3D Druck : Versucht billig

Bauteile
© Lithoz

Hannes Hämmerle bezeichnet sich mittlerweile selber als „alten Hasen“. Umso wertvoller ist sein Know-how. Als Geschäftsführer von 1zu1 Prototypen und damit Anbieter für 3D-Druckdienstleistungen beobachtet er nun den Markt seit über 20 Jahren und damit auch die Launen der Industrie. „Die Mühlen der Technik mahlen langsam aber stetig“, beschreibt es Hämmerle treffend. Noch habe die Industrie zu wenig Vertrauen aufgebaut. Warum? Billiganbieter. „Am Markt existiert leider eine Vielzahl von Anbietern, die ihren Fokus lieber auf das kostengünstigste Teil legt, als darauf, die bestehende Technik optimal zu nutzen und damit beste Qualität zu liefern“, so Hämmerle. Der Unterschiede in Maßhaltigkeit und Festigkeit, die für ein und dasselbe Bauteil von unterschiedlichen Lieferanten erhalten werden können, sind riesig.

Dennoch merkt Hämmerle immer mehr, dass besonders innovative Unternehmen die 3D-Technik mehr und mehr nützen. „Den Hype erleben wir erst heute. Wir sehen, dass diese Unternehmen nicht mehr ausschließlich Prototypen ihrer Produkt herstellen lassen, sondern dass die 3D-Drucktechnik vermehrt in den Maschinen – und Vorrichtugnsbau eindringt.“ Hier gelten allerdings etwas andere Regeln. „Bei den Prototypenteilen gilt es stets, die Originalanwendung, die doch in einem anderen Kunststoff Verwendung findet, bestmöglich zu simulieren“, so Hämmerle. „Wenn jedoch beispielsweise Laser Sinterteile aus glasverstärktem Nylon (PA) als Spannvorrichtung für eine Montageanwendung heran genommen werden, dann sind die PA-Sinterteile exakt jene, die auch gewünscht werden und so konstruiert sind. Als Materialdefinition gilt dann PA-GB lasergesintert.“ Diese Fälle nehmen laut Hämmerle stetig zu.

Das Faxgerät erlebt eine Renaissance.

Dass der 3D-Druck schon heute ganze Geschäftsmodelle verändert, weiß auch Johannes Homa, Geschäftsführer von Lithoz. Aufbauend auf der langjährigen Forschungsarbeit an der TU Wien entwickelte Lithoz das patentierte Lithography based Ceramic Manufacturing (LCM)-Verfahren, welches die werkzeuglose Herstellung von Bauteilen aus Hochleistungskeramik auf höchstem Niveau ermöglicht. Schon heute ist es möglich Objekte aus unterschiedlichsten Materialien Metall, Keramik, Plastik, Lebensmittel und sogar menschliches und tierisches Gewebe mittels eines 3D-Druckverfahrens herzustellen. „Auch das 3D-Fax ist heute keine Zukunftsmusik mehr“, so Homa. Hierbei werden die Daten an das Faxgerät übermittelt und an Ort und Stelle ausgedruckt. “Konkret bedeutet das etwa in Norwegen wird ein Objekt designt und kurz darauf in Italien ausgedruckt – ohne Zeitverlust –einfach und bequem“, so Homa.

Die Versuchung der Billiglieferanten.

Schon lange steht der 3D-Druck unter Beschuss der Produktpiraterie Tür und Tor zu öffnen. Davor warnen auch die Urgesteine der Branche. „Äußerst kritisch sehe ich die Vielzahl von 3D Datensätzen, die im Internet herunter geladen werden dürfen“, gibt Hämmerle zu Bedenken. Für ihn ist klar, dass sich diese Szene ähnlich der Musikbranche entwickeln wird. „Es wird einen "illegalen" und im Gegensatz dazu einen "legalen" Markt geben“, so Hämmerle. Die meisten Kunden haben mit 1zu1-Prototypen strenge Geheimhaltungsverträge. „Die Daten, die zu uns gelangen, kommen im Normalfall auf dem Weg des E-mails zu uns“, so Hämmerle. „Wir raten dazu, spezielle Verschlüsselungen einzuführen und die Daten nur so zu versenden.“

Immer wieder erlebt der Geschäftsführer allerdings, dass Kunden ihre Partner nach Preiskriterien aussuchen und dann ihre Daten ohne Geheimhaltungsverpflichtungen senden. „Immer wieder bekommen wir Anfragen für dieselben Teile von mehreren Seiten, obwohl wir selber mit dem Endkunden eine Vereinbarung zur Geheimhaltung haben“, so Hämmerle. Er warnt vor Billiglieferanten. „Informieren Sie sich vorab, ob dieser überhaupt die Teile selbst erzeugt oder die Daten an eine Vielzahl anderer Unternehmen weitersendet um mit den 3D Druck Teilen Handel zu betreiben.“

Für Thoma steht eines außer Frage: „Ich bin aber davon überzeugt, dass Unternehmen vor allem an ihrer Innovationskraft arbeiten müssen.“ Nur durch stetes innovieren besteht für den Lithoz-Geschäftsführer die Chance, der Produktpiraterie einen Schritt voraus zu bleiben.

Lesen Sie einen Gastkommentar von Steve Rommel, Fraunhofer-Institut IPA.

Mit der Angst vor rechtlichen Fragen könnte man das Thema 3D-Druck von Beginn an abwürgen, doch malen wir den Teufel nicht an die Wand: Der Sinn generativer Fertigung ist es ja unter anderem, ein Produkt on-demand und on-location und damit auch auf den Kunden zuzuschneiden. Der 3D-Drucker fertigt in der Regel ein personalisiertes einmaliges Produkt und bietet durchaus das Potential den Consumer zum Prosumer, also zum produzierenden Konsumenten, zu machen.

In Bezug auf die Produkthaftung stellt sich die Frage, inwieweit der „Drucker“, hier der Produzent haftet, wenn er etwas in den Verkehr bringt, unabhängig ob er selbst oder andere das Produkt entworfen haben. Wer haftet also im Haftungsfall bzw. wer gibt die Gewährleistung? Ist der Produzent in der Pflicht oder ist es der Ersteller der Daten?

Hier bewegen wir uns zurzeit in einem absoluten Graubereich, es gibt bisher kein gültiges Urteil in der Rechtsprechung dazu. Wir am Fraunhofer IPA haben bereits vor zwei Jahren angefangen, uns damit zu beschäftigen. Ende des Jahres ist der Abschluss einer Dissertation zum Thema der rechtlichen Situation beim 3D-Druck in Zusammenarbeit mit der juristischen Fakultät der Universität Augsburg geplant.

Neue Geschäftsmodelle sind die Lösung: Stellt ein Produktentwickler seine Volumendaten ins Netz, so kann er Lizenzgebühren einnehmen. Software-technisch kann man die Daten so schützen, dass sie beispielsweise nur ein paarmal ausgedruckt werden können. Ähnlich wie bei Software-Lizenzen verdient der Urheber daran. Also, mutig voran. Das Thema Rechtslage beim 3D-Druck sollte aktiv angepackt werden, um eine Lösung zu finden. Konstrukteure und Druckerhersteller, Designer und Produzenten, müssen sich der Frage stellen: Was kommt auf uns zu und wie gehen wir damit um.