Nachhaltigkeit : Daten als Schlüssel zur Abfallvermeidung
Bei der digitalen Transformation muss die Industrie Gas geben. Und erfreulicherweise geschieht das vielerorts auch bereits: Laut IBM haben seit Beginn der COVID-19-Pandemie 67 Prozent der Fertigungsunternehmen ihre digitalen Projekte beschleunigt – in der Regel, um ihre betriebliche Effizienz zu verbessern. Um auch die Nachhaltigkeitsbilanz weiter zu verbessern, sollten Fertigungsunternehmen darüber hinaus die Themen Industrie 4.0 und ESG-Ziele (Environmental Social Governance) zusammenbringen.
Was digitale Tools für der Umwelt bringen
Trotz einer Nutzung digitaler Hilfsmittel nennen lediglich 59 Prozent der Fertigungsunternehmen eine verbesserte Nachhaltigkeitsbilanz als Grund für die Digitalisierung ihre Prozesse. Dabei unterstreichen Daten, die vom Verband der schwedischen Maschinenbauindustrie erhoben wurden, die enorme Bedeutung digitaler Werkzeuge für das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen. So hat die Nutzung von IT-Technologie in Bereichen wie der Fertigung das Potenzial, die gesamten CO2-Emissionen um bis zu 20 Prozent zu senken.
Der verstärkte Einsatz von digitalen Tools und Prozesse ist somit von entscheidender Bedeutung, um sowohl die Fertigung mit dem Pariser Abkommen in Einklang zu bringen als auch die Ressourceneffizienz zu steigern und die Abfallmenge zu verringern. Dass der Bedarf groß ist, zeigen aktuelle Daten der Weltbank: Demnach ist weltweit das Abfallaufkommen in der Industrie fast 18-mal höher als das in Kommunen. Und ein Großteil der in Produktionsstätten erzeugten Abfälle gilt als vermeidbar.
Überproduktion und Produktionsfehler sind zwei der häufigsten Gründe für das hohe Abfallaufkommen. Immer noch arbeiten zu viele Industrieanlagen mit veralteten Technologien, die den Herausforderungen der modernen Fertigung nicht gewachsen sind. Dennoch sind die enormen Abfallmengen keine unvermeidbare Folge der Produktion. Eine Schlüsselrolle bei der Reduzierung von Industrieabfällen können Daten spielen – sofern die Fertigungsunternehmen wissen, was sie damit anfangen sollen.
Betriebliche Effizienz verbessern
Jede Produktionsanlage, unabhängig von ihrer Größe, ihrer Komplexität oder ihrem Alter, erzeugt täglich eine erhebliche Menge an Daten. In einer intelligenten Fabrik werden sie mithilfe von Sensoren, die an jeder Maschine installiert sind, erfasst. Solche Maschinendaten, von der Anlagenleistung bis zur Produktqualität, zu nutzen, ist das erste Mittel, um Verschwendung in großem Maßstab zu reduzieren.
Selbst kleine Änderungen an einzelnen Prozessen summieren sich und können großen Einfluss auf die betriebliche Effizienz nehmen. Das Sammeln und Analysieren von Maschinendaten in der Fertigung ermöglicht es, die Maschinen zu überwachen und zu steuern. Infolge der Identifikation ineffizienter Prozesse, der Optimierung von Produktions- und Logistikplanung sowie der Vorhersage des anstehenden Wartungsbedarfs kann jeder einzelne Prozess verbessert werden, Und indem viele kleinere Prozesse energieeffizienter gestaltet werden, kann der Gesamtenergieverbrauch kontrolliert und gesenkt werden.
Die Ermittlung der Energieineffizienz in Echtzeit ermöglicht es Fertigungsunternehmen, potenzielle Ursachen und Lösungen für Energieverschwendung zu identifizieren: zum Beispiel eine Maschine, die deutlich mehr Energie verbraucht als andere. Anhand dieser Informationen kann die Ursache für den erhöhten Stromverbrauch ermittelt und Verbesserungen eingeführt weden, um die Maschineneffizienz zu optimieren und so die Energieverschwendung zu verringern.
Defekte, fehlerhafte Maschinen können eine Menge Ausschuss produzieren. Die kontinuierliche Echtzeit-Datenanalyse trägt dazu bei, die Maschinenwartung zu optimieren und Fehler schnell zu beheben: indem Probleme erkannt werden, bevor sie auftreten. So können Daten über die Maschinenleistung dabei helfen, kleinste Veränderungen im Maschinenverhalten sofort zu detektieren. Auf Basis dieser können Ingenieure wiederum eine vorausschauende Wartung durchführen – und dafür sorgen, dass fehlerhafte Produkte erst gar nicht produziert werden.
Das CoroPlus® Angebot im Bereich Data Driven Machining hilft Fertigungsunternehmen, ihre Effizienz zu verbessern, Ausschuss zu reduzieren und die Produktivität zu steigern. Dazu überwacht CoroPlus Process Control Maschinen in Echtzeit und löst gemäß programmierter Protokolle erforderliche Maßnahmen aus. Treten bestimmte, vorher festgelegte Probleme auf, wird automatisch eine Korrekturmaßnahme gestartet – beispielsweise das Anhalten der Maschine oder der Wechsel eines verschlissenen Zerspanungswerkzeugs. Diese Art der Instandhaltung verbessert die betriebliche Effizienz um bis zu 89 Prozent und verringert Verschwendung, da mithilfe der Datenauswertung die Maschinenleistung überwacht und mögliche Fehler schon erkannt werden, bevor sie auftreten.
Den gesamten Lebenszyklus betrachten
Ökobilanzen bzw. Lebenszyklusanalysen (Life Cycle Assessments, LCA) generieren ebenfalls Daten, die zur Abfallreduzierung beitragen. So bewertet eine Ökobilanz die Umweltauswirkungen eines Produkts ganzheitlich in jeder Phase seines Lebenszyklus. Dabei werden die Umweltauswirkungen sowohl der Rohstoffgewinnung, der benötigten Ressourcen, des Material- und Energieverbrauchs bei Produktion, Verpackung und Vertrieb berücksichtigt, als auch die Auswirkungen der funktionalen Nutzung des Produkts sowie Abfallmengen und die Umweltverschmutzung am Ende der Lebensdauer.
Indem sie jede einzelne Phase im Lebenszyklus eines Produkts betrachtet, deckt eine Ökobilanz die Nachhaltigkeitsmängel eines Produkts klar auf. Und mehr noch: Sie zeigt auch, wie nachhaltig Produkte sein werden, die sich noch in der Entwicklung befinden, und unterstützt die Erstellung nachhaltigerer Alternativen.
Nicht nur die Produkte selbst müssen berücksichtigt werden, sondern auch ihre Verpackung. Verpackungen verursachen aufgrund ihres hohen Ressourcenbedarfs viele Umweltprobleme. Das lässt sich weltweit beobachten. In Großbritannien etwa erzeugen Handel und Industrie jährlich fast 44 Millionen Tonnen Verpackungsabfälle. In den USA sind 28 Prozent des gesamten kommunalen Feststoffabfalls auf Verpackungen zurückzuführen.
Sandvik Coromant hat das Problem des Verpackungsmülls erkannt und eine Packungsauswahlanwendung (Package Selector Application, PSA) eingeführt. Die PSA analysiert anhand von Daten ein 3D-CAD-Modell des zu verpackenden Produkts, identifiziert seine wichtigsten Punkte und nutzt einen KI-Algorithmus, um die kleinstmögliche Verpackungsmenge zu empfehlen. Das reduziert den Verpackungsmüll und verbessert die Ökobilanz der Werkzeuge von Sandvik Coromant.
Kreislaufwirtschaft durch Transparenz
Daten können auch genutzt werden, um Kreislaufwirtschaft in der Produktion zu fördern. Dabei wird eine geschlossene Produktionskette etabliert, bei der die Abfälle aus einem Prozess als Ressourcen in einem anderen verwendet werden. Durch die kontinuierliche Wiederverwendung wird die Abfallmenge so weit wie möglich minimiert.
Anhand von Ökobilanz- und Maschinendaten können Fertigungsunternehmen die Effizienz und die Kreislauffähigkeit ihrer Produkte durch kontinuierliche Produkt- und Prozessanpassungen optimieren. Die effiziente Umsetzung eines solchen Produktionssystems erfordert eine zuverlässige Datenstrategie. Für eine solide Datenarchitektur benötigen Fertigungsunternehmen eine digitale Infrastruktur, die Abläufe – potentiell über mehrere Standorte hinweg – problemlos synchronisieren und Möglichkeiten zur Nutzung von Abfällen identifizieren kann. Denn angesichts der schier überwältigenden Datenmengen, die in Industrieunternehmen anfallen, kann es schwierig sein, zu entscheiden, welche Daten man nutzen soll. Doch mit der richtigen Nutzungsstrategie werden sie zu einem äußerst wertvollen Instrument zur Verringerung von Industrieabfällen – indem sie die Effizienz verbessern, eine vorausschauende Wartung ermöglichen, Impulse für die Entwicklung innovativer Produkte geben und das Ressourcenmanagement von Maschinen, Anlagen und sogar ganzen Unternehmen optimieren.