oder die Bestätigung von Hygienemaßnahmen über mobile Geräte, die Dokumentation von Stati, Fehlern usw. Doch nicht nur auf die Menge der Daten kommt es an, sondern insbesondere auf deren Qualität. Nach dem Motto „Garbage in – garbage out“ passiert es sonst allzu leicht, dass ein KI-gestütztes System zum Sargnagel wird, statt zum erhofften Erfolg zu führen. Datenbereinigung und immer wieder ein korrigierender Blick von menschlicher, kompetenter Seite gehören bei KI-Projekten zum Pflichtprogramm.

Die Personal-Hürde

Genau hier baut sich für viele Unternehmen ein weiteres Hindernis auf. Sie fragen sich, ob sie zuerst Modell-Entwickler und Data Scientists einstellen müssen, um mit dem ersten KI-Projekt zu starten. Diese sind aber rar und meistens teuer. Ideal eigenen sich daher Cloud-Anwendungen, die bereits fertige Modelle mitbringen. Sie erfordern kein Spezialwissen und sind teils in weniger als einer Woche einsatzbereit. Sie können dann direkt die Einsatzplanung der MitarbeiterInnen auf der Basis ihrer Skills und Erfahrungen optimieren oder damit starten, für einen KI-Bot die häufigsten Fragen aus der Fertigung nebst Antworten von ExpertInnen zu einer Wissensdatenbank zusammenzustellen.

Die Fülle von Daten aus dem Connected-Work-Bereich lassen sich mit herkömmlichen Business-Intelligence-Tools nicht einfach auswerten. Hier brauchte es bisher einen Data Scientist, um sie in nutzbringende Erkenntnisse zu verwandeln. Nicht so bei KI-basierten Systemen, die intelligente Analysefunktionen und Dashbords „Plug-and-Play“ mitliefern. Deren Algorithmen sind fähig, selbst in „noisy data“ Ungereimtheiten oder Ausreißer zu erkennen und Korrelationen zu finden. Sie helfen damit, die vielversprechendsten Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren, für ein kontinuierliches Lernen.

Fazit

Jetzt auf den KI-Zug aufzuspringen ist eine gute Idee. Oft ist es aber besser, zunächst im kleinen Rahmen erste Erfahrungen zu sammeln. Gelegenheit dazu geben Out-of-the-Box-Anwendungen für konkrete, klar umrissene Anwendungsfälle, wie zum Beispiel die autonome Wartung oder vorausschauende Instandhaltung. Sie lassen sich oft ohne lange Vorbereitung, große Risiken und personelle Veränderungen implementieren und belohnen mit raschen Resultaten. Um Silos zu vermeiden, ist es dabei selbstverständlich wichtig, dass sich eine solche Cloud-Plattform leicht mit bestehenden Systemen verbinden lässt, um den Gewinn an Daten und Erkenntnissen schnell in nachgelagerte Prozesse einzuspeisen und so der ganzen Organisation zugänglich zu machen.