Elektroantrieb : Tiroler entwickelt Roboterplattform für jedes Gelände

Bock
© Mattro

Als „nicht rosig“ prognostiziert Alois Bauer die Zukunft der Automobilindustrie. Lange im Karosseriebau für einen Zulieferbetrieb tätig, war es die Trägheit mit der große Automobilkonzerne agieren, die den gebürtigen Tiroler frustrierten. Grund genug 2006 den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen. Um seine Ideen im Sonderfahrzeugbau in Lösungen zu gießen, gründete er das Unternehmen Mattro in Schwaz. Was dabei entstand, liest sich wie ein Beitrag aus einem Men’s World Magazin: 500 Nm Drehmoment aus dem Stand, bis 20 cm Wassertiefe, 60 Prozent Steigungen und unglaublicher Grip auf jedem Terrain. Mit dem Offroad-Fahrzeug „Ziesel“ geht’s mit 35 km/h ab ins Gelände - und das alles emissionsfrei und leise.

Erfolgsknaller „Ziesel“

Dem Ziesel voraus ging ein Forschungsprojekt namens „enerChange“. Dafür entwickelten Bauer und sein Team ein vollautomatisches Batteriewechselsystem auf Basis von Lithium-Ionen-Akkus, die sogenannten enerChange-Akkus. Intern entwickelten sie ein Testfahrzeug. Auf Drängen von Entwicklungspartnern entstand aus diesem Prototypen der heutige Ziesel. Ein Erfolgsknaller, bei dem sich Bauer zuerst sehr unsicher war. „2013 stellten wir den Prototypen erstmals auf einer Messe aus, um die Reaktionen zu testen“, erinnert sich Bauer. Zwei Wochen darauf hatte er Händleranfragen aus über 25 Ländern am Tisch. Der Ziesel ging in Kleinserie. Heute hat das 32-köpfige Mattro-Team bereits 100 Stück an den Markt gebracht.

Robo-Bock, die andere Roboterplattform

Mag der Ziesel auch den Anschein eines Männerspielzeugs haben, steckt dahinter doch ein ausgeklügeltes Fahrzeugkonzept. Die Ironie an der Sache: Kunden, die den Ziesel kauften, bauten ihn wieder um. „Sie entfernten die Sitzeinheit und bauten ihre eigene Technik drauf“, so Bauer. Ein Grund für den Geschäftsführer, ein neues Projekt in Angriff zu nehmen: Den „Bock“, eine Art Roboterplattform mit kraftvollem Elektroantrieb auf Raupen. Ohne viel Schnigg-Schnagg stellt der Bock ein einzigartiges Fahrzeugkonzept mit einer doppelt gesicherten Steuerelektronik dar. Die kompakte Bauweise mit tiefem Schwerpunkt und breitem Stand qualifiziert den Roboter speziell für den Einsatz im Gelände. Kraftvolle Motoren beziehen dabei ihre Energie aus einem smarten Lithium-Ionen-Akku mit selbstverwaltendem Heizsystem. Der Clou: Der Bock wird optional ein vollautomatisches Batteriewechselsystem bekommen (Weiterentwicklung des enerChange Projektes). Ladezeiten entfallen. Ein 24 Stundenbetrieb ist kein Problem mehr. Die Gummiraupen bieten höchste Traktion auch bei niedrigem Bodendruck. Interessantes Detail: Als einzig bekannte Roboterplattform schafft es der Bock über das übliche Schritttempo hinaus. „Die 35 km/h bleiben erhalten“, so Bauer.

Interessenten gibt es aus den unterschiedlichsten Bereichen. So haben bereits zwei Unis einen Bock in ihren Forschungs- und Entwicklungshallen. Interessantester Übersee-Auftrag kam dann aber aus Kolumbien. Dort wird das Konzept des Bock zum Entschärfen von Landminen verwendet. Auch in Österreich sind die Tiroler mittlerweile dick im Geschäft. So düst der Bock als Begleitfahrzeug von Rettungseinheiten in Tunneln mit. Und bei Landwirten könnte er beim Mähen von unzugänglichen Hängen helfen.

Die Fakten zum "Bock"

Länge: 111 cm

Breite: 122 cm

Höhe: 57 cm

2 x PMS Scheibenläufermotoren

Dauerleistung 2 x 4,4kW

Spitzenleistung 12/14/18 kW

Gesamtdrehmoment über 500Nm

Topspeed 30/35 km/h

Lithium-Ionen Akku mit 96V Nennspannung

https://youtu.be/Om72p2lIRw4 Factory on Tour: Chefredakteurin Elisabeth Biedermann testet den Ziesel. Fazit: Einfach spitze!