Industrie 4.0 : Digitalisierte Fertigung: Start der Grazer Forschungs- und Lernfabrik
Am Gelände der TU Graz wurde eine Pilotfabrik für die Industrie 4.0 eingerichtet. Im Zentrum der neuen Forschungs- und Lernfabrik "smartfactory@tugraz" stehen die Agilität und Datensicherheit in der digitalisierten Fertigung. Rund 4 Millionen Euro wurden seitens des Innovations- und Technologieministeriums (BMK), der Wirtschaftskammer, dem Land Steiermark und der Stadt Graz investiert, heißt es vonseiten der TU Graz.
Die Sachgüterproduktion unterliegt einer tiefgreifenden Veränderung: Neue Produkte müssen in immer kürzerer Zeit auf sich schnell ändernde Märkte gebracht werden. Zugleich sollen immer mehr Produkte ganz speziell auf den Kundenwunsch zugeschnitten gefertigt werden. Verstärkte Digitalisierung und Vernetzung der Produktionssysteme ist eine Antwort, um eine noch effizientere und flexiblere Produktion zu ermöglichen. Auf rund 300 Quadratmetern wird das in der "smartfactory" vorgeführt und weiterentwickelt. Heimische Unternehmen können dort digitalisierte Produktionstechnologien erproben, ohne den eigenen Betrieb zu stören.
Heimische Unternehmen am Werk
Federführend verantwortlich ist die TU Graz, die sich gemeinsam mit rund 20 heimischen Betrieben an dem Projekt beteiligt. „Die komplette Infrastruktur wurde praktisch neu entwickelt, nur sehr wenig wurde aus dem Katalog gekauft“, berichtet Rudolf Pichler, Leiter der "smartfactory". Er hat in den vergangenen vier Jahren das Projekt gemeinsam mit dem Vorstand des Instituts für Fertigungstechnik der TU Graz, Franz Haas, verantwortet und vorangetrieben. Gemeinsam mit den TU Graz-Forschenden haben die Firmen bereits erste Vorfelduntersuchungen im smarten Reallabor betrieben: Mit Siemens und incubedIT wurde etwa die dynamische Lokalisierung von Fertigungsstationen erfolgreich gezeigt, mit T-Systems ein Zonenmodell aufgebaut, das gegen unerlaubtes datentechnisches Eindringen schützt, und mit proAlpha soll erstmalig in Österreich die Datenintegration von Kundenwünschen bis an die Fertigungseinheiten durchgeschleust werden.
Die gesamte "Fabrik" ist mit einem campuseigenen 5G-Netz ausgestattet um alle Maschinen und Planungsprozesse digital und in Echtzeit mit großvolumigen Übertragungskapazitäten miteinander zu vernetzen. Ein spezielles Software-Paket sorgt für den sicheren Datentransfer, indem Abweichungen von den sonst üblichen Datenströmen erkannt werden und ein Alarm ausgelöst wird. Neben seiner Aufgabe als Versuchslabor für Industrieunternehmen und KMU und deren industrielle Entwicklungen und innovative Ideen, soll die smartfactory auch für die Aus- und Weiterbildung von Studierenden als auch außeruniversitären Bildungseinrichtungen mit fachspezifischen Schwerpunkten genutzt werden. Zudem ist die Lernfabrik Kooperationspartnerin des FFG-Qualifizierungsnetzes mit Schwerpunkt auf Industrie 4.0-relevante Qualifikationen und Bestandteil des Universitätslehrgangs "Leadership in Digital Transformation", der ab Herbst 2021 an der TU Graz angeboten wird.
Schulklassen kann das Zentrum als Showroom dienen: Die Digitalisierung im Fertigungs- und Montagebereich wird entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Achsgetriebemoduls für Industrieroboter gezeigt. Beispiele von Showcases sind etwa die herstellerunabhängige Programmierung und die damit verbundene Zusammenarbeit "verschiedensprachiger" Industrieroboter sowie die lokale, hochfrequente Datenverarbeitung mittels Edge Computing. Institutsvorstand Haas zeigte sich zuversichtlich, dass die Forschungs- und Lernfabrik Impulsgeber für viele F&E-Vorhaben heimischer Betriebe sein und dem Fachkräftemangel langfristig entgegenwirken wird. (apa/red)