Joint Venture : Hannover Messe: Voith wird zum Roboterbauer

Robotik Cobot
© Bild: Franka Emika

Es könnte fast als eine Kampfansage verstanden werden. Als die chinesische Übernahme des Roboterherstellers Kuka bekannt wurde, legte Anlagenbauer Voith alle Robotik-Projekte auf Eis. Jetzt meldet sich der Anlagenbauer zurück. Mit Robotik-Start-up Franka Emika aus München gründen die Schwaben ein Joint Venture. Von Franka Emika hieß es dazu: "Das Unternehmen, Voith Robotics, wird als globaler Systemanbieter für robotergestützte Automatisierung im digitalen Zeitalter agieren."

Voith Robotics wird weltweit Kunden mit Franka Emika's Leichtbaurobotern, Softwarelösungen, Apps sowie Dienstleistungen und Beratung für verschiedene Branchen und Märkte beliefern. Neuer Geschäftsführer des Joint Ventures wird Martin Scherrer, bisher Mitglied der Geschäftsführung von Voith Paper.

Wer ist Franka Emika?

Seit sechs Jahren entwickeln Simon Haddadin und seine Kollegen an dem Cobot und seit 30 Jahren forscht schon das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) an den Robotern der Zukunft. Viele der Mitarbeiter stammen aus dieser Forschungseinrichtung und die Forschung hat sich anscheinend gelohnt, denn Franka begeistert schon einige Industriekunden, sagen die Macher. Die Firma wächst, es wird zu eng in der alten Kaserne aus dem 19. Jahrhundert, die Umzugskartons sind deshalb schon gepackt. Wie die Kunden heißen, darf Simon aber nicht verraten. Schade. Wo der Umzug hingeht schon. Eine Straße weiter, ein ganzes Gebäude für Franka inklusive Showroom, denn die Gäste – vor allem aus der Elektronikindustrie – stehen Schlange.

Der Cobot-Kopf blinkt: rot, blau und grün. Franka kann über ein Webinterface mit dem Laptop gesteuert werden oder eben über das Drücken von Knöpfen auf dem Kopf – fühlt sich an wie der Controller einer Spielkonsole. Rot bedeutet Fehler, Blau bedeutet speichern und bei Grün startet der Cobot. Ich führe den Roboter mit einer Hand an seine Position, drücke auf den blinkenden blauen Knopf, speichern, schiebe gemeinsam mit Franka einen Regler auf dem Mischpult nach oben, drücke wieder den blauen Knopf, speichern, und fahre Franka dann wieder auf ihre Ausgangsposition und drücke den blauen Knopf. Alles klar? Alles gespeichert? Okay. Grüner Knopf! Franka fährt los. Ich berühre den Cobot zufällig – eine Kollision. Er stoppt sofort, bleibt auf der Position. Das System unterscheidet zwischen Kollision und Interaktion. Wieder Start drücken. Franka nähert sich dem Regler, schiebt ihn langsam hoch und fährt dann wieder auf die Ausgangssituation – wie gewünscht. Ich habe einen Roboter programmiert, ihn gestört und wieder gestartet – mit drei Knöpfen.

Wie Franka funktioniert, sehen Sie auch in unserem Video [youtube:https://www.youtube.com/watch?v=HyJbaI7vhp8]

Eine Franka-Community gründen

Jetzt ist Simon Haddadin dran. Er will auf dem Mischpult Knöpfe drücken. Das ist nicht trivial. Alle Knöpfe haben Spiel. Das ist ein regelungstechnisches Problem. Über Drehmomentsensoren in allen Gelenken lernt das Robotersystem mit der Zeit, Tasten richtig zu drücken und damit die Aufgabe besser auszuführen. Die maximale Traglast des Arms liegt bei 3 kg, die Wiederholgenauigkeit bei 0,1 mm. Das System kommt ohne Bildverarbeitung aus – ein feinfühliges System ist Franka, so Haddadin. Der Miterfinder programmiert die Aufgabe für Franka aber am Laptop. Programmieren? Nein, eigentlich zieht er „nur“ Icons hin und her und formt einen Ablaufplan für den Cobot, der von selber immer wieder um Unterrichtung bittet. „Teach me!“

Klar, hinter den Icons verbirgt sich Intelligenz – die eigene Franka-Programmierung mit allerhand Hochsprachen, die aber auch nicht verraten werden – Betriebsgeheimnis und Zukunftsgeschäft. Die Apps heißen „Drücken“ oder „Schieben“ – die Grundaufgaben für Franka. In Zukunft sollen ganze Entwicklerteams neue Apps für den Cobot schreiben und in einem virtuellen Marktplatz an die Endanwender verkaufen. Ein Cobotstore analog zum Appstore von Apple. Die Münchner träumen von einer Franka-Community.