Instandhaltung : Kosten fallen oder Kostenfalle?

Andreas Dankl
© dankl + partner

Durch die Bereitstellung von Anlagenverfügbarkeit und die Sicherstellung der Anlagensubstanz über viele Jahre durch Wartung und Verbesserung, trägt die Instandhaltung einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung in produzierenden Unternehmen bei. FACTORY sprach mit Andreas Dankl über Irrwege beim Kostensparen in der Krise sowie Gefahren und Chancen.

FACTORY: Herr Dankl, wirken vermehrt COVID-19-bedingte Kosteneinsparungen auf die Instandhaltung in Unternehmen

Andreas Dankl: Wir bewegen uns nicht erst seit COVID-19 in einem wirtschaftlich angespannten Umfeld. Die aktuelle Situation führt in manchen Bereichen jedoch zu massiven Umsatzeinbrüchen, das verschärft den (Kosten-)Druck auf Technik-Organisationen. Gerade in der Technik sind reine Kostensenkungsmaßnahmen heikel. Die Einsparung relativ geringer Beträge z.B. durch die Vergrößerung von Wartungsintervallen führt oft dazu, dass zu einem späteren Zeitpunkt größere Reparaturen fällig werden. Vermeintliche Einsparungspotential verursachen im Endeffekt mehr Kosten. Folgekosten eines ungeplanten Stillstandes sind dabei noch völlig außer Acht gelassen.

FACTORY: Welche Konsequenzen sehen Sie in weiterer Folge?

Dankl: Das konzeptlose Streichen von Fremdkosten zerstört eingespielte Partnerschaften, die Kündigung von Mitarbeitern führt unter Umständen zum unkontrollierten Abgang von Erfahrungswissen. In der aktuellen Situation ist agiles Instandhaltungs-Management gefragt. Agile Organisationen sind wendig, reaktiv und gehen proaktiv voran. Agile Instandhaltungs-Organisationen schaffen sich durch ihre proaktive Anpassungsfähigkeit einen erhöhten Handlungsspielraum für zukünftige Anforderungen durch den Einsatz geeigneter Strategien, Strukturen, Prozesse, Methoden, Techniken und Tools.

FACTORY: Was sind die Voraussetzungen für ein agiles Instandhaltungs-Management?

Dankl: Instandhaltungsmaßnahmen und selbstverständlich auch die entsprechenden Strategien müssen entsprechend der betrieblichen Notwendigkeit zusammengesetzt sein. Eigen- und Fremdleistung sollten gleichmäßig verteilt werden. Zudem spielt die Transparenz von Instandhaltungs-Leistungen und -Kosten bei den Anlagen eine wichtige Rolle. Und zu guter Letzt, ist das Wissen über die eigenen Stärken und Schwächen und damit die Beeinflussbarkeit der Instandhaltungs-Bausteine wichtig für eine agile Instandhaltung.

FACTORY: Was raten Sie Instandhaltern?

Dankl: Was häufig vergessen wird: die eigenen Leistungen müssen auch entsprechend kommuniziert und verkauft werden. Transparenz, Nachvollziehbarkeit von Leistungen, kurze Wege und eine offene Kommunikation von Erfolgen ermöglicht eine bessere Ausgangssituation bei etwaigen Budget- und Kostendiskussionen.

FACTORY: Wenn man um Einsparungsmaßnahmen nicht umhinkommt, wie spart man dann in der Instandhaltung richtig

Dankl: Es sind intelligente Anpassungen „gefragt“, um die Instandhaltung nachhaltig an Krisensituationen anzupassen und gleichzeitig bestehende Stärken aufrecht zu erhalten, die beim nächsten Konjunkturanstieg erforderlich sind. Nicht reines Sparen, sondern das Steigern der Flexibilität und Agilität der Instandhaltung ist jetzt das Mittel der Wahl. In herausfordernden Zeiten mit zunehmendem Kostendruck gilt ‘Agieren statt Reagieren’. Was jetzt zählt sind wirksamen und rasch umsetzbare Ansätze zur Steigerung der Flexibilität und Wirtschaftlichkeit der Instandhaltung. Durch strukturiertes Vorgehen kann die wirtschaftliche Gesamtsituation des Unternehmens positiv beeinflusst werden. Der richtige Ansatz macht den Unterschied.

Meine Empfehlung lautet deshalb: Erarbeiten Sie im ersten Schritt eine aktuelle Standortbestimmung für Produktion und Instandhaltung. Sie schafft die nötige Transparenz der neuen Realitäten im wirtschaftlichen Umfeld. Auf dieser Basis sollten, wenn noch nicht geschehen, die alten Ziele der Produktion und nachgelagert die Ziele der Instandhaltung, an die neue Wirklichkeit angepasst werden.

FACTORY: Wie wirkt sich der Anspruch an mehr Flexibilität und Agilität auf die Organisation aus?

Dankl: Nicht nur die Anzahl der eigenen und fremden Mitarbeiter muss überdacht werden, vielmehr sind oft strukturelle Anpassungen der Aufbauorganisation, wie Zusammenlegungen und Auslagerungen notwendig. Aber auch neue oder angepasste Rollen und Verantwortlichkeiten in den Instandhaltungsdisziplinen können helfen, neue Ziele besser zu erfüllen. Die Flexibilisierung der Instandhaltungs-Einsätze über die Steuerung der Priorisierung der Meldungen kann hilfreich sein, um unnötigen Druck bei den ausführenden Disziplinen herauszunehmen.

FACTORY: Abschließend, haben Sie Tipps für die Argumentation mit dem Chef damit in der Instandhaltung nicht an der falschen Stelle mit dem Sparen begonnen wird?

Dankl: Stellen Sie die Leistungsfähigkeit Ihre Instandhaltung klar dar. Nicht nur in Krisenzeiten. Kommunizieren Sie Erfolge. Stützen Sie sich auf transparente Kennzahlen. Stellen Sie Ihre Leistungen bzw. die ihrer Instandhaltung nicht unter den Scheffel. Bedienen Sie sich aktueller Digitalisierungs-Anwendungen an jenen Stellen, wo dies wirtschaftlich sinnvoll ist.

Danke für das Gespräch!

Hinweis:

Die diesjährige Instandhaltungskonferenz fand zum ersten Mal virtuell statt und kann noch bis Mitte Dezember 2020 besucht werden. Einfach hier registrieren. Es erwartet Sie ein großartiges Vortragsprogramm und interessante Aussteller!

Dos und Don‘ts bei Kennzahlen

Keine Frage, Kennzahlen sind ein hervorragendes und vielfältig nutzbares Tool. Damit sie ihr volles Potential entfalten, sollten aber einige Punkte berücksichtigt werden.

ZUSAMMENHÄNGE BEACHTEN: Gerade weil Kennzahlen die Wirklichkeit verdichten und damit die Komplexität enorm reduzieren, sind sie äußerst hilfreich. Sich zu sehr auf sie zu verlassen, ist aus dem gleichen Grund aber auch riskant: Nicht alle Zusammenhänge in der Wirklichkeit finden sich in Kennzahlen wieder. Wer sich ausschließlich auf seine Werte verlässt, verliert das aus dem Blick.

EFFEKTIVITÄT: Viel hilft viel – das stimmt fast nie. Auch nicht bei Kennzahlen. Werden zu viele Kennzahlen berücksichtigt, steigert das in der Regel nicht die Erkenntnis, sondern sorgt eher dafür, dass erst der Überblick und dann die Lust verloren geht. Besser ist es, sich auf die fünf wirklich erfolgskritischen Kennzahlen zu konzentrieren. Denn: Weniger ist mehr!

ROLLENSPEZIFISCHE AUFBEREITUNG: Damit die beteiligten Personen wirklich mit den Kennzahlen arbeiten, sollten diese rollenspezifisch und gut konsumierbar aufbereitet sein und sich leicht erfassen lassen. Unterschiedliche Rollen benötigen dabei unterschiedliche Visualisierungen.

HOHE DATENQUALITÄT: Damit Kennzahlen Aussagekraft besitzen, muss die Qualität der erfassten Daten hoch sein. Um das sicherzustellen, ist eine IT-Unterstützung unverzichtbar.

EFFIZIENZ: Um die richtigen Kennzahlen regelmässig zu bilden und zu visualisieren, muss der Aufwand dafür überschaubar sein. Ein manuelles Verfahren kommt damit im Grunde nicht infrage. Insofern ist auch dafür eine IT-Unterstützung obligatorisch.

Quelle: Kennzahlen in der Instandhaltung mit SAP. Whitepaper von Orianda Solutions und dankl+partner consulting

Zur Person:

Andreas Dankl ist Geschäftsführender Gesellschafter bei dankl+partner Consulting und engagiert sich seit mehr als 20 Jahren für das Thema Instandhaltung mit Fokus auf Instandhaltungsmanagement und Asset Management. Er ist Gründungsmitglied und Geschäftsführer des Forschungs-Hotspots zum Thema Instandhaltung 4.0, dem MCC Maintenance Competence Centers. Er ist Mitinitiator und Trainer unter anderem im Masterlehrgang Management und IT/Schwerpunkt Industrial Maintenance Management (IMM) an der Donau Universität Krems und im RWTH-Zertifikatskurs Chief Maintenance Manager (Aachen).