Marktchancen : 3D Druck: Automatisierer wittern einen Milliardenmarkt

Thomas Fechner
© Bosch Rexroth / www.thomas-kohnle.de

Daimler hat sie, Airbus hat sie, Villeroy & Boch hat sie und ThyssenKrupp arbeitet auch mit 3D-Druckern von BigRep aus Berlin. Additive Manufacturing etabliert sich in der Industrie als Fertigungstechnologie für die Fabrik der Zukunft und hat die Herstellung von Prototypen und Kleinserien bereits deutlich verändert. Bisher mangelte es aber immer noch an der Anbindung der Technologie an die Automatisierungswelt in der Fertigung.

Der G-Code als Sprache

„In allen Märkten erwarten unsere Industriekunden zuverlässige, steuerbare und effiziente 3D-Drucker für die Produktion hochwertiger Werkteile”, erklärt Stephan Beyer, CEO von BigRep. „Als erster Hersteller von 3D-Druckern bauen wir jetzt CNC-Steuerungssysteme in unsere Geräte ein. Damit werden wir die additive Fertigung neu definieren. Die Bosch Rexroth- Komponenten sind außerdem ausgezeichnete Schnittstellen, um unsere 3D-Drucker mit voller Konnektivität in bestehende Produktions- und Automationssysteme zu integrieren. Dies wird den 3D-Druck als Schlüsselelement für Industrie 4.0-Anwendungen verankern“, prophezeit der Manager. „Die digitale Prozesskette, die wir im Werkzeugbau geschaffen haben, müssen wir jetzt übertragen. Der digitale Zwilling ist auch im 3D Druck entscheidend“, erklärte Ralf Gärtner von Protiq in einem früheren Gespräch mit dieser Redaktion. Er sieht den G-Code aus der CNC-Programmierung als wohl gesetzte Sprache. Entscheidend sei das Datenformat aus dem CAD-Programm bis zum Drucker, sind sich beide Experten einig, denn an ihm hängt die Automatisierung.

Offene Standards, Roboteranbindung gewünscht

„Bei kartesischen Anwendungen ist G-Code aktuell der etablierte Standard für das Anfahren definierter Positionen. Das muss aber nicht immer so bleiben. Zukünftig ist es denkbar, dass „Punktwolken“ aus CAD-Software direkt an die Druckersteuerung gesendet werden. Moderne CNC-Steuerungen stellen dafür bereits heute genügend Rechenleistung bereit“, meint Thomas Fechner von Bosch Rexroth im Interview mit dem Magazin Industrial Pioneers der Hannover Messe. Fechner verantwortet den Produktbereich New Business bei Bosch Rexroth. Für ihn und sein Team ist das Datenformat STL derzeit der Defacto-Standard. Aber Datenformate sind nur ein kleiner Teil eines vollständig digitalen Workflows, heißt es bei Bosch Rexroth.

Parallelen zur Werkzeugmaschine

In der Fabrik der Zukunft werden sich alle Prozessstationen, auch AM-Maschinen, flexibel und modular in schnell veränderbare Produktionslinien einfügen. „Es geht künftig also mehr um das Zusammenspiel von CAD, Slicer-Software, Simulationsumgebungen, Steuerung und Qualitätssicherung. Dazu müssen sich Automatisierer, ­Maschinenhersteller und Endanwender auf offene Standards einigen. Die Diskussionen rund um OPC UA sind vielversprechend und alles deutet darauf hin, dass sich OPC UA industrieweit als Standard für die Machine-2-Machine-Kommunikation durchsetzen wird“, erklärt Fechner. Und er sieht durchaus Parallelen zur Werkzeugmaschine. „Ähnlich wie zu Beginn der elektronisch gesteuerten Werkzeugmaschinen haben viele Hersteller zunächst eigene Steuerungshardware entwickelt, auf der sie alles selbst programmieren. Diesen Aufwand können sie mit CNC-Systemlösungen deutlich reduzieren.“

Ein Markt mit 20 Milliarden Euro

Automatisierung beim 3D-Druck? Bei Protiq in Ostwestfalen ist das schon Realität. Vom Kundeninterface im Netz bis zum Drucker ist alles automatisiert. Nur den Bauraum muss ein Mitarbeiter freigeben, das fertige Produkt herausnehmen, nachbearbeiten und in den Versand geben. Noch. Denn Gärtner spricht bereits mit Roboterherstellern. Die Blomberger wollen Schnittstellen schaffen. Roboter sind auch für Fechner und seine Kollegen ein spannendes Feld. „Der Einsatz von Robotern ist in diesem Zusammenhang durchaus denkbar. Ihre Anbindung ist durch CNC- und Motion-Control-Steuerungen problemlos, weil Roboterfunktionalitäten bereits integriert sind. Eine weitere Möglichkeit wäre, diese vor- und nachgelagerten Stationen mit schaltschrank­loser Antriebs- und Steuerungstechnik zu realisieren und sie über eine Echtzeit-Querkommunikation anzubinden“, blickt der Ingenieur in die Zukunft.

In der additiven Fertigung entsteht gerade ein großer Markt für die Automatisierer. Wie groß wird er denn sein? „Die Schätzungen gehen weit auseinander, aber 20 Milliarden Euro scheinen realistisch. Je schneller die Branche etablierte Standards übernimmt, desto schneller wächst das Marktpotenzial“, unterstreicht Fechner.