Japan ist das Land der Roboter – auch in der Pflege oder als Freund und Helfer im Alltag. Vor fünf Jahren bekamen auch Industrieroboter auf den Industriemessen Augen, Nase und Mund – der Trend ist vorbei. Warum?
Ruskowski: Der Industrieroboter ist kein Individuum, er ist ein Helfer. Er bleibt eine Maschine, die dem Menschen in der Produktion hilft. Wer anderes behauptet, der irrt.
Das müssen Sie jetzt sagen – zwecks Akzeptanz von Robotik.
Ruskowski: Nein. Der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) in der Robotik kühlt langsam ab und das ist gut. Wir vom DFKI und viele andere namhaften Kollegen haben immer vor falschen Erwartungen an die Robotik gewarnt. Was der Roboter im Bereich KI kann, ist mit einer Kamera auf dem Arm Gegenstände oder Bauteile zu erkennen, Greifflächen zu identifizieren und dann zu reagieren. Aber das ist Hardware, die im Vorfeld durch Programmierung beeinflusst wurde. Das hat noch wenig mit neuronalen Netzen zu tun. Der viel zitierte Griff in die Kiste ist immer noch sehr mühsam und wenig industrietauglich. Und seien wir mal ehrlich: Ein Industrieroboter im Automobilwerk braucht keine ausgeklügelte KI, denn er muss vergleichsweise leichte Aufgaben übernehmen: Windschutzscheibe nehmen, hochheben und in das Auto einsetzen und zurück.
Haben die Roboterhersteller in den letzten Jahren also Trends verschlafen?
Ruskowski: Das würde ich nicht sagen. Auch die großen Anbieter wie KUKA mit dem LBR iiwa und dem neuen LBR iisy oder ABB mit dem Yumi tummeln sich im Markt der kollaborativen Roboter. Daneben haben Fanuc, ABB, Kuka oder Yaskawa aber auch ihre klassischen Roboter in vielen Details verbessert, haben sich dabei aber auch alle aneinander angenähert. Wettbewerber nutzen mittlerweile oft die gleichen Getriebe und Motoren. Es haben sich nur unterschiedliche Klassen herauskristallisiert. Diese Entwicklungen dürfen auch niemanden verwundern, denn Industrierobotik-Zellen müssen laut vieler Kundenanforderungen mindestens 12 Jahre laufen und in einigen Bereichen werden sogar 20 Jahre erwartet. Wir haben es also mit eher langen Investitions- und Innovationszyklen zu tun, die bei den großen Herstellern im Mittelpunkt stehen.
Das ist eine Chance für die kleinen Unternehmen.
Ruskowski: Ja, viele Innovationen, die wir heute auch in der Industrierobotik übernehmen, stammen von kleineren Anbietern, Ausgründungen oder Startups, die sich eine Nische für ihre Anwendungen suchen. Die großen Anbieter agieren zunächst in klassischen Märkten, adaptieren die neuen Technologien wie moderne Bedienoberflächen und müssen darunter ihre Komplexität verdecken.