Arbeitsmarkt : Wie Bellequip Techniker fürs Waldviertel gewinnen will

Martin Hinterlehner plant langfristig. Der Gründer und Co-Geschäftsführer von BellEquip schlägt stabile Pflöcke in seiner Heimatstadt Zwettl ein. Privat hat er als Vater zweier kleiner Kinder gerade ein Haus gebaut, aber auch als Unternehmer ist er im Frühjahr 2018 in ein neues Heim übersiedelt: Das 14 Personen umfassende Team ist Mitte Mai in das Postgebäude in der Zwettler Innenstadt übersiedelt. Mit über 700 m2 an Büro und Lagerfläche steht dem Technikhändler nun mehr als die doppelte Fläche zur Verfügung. Das ist auch nötig, denn die Geschäfte laufen gut und sollen in nächster Zeit um weitere Angebote ergänzt werden. Dafür braucht es Platz, für Lagerflächen und vor allem für die Büros der neuen Mitarbeiter. Einziger Haken dabei: Es gibt die Mitarbeiter nicht. Noch nicht. Denn ab jetzt will Bellequip gezielt Waldviertler Techniker mit Vertriebserfahrung ansprechen, die irgendwo in Österreich arbeiten.

Hidden Champion

„Die Heimkehrer gibt es“, ist Hinterlehner überzeugt: „Nur erreichen wir sie bisher noch nicht“. Denn viele Waldviertler würden liebend gerne zu ihren Wurzeln zurückkehren, wissen aber schlicht nichts von den Arbeitsmöglichkeiten, die sich hier bieten. Die Region im Norden Niederösterreichs ist nicht bekannt für seine Technikarbeitsplätze, und BellEquip ist so etwas wie ein Hidden Champion auf seinem Gebiet. Das Unternehmen mit dem Slogan „Technik, die verbindet“ ist ein Profi für umfassende IT-Lösungen, zur Sicherung und Verfügbarkeit elektronischer Anwendungen, in den Bereichen IT/Serverraum, Elektrotechnik, Industrie, Automatisierung und mehr. Von großen Unternehmen wie ORF oder T-Mobile bis zu kleinen Gewerbebetrieben reicht die Palette des ausschließlich im B2B-Bereich tätigen Distributors, der trotz seines guten Rufs im Bereich der Systemlösungen und des professionellen Marketings in der Breite kaum bekannt ist.

Erfolgreicher Heimkehrer

Das beste Beispiel für die Erfolgsaussichten, die BellEquip Heimkehrern bietet, ist der zweite der beiden Geschäftsführer: Günther Lugauer ist ebenfalls gebürtiger Waldviertler, hat nach dem Studium am Technikum Wien in der Bundeshauptstadt als Software-Programmierer gearbeitet – und wollte schon lange wieder aus der Großstadt in seine Heimat übersiedelt. Doch erst als er vor zehn Jahren durch Zufall mit Martin Hinterlehner in Kontakt kam, ergab sich die Gelegenheit. Lugauer brachte Know-how insbesondere im Bereich Netzwerktechnik in das Unternehmen ein, das Hinterlehner drei Jahre davor gegründet hatte, und ist heute maßgeblich für den Geschäftserfolg von BellEquip verantwortlich. Das mit der Übersiedlung in des ehemaligen Wählamt wieder Technik ins Postgebäude an der Kuenringerstraße einzieht, freut ihn ganz besonders: „Natürlich dachten wir auch über einen Neubau auf der grünen Wiese nach, aber bei der Post finden wir die besten Bedingungen für unsere Anforderungen vor und setzen mit unserer Entscheidung auch ein kräftiges Zeichen für die Zwettler Innenstadt.“

Back-up zum Hersteller

Von Zwettl aus betreut BellEquip Kunden in ganz Österreich. Am Beginn standen jene Produkte, die Hinterlehner als Service- und Vertriebstechniker und später als selbstständiger Handelsvertreter kennen gelernt hatte. UVS und KVM-Produkte wurden durch immer mehr Nischenlösungen ergänzt, die zwischen allen Systemen liegen und die Verbindung dieser sicherstellen. Heute vertreibt BellEquip rund 25 Hersteller. „Im letzten Jahr durften wir mehr als 4.000 Kundenaufträge abwickeln“, erklärt Hinterlehner das Geschäftsmodell. Die Kunden müssen sich bei solchen Beträgen ganz besonders darauf verlassen können, dass die Zwettler ihm nicht nur die passenden Produkte liefern, sondern ihn auch richtig beraten, ohne dass er mit den Herstellern selbst Kontakt aufnehmen muss. „Wir machen für unsere Kunden das Back-up zum Hersteller – das ist besonders dann wichtig, wenn es bei Lieferanten aus dem Ausland ein Sprachproblem gibt“, sagt Günther Lugauer.

Preisgekröntes Eigenprodukt

Ein wenig ins Rampenlicht gerückt ist das Unternehmen vor zwei Jahren, als es unter den Finalisten des NÖ Innovationspreises zu finden war. Das e-2-s Gateway ist eine Weiterentwicklung eines von BellEquip vertriebenen Routers, der die dynamische Verarbeitung von E-Mail-Alarmen unterschiedlicher Systeme zu SMS ohne zusätzliche Software möglich macht. Entwickelt wurde e-2-s in Zusammenarbeit mit einem Zwettler Programmierer, als der Bedarf beim Kunden erkannt worden war. Wenn Übertemperatur droht, darf keine Zeit mehr verloren werden, da Brandgefahr besteht. Doch das Warn-E-Mail, dass die Überwachung verschickt, wird von dem Adressaten oft nicht sofort gelesen – ein SMS auf das Handy aber schon. Diese einfache, aber wirkungsvolle Anwendung ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie BellEquip auf die Anforderungen seiner Kunden reagiert: Möglichst unmittelbar und lösungsorientiert.

LoRaWAN

„Die Zukunftsthemen stehen vor unserer Türe“, sagt Martin Hinterlehner. IoT, M2M und Smart Metering sind nicht mehr nur Schlagworte, sondern werden derzeit auch in kleineren und mittleren Unternehmen Realität. Neue Lösungen für Fernwartung und Automatisierung können dank LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) mit hohen Reichweiten und niedrigsten Energieverbräuchen fast überall realisiert werden. Doch um die Lösungen erfolgreich anbieten zu können, braucht es das entsprechende Personal. „In unserer Region sind Bewerber mit technischer Ausbildung und Vertriebserfahrung schwer zu finden“, bedauert Günther Lugauer. Mit dem neuen, modernen Büroräumlichkeiten und dem Fokus auf Heimkehrer will BellEquip das ändern. Ein vergleichbares Technik-Unternehmen gäbe es in ganz Österreich ohnehin nicht, ist man in Zwettl überzeugt: Weder von der Größe noch von der Ausrichtung noch von der Atmospähre im Betrieb her.

Waldviertler Luft

„Für uns ist Wirtschaft kein Selbstzweck“, betont Hinterlehner: „Ich glaube daran, dass man erfolgreich und dabei auch glücklich sein kann.“ Möglicherweise liegt diese ungewöhnliche unternehmerische Einstellung in der Waldviertler Luft, wie die ähnlich gestrickten Erfolgsmodelle von Heini Staudingers Schuhfabrik GEA oder von Johannes Gutmanns Bio-Kräuter-Betrieb Sonnentor nahe legen. Doch BellEquip sucht keine Schuster oder Gewürzbauern, sondern IT-Techniker, Elektroniker und und vor allem technische Vertriebsmitarbeiter, die von der Zwettler Innenstadt aus bedarfsorientierte Lösungen mit Systemwissen und Hausverstand unter die Leute bringen wollen. Das Ziel ist einfach erklärt, so Hinterlehner: „Wir wollen arbeiten, um Freude daran zu haben.“