Meinung : Kein Selbstzweck:
Wie der digitale Zwilling dem Maschinenbau Profite bringt

Smart industry control concept.Hands holding tablet on blurred automation machine as background

Der digitale Zwilling als das digitale Abbild eines physikalischen Assets.

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Für mich ist der digitale Zwilling der Schlüssel, um die Herausforderungen von Industrie 4.0, wie Losgröße 1, wandelbare Fertigung oder übergreifende Wertschöpfungsnetzwerke beherrschbar zu machen. Er bietet ein riesiges Potenzial, das Engineering von Maschinen und die Automatisierung von Produktionen zu erleichtern.

Genaugenommen ist er das digitale Abbild eines physikalischen Assets. Eine Art Container, in dem alle relevanten Daten gesammelt und als „Single Point of Truth“ verknüpft werden. Dieser ermöglicht den zielgerichteten, sicheren, semantischen Zugriff auf Informationen. Das sind die Beschreibung der mechanisch-elektrischen Eigenschaften, Dokumentationen und Zertifikate, Modelle, Software, Verhaltensbeschreibung aber noch vieles mehr.

Die Daten wandern über den gesamten Lebenszyklus von Geräten und Maschinen mit – von der ersten Idee bis zum Betrieb – werden kontinuierlich angereichert und gewährleisten einen durchgängigen Informationsfluss ohne Brüche. Dabei geht es um viel mehr als Simulation. Der digitale Zwilling bildet beispielsweise auch die Basis für virtuelle Inbetriebnahme, Condition Monitoring oder Assetmanagement.

Wie Maschinenbauer von den Vorteilen des digitalen Zwillings profitieren können

Oberstes Ziel bei Lenze ist es, unseren Kunden das Engineering zu erleichtern und sie mit unserer Hardware, Software und Brainware bestmöglich zu unterstützen. Wir wissen, dass eine Maschine nicht nur aus Lenze-Komponenten bestehen kann, daher ist uns das Thema offene Standards und Interoperabilität ein echtes Anliegen. Über 20 Jahre Digitalisierungskompetenz im Unternehmen und gleichzeitig umfassende Domainexpertise – das ist sicher, was uns auszeichnet. Wir können damit unseren Kunden digitale Services und Lösungen mit echtem Mehrwert bieten - sei es die Beschleunigung der Entwicklungsprozesse, die Verbesserung der Qualität oder die Möglichkeit, Tätigkeiten zu parallelisieren.

Ein Beispiel: Mit unserem Systemplanungswerkzeug EASY System Designer (ESD) lässt sich z.B. eine Maschine modular beschreiben und auslegen, inklusive der Komponenten anderer Lieferanten. Es lässt sich das erste digitale Abbild einer Maschine erstellen. Durch die Nutzung von Standards lassen sich digitale Zwillinge anderer Zulieferer ergänzen und weitere Werkzeuge oder Services für den Lebenszyklus der Maschine in das Engineering integrieren.

Lenze-Geschäftsführer: "Jeder sitzt im eigenen Käfig"

Kiele Dunsche
Dipl.-Ing. Markus Kiele-Dunsche ist Innovationsmanager für Engineering und Automation bei Lenze. - © Lenze
Ganz wichtig ist zu Anfang die Überlegung, was eigentlich der Mehrwert sein soll, also was ich überhaupt erreichen will. Den digitalen Zwilling macht man nicht zum Selbstzweck.
Markus Kiele-Dunsche

Der Maschinenbauer profitiert von der Durchgängigkeit und der Verfügbarkeit der relevanten Informationen und Dokumente aller verbauten Geräte, weil die Integration, Pflege und Nutzung dieser Daten über den Standard völlig automatisch ablaufen kann. Einsparpotentiale im zweistelligen Prozentbereich sind möglich bei gleichzeitiger Erhöhung der Möglichkeiten.

Wie man mit dem digitalen Zwilling am besten startet

Es sind keine speziellen Voraussetzungen nötig – nur die Bereitschaft sich auf neue Technologien und Methodiken einzulassen. Ich empfehle: suchen Sie sich die richtigen Partner, die - wie Lenze - bei der Umsetzung unterstützen. Es geht nicht darum, gleich radikal alles Gewohnte über den Haufen zu werfen, sondern darum, den passenden nächsten Schritt zu finden, erste Durchstiche zu machen und zu lernen. Ganz wichtig ist zu Anfang die Überlegung, was eigentlich der Mehrwert sein soll. Also, was will ich überhaupt erreichen. Den digitalen Zwilling macht man nicht zum Selbstzweck. Dafür lohnt es sich, die Anforderungen des eigenen Kunden anzuschauen. Auf der anderen Seite sollte sich der Maschinenbauer auch darüber Gedanken machen, welche nützlichen Informationen er überhaupt bieten kann, wie beispielsweise Asset Informationen für Maintenance-Tools.

Geänderte Kundenanforderungen seit Corona

Die digitale Transformation im Maschinenbau hat sich beschleunigt. Das liegt daran, dass der Druck, effizienter, schneller und flexibler zu werden zugenommen hat. Natürlich ist auch die Akzeptanz gestiegen, digitale Lösungen überhaupt einzusetzen. Schauen Sie doch nur, wie selbstverständlich wir alle heute digitale Messen, Webinare oder Teams-Besprechungen nutzen. Die Sinnhaftigkeit der Hilfsmittel für digitales Engineering und Sharing-Mechanismen für verteiltes Arbeiten werden wesentlich konstruktiver diskutiert. Insofern wirkt sich die Pandemie schon auf die Geschwindigkeit aus, mit der wir uns weiterentwickeln. Einen Push haben auch die konkreten Lösungen für digitales Engineering, Condition Monitoring, Predictive Maintenance oder auch Remote Service erlebt. Schließlich mussten wir lernen, Aufgaben selbständiger und mit weniger Kontakten zu anderen Menschen, und by-the-way, zur Maschine zu erledigen.

Digitaler Zwilling als Herzstück der Industrie 4.0