Meinung : Macht 3D-Druck für Ersatzteile Sinn?
Der Hersteller: "3D-Drucker sind keine Zaubermaschinen."
Kommentar von Robert Gmeiner, Geschäftsführer und Gründer Cubicure
Der Ersatzteilmarkt hat typischerweise raschen Bedarf nach Kleinserien oder Einzelstücken. Bei kritischen Lagerbeständen oder bei Teilen, welche sehr lange im operativen Einsatz und nicht mehr in der gewohnten Zulieferkette herstellbar sind, kann die additive Fertigung helfen. 3D Druck für Metalle und Kunststoffe befindet sich gerade in der industriellen Übergangsphase. Wurden bisher vor allem Prototypen- und Vorserienteile mit begrenztem technischem Nutzen gefertigt – gibt es vereinzelt bereits Serienteile. Dies hat mit den bis dato einsetzbaren Materialien, dem erzielbaren Maschinendurchsatz sowie den daraus resultierenden Stückkosten zu tun. Gedruckte Teile machen nur dort Sinn, wo eine hohe Wertschöpfung bezogen auf das Bauteil erzielt werden kann. Bei Ersatzteilen ist dies aufgrund hoher Opportunitätskosten gegeben. Es muss jedoch die volle technische Einsatzreife des Bauteils nachgewiesen werden, weswegen auch entsprechende Zertifizierungs- und Qualitätsstandards entwickelt und eingehalten werden müssen. Solche Prozess- und Materialzertifizierungen sind seit einiger Zeit im Werden. Auch aktuelle Fortschritte in der Prozessierbarkeit hochwertiger Materialien (z.B. Hot Lithography Technologie) erfüllen bereits die geforderte Qualität. 3D Drucker sind aber, aller technologischer Disruption zum Trotz, keine Zaubermaschinen und die Transformation hin zur digitalen Fertigungstechnik verlangt sowohl Herstellern als auch Anwendern einiges ab. Es ist aber bereits die Entwicklung einer spezialisierten Anwenderindustrie erkennbar, welche sich aus Verarbeitungsspezialisten traditioneller Fertigungsmethoden (z.B. Spritzguss) heraus zu etablieren beginnt.
Der Anwender: "Langzeit-Lagerhaltung überdenken."
Kommentar von Steffen Hachtel, Geschäftsführer Hachtel Werkzeugbau
Die Anforderungen der Ersatzteilindustrie sind oft recht speziell, wodurch sich auch das grundsätzlich hohe Wertschöpfungspotenzial erklären lässt. In der Bahn- oder Automobilindustrie gibt es etwa Bauteile, welche seit Jahrzehnten nicht mehr gefertigt werden und für die weder CAD-Daten, noch Fertigungszeichnungen existieren. Wenn ein solches Bauteil für die Instandhaltung jedoch unabdingbar ist, dann ist der Leidensdruck des Anwenders naturgemäß hoch. Ist also die ursprüngliche Form eines Kunststoffteiles nicht mehr verfügbar, so ist die Fertigung via Spritzguss kostentechnisch nicht akzeptabel. Ein voll digitaler Fertigungsweg kann helfen, wobei zunächst die Digitalisierung der Ist-Situation gemeistert werden muss. Neben der eigentlichen Fertigungsmethode (z.B. 3D-Druck) sind also weitere Schritte nötig, wie beispielsweise CT-Technologien, die kosteneffizient zur Beschreibung der Geometrie der verbliebenen Bauteile eingesetzt werden. Eine umfassende Qualitätssicherung gedruckter Teile ist unabdingbar. Um all dies kosteneffizient abbilden zu können, braucht es neue Geschäftsmodelle der Teileproduzenten: die einzelnen Schritte müssen bei einem Fertiger – einem One-Stop-Shop – abgebildet werden können. Mit modernen 3D-Drucktechnologien gibt es nun die Möglichkeit eine neue Win-Win-Situation zwischen Instandhalter und Fertiger zu schaffen und auch Themen der Langzeit-Lagerhaltung zu überdenken.