Acatech : Technikradar 2019: Wie Europa seine digitalen Chancen bewertet

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Ein Hoffnungs-Nord-Süd-Gefälle. Geht es um die Digitalisierung sind die Skandinavier am optimistischen, Südeuropa bleibt pessimistisch und Deutschland und Österreich liegen irgendwo dazwischen. Dass Europa vor Herausforderungen steht, das hat die Europawahl gezeigt. Neben den politischen Aufgaben stehen für Europa auch technische Herausforderungen an, die es zu gestalten und zu lösen gilt. Die Umsetzung von Technologien hängt aber ab von der Akzeptanz der Technologien, der Digitalisierung oder der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Bevölkerung. Aber auch hier zeigt sich Europa sehr bunt oder besser: heterogen. Von Technikeuphorie bis Technikskepsis reicht die Bandbreite, das zeigt das aktuelle TechnikRadar 2019, das acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften) und die Körber-Stiftung. Auch interessant: Das Ergebnis des Technikradar 2018. Fatalismus, Furcht vor Kontrollverlust und wenig Vertrauen in die Problemlösungskraft von Technik hieß es damals im Bericht von Acatech. Man diagnostizierte eine tiefsitzende Skepsis gegenüber Technik und ihren Potentialen.

Europa bewertet seine digitalen Chancen unterschiedlich

„In Europa gibt es erhebliche Unterschiede bei der Wahrnehmung und Bewertung des digitalen Wandels“, erklärt Cordula Kropp, wissenschaftliche Projektleiterin und Soziologin vom Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung der Universität Stuttgart. „Digitalisierung wird insbesondere dann kritisch erlebt, wenn sie als ein Prozess wahrgenommen wird, dem man sich ausgeliefert fühlt. Menschen, die sich in der Digitalisierung als vergleichsweise kompetent erleben und auf die institutionelle Regulierung vertrauen, sind auch optimistischer bei der Bewertung von Gestaltbarkeit und Chancen.“

Deutschland und Österreich setzen ihren Fokus ausschließlich auf die Wirtschaft

Wenig überraschend: Skandinavien hat wieder die Nase vorne. Nicht nur in den Rankings zu Innovationen oder zum Glücksindex, jetzt auch im TechnikRadar 2019. Die nordischen Länder - stellvertretend untersucht Schweden und Dänemark – sind optimistisch. Sie erwarten positive Effekte der Digitalisierung für Gesellschaft, Lebensqualität und Wirtschaft. Deutsche und Österreicher setzen hier den Fokus ausschließlich auf die Wirtschaft. Mit Blick auf die gesellschaftlichen Auswirkungen sind die Deutschen sogar noch skeptischer als die Bevölkerung in Österreich.

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Offensichtlich hängen die positive Wahrnehmung der eigenen digitalen Kompetenz und die Zukunftserwartung zusammen. Generell sind ältere Menschen skeptischer, was die Kropp als Lebenslaufeffekt beschreibt. Wer aus dem Berufsleben ausscheide und nicht mehr gefordert sei, sich mit digitalen Technologien auseinandersetzen, der werde skeptischer. Nur eben nicht in Skandinavien. Warum? Dafür hat Cordula Kropp eine praktische Erklärung. „In Skandinavien ist es üblich, dass Steuererklärungen online ausgefüllt und abgewickelt werden. Bei Problemen hilf ein Online-Helpdesk.“ In Deutschland herrscht noch das Papier vor. Ein kleines Beispiel

Ältere Schweden kompetent im Umgang mit neuen Technologien

In Schweden, wo die Menschen ihre digitalen Kompetenzen hoch einschätzen, haben die über 65-Jährigen ähnlich positive Erwartungen an digitale Technologien wie die Digital Natives unter 35. In Ländern wie Deutschland, die sich nicht als digital fortgeschritten wahrnehmen und in denen sich die Befragten für durchschnittlich kompetent im Umgang mit digitalen Anwendungen halten, sind die Unterschiede größer: Die Generation 65+ hat hier erheblich niedrigere Erwartungen an die neuen Technologien als die Jugend.

Insgesamt wird Digitalisierung in Europa ambivalent gesehen. Die Betonung von Risiken oder Chancen zeigt ein Nord-Süd-Gefälle. Das zeigt sich vor allem am Beispiel des Vertrauens in die digitale Verarbeitung von Gesundheitsdaten. Während sich in Finnland 82 Prozent der Menschen wünschen, auf die eigenen Gesundheitsdaten online zugreifen zu können, wollen das in Deutschland nur 38 Prozent. Beeinflusst wird die persönliche Einschätzung von Alters- und Bildungseffekten. Deshalb sehen die Forscher die zentrale Aufgabe darin, die sogenannte „digital literacy“, die digitale Kompetenz der Bevölkerungen zu stärken. Denn je kompetenter, desto positiver.