Im Gespräch: Michael Humer : Die Zukunft der Automatisierung: Trends und Herausforderungen im Fokus
Ihr beruflicher Werdegang und Ihre Ausbildung folgen einem klassischen Pfad in der Automatisierungsbranche. Was hat Ihr Interesse an der Automatisierung geweckt?
Michael Humer: Mein Weg in die Automatisierung begann mit einer dualen Ausbildung, in der ich zwei Berufe erlernte. Anschließend holte ich auf dem zweiten Bildungsweg die Matura nach und studierte Automatisierungstechnik. Schon früh faszinierte mich die Optimierung von Produktionsprozessen – ein Thema, für das mein Herz schlägt. Diese Leidenschaft führte mich tiefer in die Welt der Automatisierung. Mein beruflicher Weg führte mich zu einem renommierten Maschinenbauunternehmen. Dort hatte ich die Gelegenheit, verschiedene Technologien zu entwickeln und diverse Bereiche und Funktionen zu durchlaufen. Diese Erfahrungen gaben mir tiefe Einblicke sowohl in die Entwicklung als auch in die Produktion. Besonders interessant fand ich die Transformationsprozesse – von manuellen Handhabungssystemen hin zu vollautomatisierten Montagelinien. Mein Fokus lag dabei stets darauf, Produktionsprozesse auf operativer Ebene zu optimieren und technisch zu verbessern. Diese praktischen Erfahrungen haben mein Verständnis für die Automatisierung wesentlich geprägt und vertieft.
Als neuer Leiter der österreichischen Vertriebsgesellschaft bei B&R, welche strategischen Pläne verfolgen Sie?
Humer: Unsere Strategie bei B&R insgesamt basiert auf mehreren Schlüsselelementen. An erster Stelle steht für uns der Kunde im Mittelpunkt all unserer Aktivitäten und an seinen Bedürfnissen und Herausforderungen orientieren wir uns konsequent. Gleichzeitig identifizieren und adressieren wir globale Megatrends, die sowohl uns als auch unsere Kunden in Österreich und weltweit betreffen. Unsere Lösungen werden gezielt entwickelt, um diesen Trends zu begegnen. Ein zentraler Trend ist dabei die zunehmende Individualisierung der Produkte. Unsere Maschinenbaukunden müssen hochflexibel auf die Anforderungen ihrer Endkunden reagieren können und wir unterstützen sie dabei mit anpassungsfähigen Lösungen. Digitalisierung und KI spielen eine Schlüsselrolle in unserer Strategie. Wir integrieren diese Technologien in unsere Produkte und Dienstleistungen, um innovative Lösungen zu schaffen. Parallel dazu entwickeln wir softwaregestützte Lösungen, die unseren Kunden helfen, trotz des Fachkräftemangels effizient zu arbeiten und wettbewerbsfähig zu bleiben. In einem Umfeld zunehmender Ungewissheit ist es entscheidend, schnell und flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren. Aber auch die Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema, das in alle unsere Aktivitäten einfließt. Wir entwickeln nachhaltige Lösungen für verschiedene Branchen – von der Automobilindustrie, der Kunststoffver- und -bearbeitung, der Verpackungsindustrie, der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie oder der Pharmaindustrie bis hin zu Technologien in der Energieerzeugung. Unser übergeordnetes Ziel ist es, durch die Adressierung dieser Schlüsselbereiche unsere Position als Innovationsführer zu stärken.
KI-gestützte Robotik und Automatisierung besitzen das Potenzial, ganze Branchen zu revolutionieren.
B&R hat kürzlich ein umfassendes Transformationsprogramm angekündigt, um proaktiv auf Marktveränderungen zu reagieren und strukturelle Anpassungen voranzutreiben. In diesem Kontext stellt sich die Frage: Was sind die aktuellen Hauptherausforderungen?
Humer: Unsere zentrale Aufgabe besteht darin, unsere Kunden optimal auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. In einer globalisierten Welt spielen dabei KI-gestützte Lösungen eine Schlüsselrolle. Für B&R ist künstliche Intelligenz ein wesentlicher Pfeiler unserer Strategie. Einerseits positionieren wir uns als Technologieführer in der diskreten Automation, andererseits streben wir danach, als ganzheitlicher Lösungsanbieter die vielfältigen Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen. KI-gestützte Robotik und Automatisierung besitzen das Potenzial, ganze Branchen zu revolutionieren. Sie ermöglichen es Unternehmen, den kritischen globalen Trends und Herausforderungen effektiv zu begegnen. Unser Ziel ist es, unseren Kunden durch innovative Technologien einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Mit der Übernahme des KI-Startups Meshmind hat ABB gezielt die Entwicklung bei B&R gestärkt. Es soll ein Forschungskompetenzzentrum etabliert werden. Was genau ist da geplant?
Humer: Die Integration von Meshmind aus Bosnien verleiht B&R einen bedeutenden Innovationsschub. Wir können nun zahlreiche F&E-Projekte vorantreiben, darunter Deep-Learning-Bildverarbeitungssysteme, KI-fähige Engineering-Tools und IoT-App-Entwicklungen. Dies trifft den Kern unserer Strategie, um künftige Marktanforderungen optimal zu bedienen. KI spielt in vielen Fragen eine zentrale Rolle – von der Effizienzsteigerung und Mitarbeiterentlastung bis hin zu kundenspezifischen Lösungen in Produktentwicklungsprozessen. Wir fokussieren uns darauf, unsere Kunden in verschiedenen Projektstadien zu unterstützen, sei es durch KI-gestützte Konzeptgenerierung, Simulation oder fortschrittliche Bildverarbeitungssysteme mit Deep-Learning-Ansätzen.
NIS2 ist zweifellos ein zentrales Thema im Bereich Cybersecurity, dem wir große Aufmerksamkeit widmen.
Dabei spielt das Thema Cybersecurity eine große Rolle. Wie wichtig ist dieses Thema derzeit für Ihre Kunden, insbesondere angesichts der bevorstehenden Umsetzung von NIS2?
Humer: Wir nehmen wahr, dass Cybersecurity für unsere Kunden derzeit tatsächlich eine sehr hohe Priorität hat. Seit Jahren integrieren wir diese Anforderungen auf Produktebene. Unsere Kunden begrüßen diesen proaktiven Ansatz und die daraus resultierenden Lösungen, die sie für die kommenden Jahre wappnen. NIS2 ist zweifellos ein zentrales Thema im Bereich Cybersecurity, dem wir große Aufmerksamkeit widmen.
Ab 1. August übernimmt Morten Wierod als neuer CEO bei Ihrem Mutterkonzern ABB. Was wird das für B&R bedeuten? Rechnen Sie mit größeren Veränderungen?
Humer: Veränderungen sind ein konstanter Begleiter in der Geschäftswelt und oft auch Quelle positiver Entwicklungen. Bei B&R konzentrieren wir uns darauf, die Synergieeffekte mit ABB, insbesondere in Österreich, optimal zu nutzen. Dies ermöglicht es uns, unseren Kunden noch stärkere und umfassendere Lösungen anzubieten. Wir sehen den kommenden Entwicklungen daher positiv entgegen und sind überzeugt, dass wir gemeinsam mit ABB weiterhin erfolgreich agieren werden.