Hannover Messe : Hannover 2014, ein Bauchladen?

Für Österreich eher uninteressant. Wer eine Mutter in Deutschland hat, beobachtet die HMI gemächlich von Zuhause aus. „Das machen alles die Deutschen“, heißt es aus den österreichischen Zentralen. Ein Produkthighlight wird gerne geschickt, aber Meinungen zur Messe gibt es da nicht. Wie auch, wenn keiner auf die Messe fährt. Österreich lehnt sich da lieber zurück und lässt die Nachbarn zum Industriehighlight toben. Die Hannover-Messe ist ein Pflichttermin, den viele mittlerweile gelassen über sich ergehen lassen. Garant für Vertragsabschlüsse sind längst kleinere Fachmessen geworden – und die sprießen wie die Schwammerl aus dem Boden. Die HMI kämpft um ihre Besucher, genauer gesagt um ihre Fachbesucher. Denn wer in der Branche genauer hinhört, weiß dass sich zwar bei 200.000 Menschen einiges an Entscheidern tummelt – diese aber zu erwischen mittlerweile mit einer gehörigen Portion Glück verbunden ist.
Neues Jahr, nächste Schritte.
„Industrie 4.0“, das Marketingschlagwort schlechthin, wurde hier in den Hallen der Hannover Messe geboren. 2014 sollen nun die nächsten Schritte fallen. Das allesüberragende Messemotto: „Integrierte Industrie – die nächsten Schritte“ hat es wieder ganz auf die smarte Fabrik abgesehen. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Industrieunternehmen ressourceneffizient produzieren, schnell auf Marktschwankungen reagieren und gleichzeitig den steigenden Bedarf an individuellen Produkten befriedigen“, so Jochen Köckler, Mitglied des Vorstands der deutschen Messe. Die Antwort darauf sieht er in Produktionsprozessen mit höchster Flexibilität. „Viele Technologien sind in den letzten Jahren dazu entwickelt worden. Jetzt gilt es diese zu synchronisieren, aufeinander abzustimmen und zu vernetzen“, so Köckler. Wer immer noch nichts mit dem Begriff „Industrie 4.0“ anzufangen weiß, für den hat die Messe etwas besonderes ausgeheckt. Heuer gibt es ganze Industrie 4.0-Besuchertouren. An der Hand von Profis gelangt der Fachbesucher zu den Ständen von Weidmüller, Siemens, ABB, Harting, Festo, Bosch Rexroth, PSI und vielen mehr – eben den Big Playern der Szene – und lässt sich dort von dem Hype einfangen. Für die Branchengrößen eine perfekte Gelegenheit zum Show-off, für den Besucher eine gute Möglichkeit. (Alle Touren siehe extra Kasten).
Wir halten der HMI die Stange.
Kontaktpflege und Imagepolitur. Zwei Dinge warum Franz Trieb der Hannover Messe treu bleibt. Der Prokurist von BHDT, einer Koryphäe auf dem Gebiet der Hochdruck-Pumpen, hält dem Messeriesen seit über 20 Jahren die Stange. „Die Hannover Messe ist eine der bestorganisiertesten Messen, die ich kenne“, so Trieb. Dass die HMI aber schon seit Jahren unter dem Beschuss ein Bauchladen zu sein steht, davon will Trieb nichts wissen. Für den Prokurist von BHDT ist klar: „Wer seine weltweiten Kontakte einmal im Jahr pflegen will, kommt um diesen internationalen Treffpunkt nicht herum.“
Die BHDT ist Unteraussteller auf dem Stand der Wirtschaftskammer Österreich. Der organisatorische Aufwand – der vielen Messetand-Verantwortlichen kurz vor Hannover sämtlichen Schlaf raubt, bleibt ihm damit erspart. „Das ist auch ein Grund warum wir ausstellen“, gibt Trieb zu. Warum auch nicht. So sieht es zumindest Christian Török von Schwingungsdämpfer-Spezialist Rudolf Stöffl, selbst Unteraussteller auf dem Stand der WKO. „Wir haben zwar nur eine kleine Fläche - circa 20 Quadratmeter – aber das reicht für unser leistungsfähigstes Produkt vollkommen aus“, so der Verkaufsleiter.
Das ewige Jammern.
Kräftig die Werbetrommel rühren, muss trotzdem jeder Aussteller selber. Franz Trieb verschickt immerhin über 300 Einladungen, auf die dann doch nur 10 Prozent reagieren. Für den Prokurist bei BHDT langts. Andere jammern da mehr. Manche Aussteller fühlen sich vom Veranstalter im Stich gelassen, denn abseits der Hauptwege gebe es nur wenig Besucherfrequenz. „Ein Jammern, das es auf jeder Messe gibt“, heißt es von der Messeleitung. An der Organisation der Megamesse ist nicht zu rütteln und wer seine Kunden treffen will – wird um die persönlichen Einladungen nicht herum kommen. Da kann auch eine Messeleitung, die immerhin über 9.000 Aussteller unter einen Hut bringen muss, wenig tun.
Török fährt für Stöffl nun schon seit über 17 Jahren auf die HMI. Dass die Messe schwächer geworden ist, bemerkt auch er. Aber der HMI deshalb den Rücken zu kehren und dafür andere Fachmessen zu beglücken, kommt für ihn nicht in Frage. „Wer an den deutschen Markt will, muss dahin“, so Török. Immerhin zehn neue Kunden seien immer dabei. „Die Kontaktmöglichkeiten in Hannover sind einfach enorm.“ Elisabeth Biedermann