Preisverleihung Fabrik2011 : Triumph für Trumpf

Die Vergabe des vom Fraunhofer-Institut Österreich, dem INDUSTRIEMAGAZIN und dem FACTORY ausgeschriebenen Preises für die beste Produktion des Landes konnte nicht spannender ablaufen. Bis zuletzt kämpften die Finalisten, darunter Trumpf, Opel Wien, austriamicrosystems und die APF Produktionsdienstleistungs GmbH, um den Sieg in den Kategorien Konzerne (über 5.000 MitarbeiterInnen) und Unternehmen (weniger als 5.000 Beschäftigte). In der Kategorie Konzerne wurde der Titel Trumpf Maschinen Austria, vor Opel Wien, aus Pasching zuerkannt. Bei den Unternehmen siegte die austriamicrosystems AG aus dem steirischen Unterpremstätten vor der APF Produktionsdienstleistung Stiwa Group aus Gampern.
Ein weiter Weg.
Einen Sieg bei einem derartigen Wettbewerb einzufahren, dazu bedarf es konzentrierter Arbeit. Nach Stufe 1, einem Online-Bewertungsbogen, wurden die in die zweite Runde aufgestiegenen Kandidaten in ganztägigen Werksbesuchen, einem Bewertungsmodell nach Lean Management und nicht zuletzt aufgrund einer Bewertung des Publikums beim Industriekongress in Linz und einer Fachjury gekürt.
Bei Alfred Hutterer, Geschäftsführer von Trumpf Maschinen Austria und seinen Managern war die Freude über den Kategoriensieg und den Gesamtsieg beim Wettbewerb groß.
„Die Produktionsleistung war top. Wir wurden innerhalb unserer Gruppe mit Abstand am besten bewertet“, erzählt Hutterer. Ein Zustand, der sich mittlerweile fast als Normalität gefällt. Denn wo es nur geht suchen die Paschinger den Vergleich. „Wir benchmarken viel. Dieser Wettbewerb war eine weitere Chance, herauszufinden, wo wir wirklich stehen“, sagt Hutterer, der mit Armin Rau das Paschinger Führungsduo stellt. Rau, technischer Chef der Oberösterreicher, sieht es genauso. „Wir wollten wissen, wie gut wir wirklich sind“, sagt er. Die Antwort darauf fiel erfreulich aus. „Seit Jahrzehnten verfolgt der Betrieb eine unheimlich konsistente Strategie“, befand Jurymitglied Knut Consemüller. Es gebe „enorme Kontinuität im Management“, so Consemüller weiter. „Die Standortstrategie des Unternehmens ist top“, ergänzte Jurymitglied Erich Becker.
Gespannt auf das Konzernecho.
Für Alfred Hutterer, ein im besten Sinn „alter Profi“ im schwierigen Maschinenbaugeschäft, hat der Preis aber noch eine weitere Dimension. „Auch wir hatten 2009 mit den Auswirkungen des Finanzkrise zu kämpfen und mussten einen deutlichen Umsatzrückgang in Kauf nehmen“, erzählt Hutterer im Gespräch mit FACTORY. „Wir haben die Zeit genützt, um unsere Prozesse noch genauer zu hinterfragen.“
Gespannt ist man bei Trumpf auch auf das Konzernecho. Das schwäbische Mutterhaus lebt seit Jahrzehnten die sprichwörtlichen Tugenden, die da heißen „Sparsamkeit, Fleiß und Geschick“. In Pasching wird diesem Vorbild nicht nur nachgeeifert. In vielen Belangen sind die Oberösterreicher mittlerweile ein Vorbild im Konzern.
Schon 1999 preschte der Betrieb mit einer Fließlinie zur Montage von Biegemaschinen vor. Auch heute haben die Paschinger mit ihren drei Fließlinien für hydraulische und elektrische Abkantpressen sowie Robotik im Maschinenbau noch Exotenstatus. Zwölf verschiedene Typen des Hydrauliksegments – über tausend Maschinen pro Jahr – fertigen die Oberösterreicher auf einer Linie. So effizient, dass „wir in der Krise bei halbem Umsatz immer noch Gewinne schrieben“, sagt Betriebsleiter Thomas Saiko. Zuletzt holte der Betrieb sogar die Fertigung von Einsteigermaschinen nach Pasching. Früher wurden sie in Taiwan produziert – „weniger effizient als jetzt“, lacht Saiko.
(K)ein Geheimnis.
Das Erfolgsgeheimnis der Oberösterreicher ist ihr Produktionssystem (Synchro), an dem die Wettbewerbsjury nur Gutes fand. Mit „just in time“-Produktion werden „Aufträge durch die Fertigung gezogen“, erklärt Technikchef Armin Rau. Dabei ist die Sequenzierung ein wesentlicher Punkt. Das Montageband läuft im Kundentakt. Dies stellt sicher, dass Teile keine Sekunde zu früh oder zu spät beim jeweiligen Monteur ankommen. Dafür sorgen auch fünf Kommissionierer im Haus. Selbst in der Werkzeugproduktion kommen die Paschinger ohne Zwischenpuffer aus. Für den Käufer der Maschine optimal: „In 17 Tagen bauen wir dem Kunden jede Maschine, die er haben will“, so Rau.
Die schnellste Biegemaschine, die schnellste Biegezelle – Innovation habe man sich schon vor vielen Jahren „ins Stammbuch geschrieben“, sagt Alfred Hutterer. Dafür gab es schon mehrmals Preise und Auszeichnungen.
Vor zwei Jahren belegte der Betrieb mit der schnellsten Biegemaschine den dritten Platz beim Oberösterreichischen Innovationspreis. In der Krise gelauncht, „bauen wir davon heute 300 Stück pro Jahr“, so Hutterer.
Auf Lorbeeren auszuruhen gilt bei Trumpf nicht. „Der Zustand der Fertigung sei stets der denkbar schlechteste“, motiviert Alfred Hutterer sein Team zu laufend neuen Großtaten. Und auch hinsichtlich Aus- und Weiterbildung hat sich das Unternehmen vorbildlich positioniert. In Maschinenlerninseln und in Planspielen wird Weiterbildung auf hohem Niveau betrieben. Außerdem gibt es Kurzschulungen oder Dreitageworkshops, in denen „wir alle Register ziehen“, sagte Technikchef Armin Rau. Die Jury sah es genauso – und kürte die Oberösterreicher damit zum Gesamtsieger.
Sonderpreis „Energieeffizienz“.
Die steirischen Sieger in der Kategorie Unternehmen, austriamicrosystems AG, hatten bei der Preisverleihung im Raiffeisencenter in Linz noch einen zweiten Grund zum Jubeln. Sie gewannen den Sonderpreis „Energieeffizienz“.
Industriemagazin Kongress.
Am Tag der Preisverleihung zur Fabrik2011 ging in der Linzer Lederfabrik auch der Industriemagazin Kongress über die Bühne. Eine Expertenrund diskutierte unter anderem, ob es zu einer Deindustrialisierung Europas kommen werde. Einhelliger Tenor: Davon können keine Rede sein. „Wir haben nicht die Fehler gemacht, die andere Länder begangen haben. Wir haben durch gezielte Industriepolitik den Standort attraktiv gehalten“, meinte etwa Andreas Ludwig, Vorstandssprecher der Umdasch AG.
Besonders wichtig sei aber, dass Europa gegenüber Mitbewerbern wie China noch immer einen enormen Bildungsvorsprung habe. „Es ist unmöglich, einen ausgebildeten Ingenieur aus China und einen Ingenieur aus Europa auf dieselbe Stufe zu setzen. Europäer handeln viel eigenständiger, innovativer“, zeigte sich Andreas Gerstenmayr, Vorstandsvorsitzender des Leitplattenhersteller AT&S überzeugt. „Diese Flexibilität ist ein Vorteil, den wir nutzen werden müssen.“
Erich Becker
Erich Becker hatte in seiner Karriere mehrere Vorstands- und zahlreiche Aufsichtsratsfunktionen in Industriebetrieben inne. Er stand ebenso an der Spitze der ÖIAG wie in seiner letzten Vorstandsfunktion bei der VA Technologie AG.
Knut Consemüller
Knut Consemüller war neben anderen Funktionen in der Stahlindustrie bis 2007 Vorstandsmitglied der Böhler Uddeholm AG. Als Vorsitzender des Rates für Forschung- und Technologieentwicklung der Österreichischen Bundesregierung prägte er die F&E-Politik entscheidend mit.
Claus J. Raidl
Claus J. Raidl ist einer der profiliertesten Manager der Österreichischen Industrie und gestaltete die Privatisierung der Verstaatlichten Industrie in Österreich entscheidend mit. Er ist heute Präsident des Generalrates der Österreichischen Nationalbank.
Wilfried Sihn
Wilfried Sihn ist Vorstand des Instituts für Managementwissenschaften an der Technischen Universität Wien und in der Geschäftsführung von Fraunhofer Austria verantwortlich für den Geschäftsbereich Produktions- und Logistikmanagement.
Die Vorfinalisten waren
Kategorie "Konzerne": Nemak Linz GmbH, Linz Opel Wien GmbH, Wien SKF Österreich AG, Steyr T&S Austria Technologie & Systemtechnik AG, Leoben Trumpf Maschinen Austria Ges.mbH & Co.KG, Pasching Zumtobel Lighting GmbH, Dornbirn