Start-up : Wie Incus mit seinem Metall-3D-Drucker die Start-up-Branche revolutioniert

© Incus

Alles begann vor vier Jahren in der Abteilung Metallmaterialen bei Lithoz. Gerald Mitteramskogler - heute CEO von Incus - hatte sich der additiven Fertigung mit magnetischen Metallen gewidmet. Gemeinsam mit seinem Projektteam hat er auf Basis des keramischen Verfahrens von Lithoz getüftelt und probiert. Neuland für Lithoz, Spezialist wenn es um keramischen 3D-Druck geht. Doch Mitteramskogler blieb hartnäckig. Ergebnis war ein komplett neues Verfahren. Viele Versuche, einiges an Überzeugungsarbeit und vier Prototypen später war klar, dieses Verfahren muss auf den Markt gebracht werden.

Anspruchsvoller Beta-Kunde: Prüflabor für metallische Werkstoffe

Auf den serienreifen 3D-Drucker blick der Jungunternehmer heute zufrieden, nicht zuletzt, da die Beta-Serie von Experten mit hohen Ansprüchen getestet wurde. An der Hochschule Pforzheim wurde die Beta-Version des 3D-Druckers namens „Hammer“ auf Herz und Nieren geprüft. Die Hochschule ist akkreditiertes Prüflabor und entwickelt feinwerktechnische Verfahren, Geräte und Vorrichtungen zur Automatisierung von Fertigungsschritten sowie schmuckrelevante Werkstoffe. Eines der Objekte, die die Hochschule mit dem 3D-Drucker von Incus gefertigt hat, war eine Brosche anlässlich 100 Jahre Goldstadt Pforzheim. Der Kern wurde mit dem „Hammer“ hergestellt und anschließend vergoldet. Schmuck ist nämlich eines der Anwendungsfeld für das sich das Verfahren besonders eignet, da besonders glatte Oberflächen mit dem Incus-Verfahren möglich sind.

Goldschmiede und Metallspritzgießer bekommen Konkurrenz

Weitere Anwendungsfelder finden sich im Prototypenbau, etwa für den Metallspritzguss. Kleine metallische Komponenten können, ohne aufwendige Nachbearbeitung der Oberfläche, produziert werden. Incus hebt sich vor allem mit zwei Besonderheiten hervor: Komplexe Strukturen lassen sich ohne Hilfskonstruktionen bauen, das aufwendige Entfernen von Hilfsstrukturen entfällt dadurch. Und, die Oberflächen der Bauteile sind besonders fein und benötigen kaum bis gar keine Nachbearbeitung. Möglich wird beides durch das besondere Druckverfahren mit dem sich selbst Titan, Wolfram, Graphit und Kobalt drucken lassen. Mitteramskogler ist überzeugt: "Mit unserer neuen Druckerserie ist es nicht nur möglich, sehr kleine komplexe Bauteile mit feinsten Oberflächenstrukturen herzustellen, sondern auch neue Metallpulvermischungen welche mit etablierten AM Verfahren bisher nicht möglich waren, wie z.B. nicht schweißbare Pulver, einzusetzen. Wir haben bereits in Werkstoffentwicklungsprojekten mit unseren Kunden gesehen, dass wir ähnliche Materialeigenschaften erreichen können wie der Metallspritzguss, eines der konventionellen Massenproduktionsverfahren für Metallteile. Wir sind immer bestrebt, uns den Herausforderungen im Zusammenhang mit neuen Materialien oder Geometrien zu stellen, um unseren Prozess zu bewerten." In den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten sieht der Gründer den Reiz: ”Das Tolle am 3D-Druck, man kann unterschiedliche Branchen bedienen. Der Drucker erlaubt ein unbekanntes Maß an Designfreiheit, jetzt geht es darum die passenden Anwendungen zu finden.“

3D-Druck ohne Bauteilsupport

Die Maschine der Hammer-Serie nutzt die Photopolymerisation für die additive Herstellung von Metallkomponenten. In einem zweistufigen Prozess wird aus einem photoreaktiven, metallgefüllten Rohstoff ein Grünteil geformt. Bei Raumtemperatur werden aus einer Massen, deren Konsistenz an Butter erinnert, die Objekte aufgebaut. Das Material wird Schicht-für-Schicht aufgetragen und durch ein spezielles Lichtverfahren verfestigt. Dazu verwendet Incus einen leistungsstarken Projektor mit einer Auflösung von 35 µm in X- und Y-Richtung. Dort wo kein Bauteil sein soll, bleibt die aufgetragene Masse in ihrer ursprünglichen Konsistenz und umschließt das festen Bauteil. Dieses Restmaterial lässt sich nach dem Druckprozess mit einem Heißluftgerät abschmelzen. Da bei dem Druckverfahren die Bauteile von diesem buttrigen Material umschlossen sind, sind keine Stützkonstruktionen notwendig. Gerade das Entfernen von Stützkonstruktionen macht 3D-Druck für viele Anwendungen aufgrund der zusätzlichen manuellen Arbeitsschritte unwirtschaftlich.

Sauberer als Pulver-Verfahren

Das Verfahren bringt weniger Probleme mit sich: Im Vergleich zu Pulverbett-Verfahren, z.B. dem Selective Laser Melting oder dem Binder Jetting, ist der Prozess sauberer. Es können auch feinere Metallpulver verwendet werden wodurch sich eine bessere Oberflächenqualität ergibt. Das verwendete Ausgangsmaterial verspricht zudem eine höhere Arbeitssicherheit, soll Investitionen in Schutzgasatmosphärenlösungen überflüssig machen und eine hohe Reproduzierbarkeit ohne aufwändige Prozessparameter ermöglichen. Abgeschmolzenes Material kann direkt wiederverwendet werden, da im Gegensatz zum Pulververfahren, die Qualität des Ausgangsmaterials nicht darunter leidet. „Die mit unserer Technologie mögliche hohe Oberflächenästhetik und die erzielbaren guten Materialeigenschaften sind im Metall 3D Druck einzigartig. Wir sehen diese Kombination als Schlüssel für den Einsatz als Alternative für geringere Stückzahlen (<10.000 Stück), wenn eine Massenfertigung mittels MIM (Metal Injection Moulding) aufgrund der hohen Werkzeugkosten nicht wirtschaftlich ist.“.

Incus und Lithoz: die strategische Partnerschaft

Der Jungunternehmer weiß, die Konkurrenz im metallischen Bereich ist größer als im keramischen 3D-Druck, vor allem aus den USA kommt starke Konkurrenz. Incus muss sich daher klar positionieren. Wohl mit ein Grund dafür, dass Incus und Lithoz getrennte Wege gehen, ist der unterschiedliche Kundenstamm. Kaum ein Metallverarbeitendes Unternehmen ist auch aktiv am Markt für keramische Produkte. Der Technologieführer Lithoz wird Incus den Start jedoch erleichtern. Synergieeffekte möchten die beiden Unternehmen künftig nutzen: Die Software für die Hammer-Serie baut auf der Lithoz-Software auf. Auch der gemeinsame Vertriebs- und Marketingaktivitäten z.B. in den USA oder am asiatischen Markt sind nicht ausgeschlossen.