Sichere EMV-Schirmkonzepte : Montagefreundlichkeit steht im Fokus

Kabelverschraubungen von PFITSCH
© Pflitsch

Durch den steigenden Einsatz z.B. von drahtlosen Kommunikationseinrichtungen, Elektromotoren und Frequenzumrichtern kommt es in der Industrie immer häufiger zu Anlagenstillständen und Fertigungsproblemen aufgrund von elektromagnetischen Störungen. Produktionsausfälle und Ausschuss haben nicht selten fatale Folgen wie Lieferengpässe, Imageverlust und wachsende Kosten sowie einen hohen Aufwand, die „Lücke im System“ – sprich die Fehlerquelle zu finden.

Schaltschränke und Gehäuse lassen sich konstruktiv mit entsprechenden Maßnahmen schirmen. Doch da, wo Kabel durch die Gehäusewand geführt werden, entsteht eine Lücke in der Schirmung, durch die elektromagnetische Wellen einfach „durchschlüpfen“. Um diese Lücke sicher zu schließen, werden geschirmte Kabel mit EMV-Kabelverschraubungen sicher kontaktiert und so in das Gesamt-EMV-Konzept eingebunden. So dringen Störstrahlungen nicht aus dem Gehäuse heraus oder in das Gehäuse hinein.

Montagefreundlichkeit und Montagesicherheit der EMV-Komponenten haben für den Anwender einen hohen Stellenwert. Mit ersterem lassen sich Zeit und Kosten sparen. Der zweite Aspekt sorgt für eine hohe Betriebssicherheit der Gesamtmontage. Daneben sind die erreichbaren Dämpfungswerte für den Anwender aber gleichermaßen wichtig.

Höhere Dämpfung und einfache Montage realisiert

Die möglichen Schirmdämpfungswerte einer EMV-Kabelinstallation hängen stark von der Sorgfalt bei der Montage ab. Wer beispielsweise beim Abisolieren des Kabels oder beim Aufweiten des Schirmgeflechts dessen Struktur verändert, kann Schirmlücken produzieren, die im Betrieb elektromagnetische Störstrahlung durchschlüpfen lassen.

Kabelführungsspezialist Pflitsch hat dies bereits vor Jahren erkannt und geht in seinen Baureihen UNI Dicht und blueglobe einen einzigartigen Weg, um eine hohe Prozesssicherheit und sichere Dämpfungseigenschaften zu realisieren: Das innovative Prinzip nutzt geschlossene Federringe in den Kabelverschraubungen und kontaktiert darüber das Schirmgeflecht des Kabels rundum statt nur punktuell. Das führt zu deutlich höheren Schirmdämpfungswerten.

Gleichzeitig gelingt so die Montage einfach und sicher. Denn der Anwender muss lediglich den Kabelmantel an der Kontaktstelle entfernen, wo später das Schirmgeflecht kontaktiert werden soll. Bereits beim Einschieben des Kabels in die Kabelverschraubung ergibt sich aufgrund der Federkraft eine zuverlässige Kontaktierung selbst bei unrunden Kabeln. Außerdem erlaubt das Pflitsch-Prinzip, dass der Kabelschirm in den Schaltschrank hineingeführt werden kann und erst unmittelbar an der Anschlussstelle abgelängt werden muss. So wird das Maximum an Schirmdämpfung erreicht und unnötige Verkopplungen von Nutz- mit Störsignalen vermieden.

Iris-Ring- und Triangel-Federn für die sichere 360°-Kontaktierung

Bei der Kabelverschraubung UNI IRIS übernimmt ein Federring die 360°-Kontaktierung des freigelegten Kabelschirmes. Beim Anziehen der Druckschraube wird er rundum sicher an das Schirmgeflecht angedrückt und sorgt für einen guten elektrischen Übergang. In der Baureihe blueglobe setzt Pflitsch eine Triangelfeder ein. Dieses patentierte Kontaktelement bietet eine prozesssichere und schnelle Montage mit überdurchschnittlich hohen Dämpfungswerten. Ist das Schirmgeflecht freigelegt, lässt sich das Kabel einfach durch die blueglobe TRI schieben. Die Triangelfeder legt sich sofort sicher um das Schirmgeflecht und gewährleistet so ohne das Anziehen der Druckschraube bereits einen EMV-Schutz. Pflitsch trennt mit diesem System die Schirmung mechanisch von der Abdichtung, weil auf die Kontaktstelle beim Anziehen der Druckschraube keine großen Kräfte wirken und das Schirmgeflecht in Takt bleibt. Durch die Bauform der TRI-Feder ist ein Verhaken im Geflecht bei der Montage bzw. Demontage ausgeschlossen. Mit ihrer Geometrie sorgt sie für eine großflächige, niederohmige und langlebige 360°-Kontaktierung – sogar bei unrunden wie außermittig liegenden Leitungen.

In industriellen Datentechnik-Anwendungen bietet diese EMV-Kabelverschraubung mit über 80 dB bei 100 MHz und mit 65 dB bei 1.000 MHz höchste Signalsicherheit. Zudem hat das akkreditierte Prüflabor GHMT die „TRI“ nach Cat. 7A geprüft und zertifiziert. Auch für Anwendungen, in denen Hygiene oder Design gefordert sind, gibt es Lösungen wie die blueglobe TRI CLEAN Plus in Edelstahl, designed nach dem anspruchsvollen EHEDG-Standard.

Höhere Stromtragfähigkeit als das geschirmte Kabel

Neben der HF-Dämpfung ist die Stromtragfähigkeit also die Fähigkeit eines Bauteils einen bestimmten Dauerstrom zu führen – ein wichtiges Kriterium bei einer EMV-Kabelverschraubung. Bei Fehlfunktionen, falscher Montage oder Blitzeinschlag können über den Kabelschirm und die Kabelverschraubung hohe Ströme fließen. Auch der Spannungsabfall an den Übergangswiderständen einer Kabelverschraubung erzeugt aufgrund des durchfließenden Stroms auf dem Kabelschirm eine gewisse Verlustleistung.

Da es für diesen Fall keine Prüfnorm gibt, hat Pflitsch im hauseigenen Testlabor einen praxisnahen Prüfaufbau realisiert, bei dem ein ansteigender Strom bis max. 100 A auf den Kabelschirm gegeben und die Temperaturentwicklung in der Kabelverschraubung bis +60°C ermittelt wird. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: In der Regel erreicht die blueglobe TRI eine höhere Stromtragfähigkeit als das geschirmte Kabel, bietet also in jedem Fall die nötige Sicherheit. In der Praxis sollte dies in der jeweiligen Installation aber verifiziert werden.

Kombination für Kundenspezifische EMV-Lösungen

Bekannt als Problemlöser rund um die sichere Kabeleinführung bedient Pflitsch auch den EMV-Markt mit besonderen kundenspezifischen Lösungen, beispielsweise um Montageraum zu sparen. Denn bei kompakten Systemgehäusen ist der Platz für Kabeleinführungen begrenzt. Muss ein Anwender dann verschiedene EMV-Kabel in das Gehäuse einführen, kann es aufgrund fehlender Montagefläche zu Engpässen kommen. Um das Problem zu lösen, kombiniert Pflitsch Funktionen aus den beiden Kabelverschraubungsbaureihen UNI Dicht und blueglobe.

Aus dem UNI Dicht-Programm stammt das Mehrfach-Konzept, mit dem sich mehrere Kabel – auch mit unterschiedlichen Durchmessern – zuverlässig durch eine Kabelverschraubung führen lassen. Hinter dem Dichteinsatz sitzt eine passgenaue Metall-Scheibe, die exakt für die verwendeten Kabeldurchmesser des Kunden angefertigt wird. In dieser Scheibe wird der Schirm jedes Kabels über je einer TRI-Feder sicher kontaktiert. Über einen umlaufenden IRIS-Federring gelingt die zuverlässige Kontaktierung der eingesetzten Scheibe in der Kabelverschraubung. Da Pflitsch die UNI Dicht bis zur Größe M120 fertigt, ist die Integration mehrerer EMV-Kabel im Durchmesser von 5 mm bis 20 mm (inklusive Schirmgeflecht) möglich.

Mehrfachschirme sicher kontaktieren

In der modernen Elektronik erfüllt der Kabelschirm häufig mehrere Aufgaben: Zum einen bestimmt er maßgeblich die Kabelimpedanz, zum anderen soll er ein Aus- und/oder Einkoppeln von Signalen verhindern. Unangenehmerweise kann über das Schirmgeflecht noch ein ungewollter Potentialausgleich stattfinden. Daher gibt es spezielle Kabel mit Mehrfachschirmen. Eine Herausforderung ist es nun, diese geschirmten Kabel EMV-gerecht im Gehäuse mit der Elektronik zu kontaktieren. Möglich ist dies mit der verlängerten blueglobe TRI und ihren zwei hintereinanderliegenden Triangelfedern.

Über die erste Feder wird der äußere Schirm des Kabels direkt außen am Gehäuse kontaktiert, während die zweite Feder den inneren Schirm mit dem Gehäuse niederimpedant verbindet. Der mögliche dritte Schirm lässt sich dann bis zum Massesternpunkt im Schaltschrank weiterführen und dort auflegen. Diese Lösung erreicht eine Schirmwirkung von besser -80 dB bei Frequenzen bis über 1 GHz. Des Weiteren verdoppelt sich die Stromtragfähigkeit, wichtig z. B. bei Frequenzumrichtern und im Bereich der Elektromobilität: Hier sind hochfrequente Schirmströme von mehr als 25 A nichts Außergewöhnliches.