Kontron : Differenzierung bei Kontron

Jens Wiegand
© Kontron

Kontron hatte bislang eine sehr breite Auswahl an Standard-Produkten. Ist dies noch zeitgemäß?

Jens Wiegand: Wir haben die Produktpalette in Produktlinien organisiert und nach strategischen Merkmalen neu ausgerichtet und verschlankt. Alte Technologien, die heute nicht mehr innovativ oder robust genug sind - wie PC/104 - wurden oder werden zukünftig nicht mehr unterstützt. Wir setzen heute auf zukunftsweisende Trends, wie modulare Ansätze für unsere Systeme und fokussieren noch stärker auf das Geschäftspotenzial unserer Kunden und eine komplementäre Positionierung der Produktlinien, um Überschneidungen und Redundanzen zu vermeiden.

Wie sieht es mit den dazu notwendigen Entwicklungsressourcen aus?

Wir halten für unsere strategischen Produktlinien, die auch ein entsprechendes Businesspotenzial - beziehungsweise ROI - aufzeigen, die Entwicklungskapazitäten vor. Zudem steigerten wir, durch die Globalisierung und Harmonisierung von Tools, signifikant die Flexibilität und können so heute an mehreren Standorten verteilt Entwicklungen durchführen. Konkret bedeutet dies, dass wir 2014 unsere F&E-Strukturen optimiert haben, indem wir unsere Forschungs- und Entwicklungsprozesse in globalen Designcentern einrichteten und somit vereinheitlicht haben. So sind wir in die Lage, vorausschauender und flexibler zu planen und zu agieren sowie die Zeit bis zur Markteinführung neuer Produkte zu verkürzen. Dies erlaubt uns temporäre Engpässe in einem Designcenter mit dem globalen R&D-Bereich aufzufangen.

Welche Anpassungen müssen erfolgen und wie wirkt sich dies auf die Kunden aus?

Eine globale prozess-orientierte R&D-Organisation ist extrem wichtig, um vorausschauender und flexibler zu planen und zu agieren sowie die Zeit bis zur Markteinführung neuer Produkte zu verkürzen. Hierzu haben wir bereits ein globales Project Management Office - PMO - und auch ein globales ‚Ressource Management Office‘ eingeführt. Natürlich macht gerade der Umbau von einer ‚People lead‘- zu einer ‚Process lead‘-Organisation einen signifikanten Unterschied. Der Vorteil für den Kunden ist die Time-to-Market und eine bessere Roadmap-Genauigkeit, da die Kompetenz breiter gestreut ist, Risiken wie bei rein lokalen Organisationen besser gesteuert werden können und der globale Kompetenz-Pool auch neue Produktideen und Innovationen schneller in die Anwendung beziehungsweise das Produkt bringt.

Der Computer-on-Module-Ansatz (CoM) ist – vor allem in Europa - sehr beliebt. Es gibt dabei aber zwei widersprüchliche Ansätze: Entweder praktisch alle Signale der CPU auf die Busstecker zu routen oder eine Auswahl der wichtigsten Schnittstellen zu treffen. Welche Strategie bevorzugt Kontron?

Die Anzahl der Features beziehungsweise I/O-Signale bei modernen CPUs steigt kontinuierlich. Es wird damit zunehmend schwierig, alle Signale über das Modul-Interface zu routen. Um weiterhin kostenorientiert anbieten zu können, macht es keinen Sinn alle Signale zur Verfügung zu stellen. Deshalb waren wir auch Vorreiter bei den SMARC-Modulen, als auch Gründungsmitglied der Standardization Group for Embedded Technologies e.V. (SGET). Wir benötigen für neue innovative Module und Kundenanwendungen eine gewisse Flexibilität. Eine spezifische Kategorisierung der Signale wird in der Zukunft unabdingbar sein.

Wie wichtig ist dabei die Zusammenarbeit mit den Wettbewerbern in Standardisierungsgremien?

Eine Standardisierung ist nur möglich, wenn Wettbewerber in entsprechenden Gremien kooperieren. Wichtig ist es hierbei eigene Differenzierungsfreiräume zu erarbeiten, aber auf Interoperabilität zu achten. Kontron setzt auch weiterhin auf offene Standards.

Welche Akzente will Kontron in nächster Zukunft bei CoMs setzen?

Wir werden stärkere Akzente in differenzierende Merkmale setzen, die im Umfeld von IoT-Anwendungen wichtig werden, zum Beispiel Managability oder Konnektivität.

Wettbewerber aus dem Modul-Bereich haben in letzter Zeit den Single-Board-Computer bzw. Motherboards als ein weiteres Standbein forciert. Wie bewerten sie diesen Trend?

Der Trend macht sicher im hochvolumigen Bereich Sinn. Unsere Kunden benötigen aber Innovationsfreiräume und einen Pfad zu hochvolumigen Lösungen. Wir bieten ihnen daher ein modulares Plattform-Konzept an, basierend auf einem Modul oder Building-Block-Standard.

Asiatische Anbieter setzen seit Jahren stark auf Motherboards und haben preislich und ausstattungstechnisch schon fast jede Nische besetzt. Wie reagiert Kontron auf diese Situation?

Wir werden unsere Motherboards in einem modularen Konzept flexibler gestalten, um besser auf Anforderungen der klassischen Embedded-Märkte reagieren zu können. Der Industrie- oder Medizinmarkt als Beispiel benötigt wesentlich robustere I/O-Interfaces als der allgemeine Desktop-orientierte Markt. Hier sehen wir für uns klar eine Differenzierungsmöglichkeit.

Mit was für neuen Ideen und Produkten von Kontron können die Kunden in nächster Zeit rechnen?

Wir werden die typischen IoT-Bereiche wie Security oder Managability abbilden und unseren Kunden hier Lösungen anbieten. Zudem treiben wir unsere modularen, marktspezifischen Konzepte weiter voran, beispielsweise durch spezifische Lösungen im Transportation-Markt, aber auch im Standardgeschäft mit Boards und Modulen. Darüber hinaus stehen auch der Ausbau und die Weiterentwicklung unseres HMI-Portfolios im Fokus. Zudem bieten wir seit Kurzem ein erweitertes Angebot aus Service&Maintenance- Dienstleistungen auf dem Markt an, um unsere Kunden künftig noch effektiver beim Aufbau ihrer IoT-Konzepte und Lösungen zu unterstützen.