Maschinenbau : Erema-Tochter Keycycle soll Zugpferd werden
Der nachhaltige Umgang mit Kunststoffen gehört zu den bestimmenden Faktoren, um die ambitionierten Klimaziele des Pariser Vertrags zu erreichen. In Europa wird also durch die Gesetzgebung auf EU-Ebene durch den geforderten Anteil an Rezyklaten in Endprodukten und die steigenden Recyclingquoten bei Abfällen großer Druck auf die Unternehmen ausgeübt. „Das pusht den europäischen Markt massiv und in anderen Märkten ist es der schlichte Bedarf, aus den Unmengen an Abfällen etwas Sinnvolles zu machen. Dafür ist das mechanische Kunststoffrecycling ein guter Weg“, sagt Michal Prochazka, Managing Director bei Keycycle, einem weltweiten Anbieter von Turnkey-Lösungen für neue Kunststoffrecycling-Projekte und Anlagenoptimierungen.
Hier liegen die Herausforderungen
Recyclingprojekte sind allerdings komplex, denn verschiedene Technologien müssen miteinander verbunden werden. „Die Herausforderung wächst mit den wachsenden Mengen, die zu recyceln sind und teilweise auch mit der Zusammensetzung der Materialströme. Man muss gut überlegen, wie und was man aus diesem Materialstrom raussortieren kann und wo es wirtschaftlich sinnvoll ist, einen Materialstrom bis zum Endprodukt zu verarbeiten“, erklärt Prochazka. Außerdem bringen die Materiallogistik und das Management der Schnittstellen eine gewisse Komplexität mit sich. So erfordern die drei Hauptprozessschritte (Sortierung, Waschung, Extrusion) ein Schnittstellen-Management zwischen den einzelnen Prozessschritten.
Weltmarktführer recycelt über 14 Millionen Tonnen Kunststoff
Keycycle ist eine Tochter der oberösterreichischen Maschinenbau-Gruppe Erema, die seit 38 Jahren Weltmarktführer in ihrem Segment ist. Erema-Recyclinglösungen sind derzeit in über 100 Ländern weltweit im Einsatz und recyceln jährlich etwa 14,5 Millionen Tonnen Kunststoff. Im Geschäftsjahr 2019/20 machte die Erema Group rund 205 Millionen Euro Umsatz. „Wir sind dabei die ersten Projekte im Generalunternehmer-Bereich abzuwickeln“, sagt Keycycle Managing Director Prochazka. Keycycle wurde in der Erema-Gruppe gegründet, um eine neue Kundengruppe zu bedienen. Große Konzerne, Markenartikelhersteller und Kundengruppen, die in den Kunststoffrecycling-Bereich einsteigen, suchen laut Prochazka oft nach Partnern, die ihnen Lösungen auf Generalunternehmerbasis liefern. Zum Leistungsumfang zählen Projektmanagement, Fabrik- und Logistikplanung und die komplette Umsetzung bis zur einsatzbereiten Gesamtanlage. Das Unternehmen ist seit Mitte 2018 am Markt aktiv.
Keycycle liefert den Prozess
Die Erema-Tochter ist kein klassischer Maschinenlieferant – Keycycle liefert vielmehr den Prozess. Das Gesamtverständnis für den Prozess ist auch das Hauptthema im Bereich der angebotenen Turnkey-Lösungen. „Wir können die Schnittstellen zwischen den Maschinen managen, dem Kunden eine ganze Fabrikplanung liefern und ein solches Projekt auf Projektmanagementebene abwickeln. Auf Investseite können sich solche Projekte teilweise auf zweistellige Millionensummen belaufen. Die Fähigkeit, solch große Projekte zu managen und die richtigen Technologien auszuwählen, das ist das, was wir uns auf die Fahne heften“, so Prochazka. Abgesehen von Turnkey-Lösungen ist das Unternehmen auch im Bereich der Farbentfernung tätig und kommt gerade mit einer neuen Technologie auf den Markt.
Zusätzlicher Fokus auf Farbentfernung
Druckfarben sind beim Recycling von Kunststoffen eine große Herausforderung. Die Lösungsansätze dafür sind verschieden. Bedruckung direkt auf der Verpackungsfolie zu reduzieren ist eine Maßgabe für Design for Recycling, ein kompletter Verzicht ist in den vielfältigen Einsatzgebieten von Folienprodukten aber oft nicht möglich. Begleitend dazu wird daher auch an Entfärbungstechnologien gearbeitet. Mit dem Ziel Druckfarben im Recyclingprozess zu entfernen, kooperiert Keycycle mit dem spanischen Technologie-Entwickler Cadel Deinking. „Bei diesem Projekt entwickeln wir uns etwas mehr in Richtung Maschinenbauer. Durch die Kooperation haben wir das Recht erworben, diese Technologie exklusiv zu vermarkten“, berichtet Prochazka. Im entwickelten Entfärbungsprozess wird die Farbe von der zerkleinerten Folie gelöst und das Material dann dem Recyclingextruder zugeführt. In Kombination mit einem Erema Extruder des Typs „Intarema“ hat sich dieses Verfahren bei Testläufen in der Pilotanlage gut bewährt, sodass mittlerweile bereits fünf Deinking-Anlagen geordert wurden.
„Es ist ein neuer Prozess. Wir sind das Unternehmen am Markt, das in der Entwicklung dieser Technologie am weitesten ist. Das heißt wiederum, man muss den Kunden erst zeigen, dass die Technologie funktioniert, Vorteile für sie hat und dem gängigen industriellen Standard entspricht“, so Prochazka. Keycycle sieht darin eine große Chance, da die Technologie das Thema Kunststoffrecycling um eine neue Facette bereichert. Prochazka erklärt: „Es war oft schwierig, die bedruckten Leichtverpackungen zu recyceln. Mit der Farbentfernung öffnen sich dem Kunden ganz neue Wege. Wenn man zuerst die Farbe von der Oberfläche entfernen kann, kann man am Ende auch wieder farblose oder sehr helle Regranulate gewinnen, die man zum einen ganz anders im Prozess einsetzen kann, und zum anderen auch bessere Preise am Markt bekommt.“
Zeit durchzustarten
Derzeit wickelt Keycycle seine ersten Generalunternehmer-Projekte ab. Namen von Kunden dürfen derzeit nicht verraten werden, doch es ist von großen Konzernen und Markenartikelherstellern die Rede. 2020 wurden Corona-bedingt einige Projekte auf Eis gelegt, doch seit Ende letzten Jahres spürt das Unternehmen Aufwind. Und so wurden für die nächsten Jahre ambitionierte Pläne geschmiedet: „In den nächsten fünf Jahren wollen wir definitiv weltweit der führende Anlagenbauer im Kunststoffrecycling sein. Wir wollen der größte Lieferant von Gesamtlösungen werden“, sagt Prochazka bestimmt. „Die Erema-Gruppe wächst stetig und wir glauben daran, dass das Thema Anlagenbau und die Fähigkeit, komplexe große Projekte zu beherrschen, für die ganze Gruppe ein Zugpferd sein kann.“