Produktionssprache : OPC UA: Sprechen Sie Maschine?

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OPC UA wurde 2008 in seiner ersten Version veröffentlicht. Seitdem arbeiten die Mitglieder und Partner der OPC Foundation an der konstanten Weiterentwicklung des Standards. Für die industrielle Kommunikation gibt es unterschiedliche Protokolle, im Bereich der Operational Technology (OT) z.B. Modbus oder EtherCAT, im Bereich der Informationstechnologie z.B. TCP/IP und UDP oder MQTT. Solche Kommunikationsprotokolle ermöglichen den Austausch von Signalen und Daten in Fabriken und zwischen Maschinen. In Produktionsanlagen werden oft unterschiedliche Produkte und damit auch Protokolle eingesetzt. Für produzierende Unternehmen ist es dann wichtig, dass diese miteinander kompatibel und kommunikationsfähig sind. Hier kommt OPC UA ins Spiel.

OPC UA ist kein Protokoll. Stattdessen handelt es sich dabei um einen Standard (IEC 62541), der unter der Verwendung der genannten OT- und IT-Protokolle den Austausch von Informationen ermöglicht. Ziel der OPC Foundation, der Organisation hinter OPC UA, ist die Ermöglichung der Interoperabilität industrieller Technologien sowie einer sicheren und robusten Kommunikation in der Produktion. Immer wieder wird OPC UA als „globale Produktionssprache“ bezeichnet.

Warum das für die österreichische Industrie relevant ist zeigt z.B. das Beispiel des steirischen Unternehmens Rosendahl Nextrom. Das zur Knill Gruppe gehörende Unternehmen baut Anlagen, u.a. für die Kabel- und Drahtindustrie. Für die Kommunikation innerhalb einer Anlage und zwischen Maschinen nutzt man z.B. die Profinet-Infrastruktur. Gleichzeitig ist es für das Unternehmen wichtig, auf die Bedürfnisse der Kunden bestmöglich einzugehen, in Brownfield-Anlagen sind auch andere Protokolle im Einsatz. OPC UA ermöglicht es Rosendahl Nextrom, schneller und einfacher mit Geräten und Systemen unterschiedlicher Hersteller zu interagieren. Man kann auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen, ohne alternative Hardware anschaffen zu müssen.

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Standardsprache und ihre Vorteile

Österreich ist ein Land mit vielen Regionen. Vom Wiener Becken über den Nationalpark Hohe Tauern bis hin zum Bodensee, jedes Gebiet hat seinen eigenen Charakter – und oft auch Dialekt. Im Kärntner Lavanttal gibt es Ausdrücke, die im Bregenzer Wald auf Unverständnis stoßen. Abhilfe schafft die Kommunikation in Standarddeutsch („Hochdeutsch“).

Standardisierte Sprachen bieten viele Vorteile: Wenn man Deutsch spricht, dann kann man sich mit rund 100 Millionen anderen Menschen verständigen. Wo Kommunikation stattfindet, dort hilft eine gemeinsame Sprache beträchtlich.

OPC UA wurde 2008 in seiner ersten Version veröffentlicht. Seitdem arbeiten die Mitglieder und Partner der OPC Foundation an der konstanten Weiterentwicklung des Standards.

Wann setzt sich eine Sprache durch?

Im 17. Jahrhundert gab es die ersten Ansätze zur Normung der deutschen Sprache. Man wollte im deutschen Sprachraum trotz unterschiedlicher Dialekte die gemeinsame Kommunikation ermöglichen. Grundlegend war das Bedürfnis, andere verstehen und die eigene Perspektive anderen mitteilen zu können. Wichtige Rollen spielten dabei Gelehrte, die ihr Wissen weitervermittelten, kooperierende Organisationen, oder auch in Bibliotheken verfügbare Lehrbücher wie z.B. der Duden.

Für die Weiterentwicklung von OPC UA ist Kooperation ein zentraler Aspekt: So arbeitet z.B. der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in 40 Arbeitskreisen mit, um „Companion Specifications“ - harmonisierte Beschreibungen von Maschinen oder Anlagen, z.B. von Pumpen, Robotern oder Kaffeemaschinen - zu definieren, die wiederum die Kosten für die Integration von OPC UA im Maschinenbau reduzieren sollen („OPC UA for Machinery“). Über die Zusammenarbeit mit den großen Technologiefirmen (z.B. Microsoft Azure, IBM…) arbeitet man daran, OPC UA in die Cloud-Infrastrukturen zu integrieren, z.B. mit „OPC UA over MQTT“. In der „Field Level Communications Initiative“ arbeiten unterschiedliche Unternehmen im Bereich der Automatisierung (z.B. Siemens, Beckhoff, Schneider Electric, B&R…) an der horizontalen und vertikalen Interoperabilität in der Produktion.

Für die Integration von OPC UA im eigenen Unternehmen kann man auf die Unterstützung einer wachsenden Zahl von Expertinnen und Experten zurückgreifen. Auch an Universitäten wird der Umgang mit OPC UA gelehrt, dabei unterstützt z.B. das kostenlose IIOT Starter Kit. Was der Verbreitung von OPC UA ebenfalls hilft: man muss kein zahlendes Mitglied der OPC Foundation sein, um die Spezifikationen zu erhalten oder um sein Produkt zertifizieren zu lassen.

Zurück nach Pischelsdorf am Kulm in der Steiermark: Bei Rosendahl Nextrom ist Siemens als Partner im Bereich der Automatisierung an Board. Verschiedene Siemens-Komponenten werden eingesetzt, auf der eingesetzten SPS wurde seitens Siemens der OPC UA Server implementiert. Um die korrekte Umsetzung des Standards sicherzustellen arbeitete man bei der Einführung von OPC UA eng mit den Siemens Expertinnen und Experten zusammen. Für die Umsetzung konnte man auf den via GitHub (eine digitale Form der Bibliothek) verfügbaren .NET-Stack zurückgreifen. Auch darüber hinaus setzt man bei Rosendahl Nextrom auf Kooperation und definiert und nutzt z.B. die Companion Specifications von OPC UA.

Der Autor dieses Artikels, Michael Fälbl, schreibt auch eine Kolumne im FACTORY. Weitere Texte von ihm finden Sie hier.

Bei Rosendahl Nextrom erleichtert der Einsatz von OPC UA derzeit die digitale Kommunikation, man kann sich dadurch besser auf die eigenen Aufgaben konzentrieren und auf Kundenbedürfnisse eingehen.

Die Sprache der Zukunft

Eine Sprache ist nie perfekt oder abgeschlossen, sie ist ständig in Entwicklung. In den österreichischen Dialekten kommen heute z.B. zahlreiche englische Begriffe vor. Englisch ist auch die globale Wirtschaftssprache. Während es durchaus sein kann, dass sich in Zukunft alternative Sprachen für die globale Kommunikation etablieren, ist es heute mit Sicherheit kein Nachteil, Englisch zu lernen.

Die IT- und OT-Welten
wachsen immer weiter zusammen. Wirtschaftlichen Mehrwert verspricht man sich aktuell durch das Teilen von Daten in Datenräumen („Data Spaces“; z.B. Data Space 4.0). Deren Umsetzung baut wiederum auf gemeinsamer Kommunikation auf, hier spielen z.B. das Projekt Gaia-X oder die im FIWARE-Projekt entwickelten Standards eine Rolle. Dabei wird das Rad aber nicht neu erfunden: Für die Anbindung an die FIWARE-Infrastruktur steht z.B. bereits ein „OPC UA Agent“ zur Verfügung. In einem Gaia-X-konformen Datenraum werden Daten ebenfalls über OPC UA geteilt werden können. OPC UA selbst entwickelt sich ebenfalls weiter – mit Unternehmen aus der Energiebranche arbeitet man z.B. in einem Projekt zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) mit. Weitere Arbeitsgruppen beschäftigen sich z.B. mit der Verwendung von OPC UA in der Photovoltaik oder für Lasersysteme.

Bei Rosendahl Nextrom erleichtert der Einsatz von OPC UA derzeit die digitale Kommunikation, man kann sich dadurch besser auf die eigenen Aufgaben konzentrieren und auf Kundenbedürfnisse eingehen. Viele Funktionen werden unter Einbeziehung von OPC UA interoperabel realisiert, z.B. die Anbindung an MES- und ERP-Systeme, der vorausschauende Service mit Hilfe von künstlicher Intelligenz oder Berichte zur Overall Equipment Efficiency oder zum CO2-Fußabdruck. Weitere innovative Anwendungen folgen mit Sicherheit.

Lokale Eigenheiten, globale Anbindung

OPC UA ist ein komplexer Standard, der zahlreiche Funktionalitäten abdeckt und der in der Industrie vielfach zum Einsatz kommt. Ein gemeinsamer Standard heißt jedoch nicht, dass kein Bedarf mehr für andere oder proprietäre Systeme vorhanden ist. Vielmehr können erfolgreiche Unternehmen ihre Alleinstellungsmerkmale über OPC UA einfacher zugänglich machen, wie auch das Beispiel von Rosendahl Nextrom zeigt.

Wer weitere und aktuelle Informationen zu OPC UA erhalten möchte, kann z.B. im April die Hannover Messe besuchen. Dort wird es mehrere Programmpunkte mit Bezug zum Thema geben, u.a. Demos zu OPC UA mit der Asset Administration Shell (AAS) oder zu Datenräumen.

Hannover gilt übrigens auch als die Stadt, in der die Umgangssprache am ehesten dem Standarddeutsch entspricht. Die gute Nachricht zum Abschluss: österreichische Eigenheiten sind dort sowohl im Bereich Industrie 4.0 als auch sprachlich mit Sicherheit kein Nachteil…

Full Disclosure: Einige der genannten Unternehmen/Institutionen sind Mitglieder der Plattform Industrie 4.0. Die Plattform Industrie 4.0 ist außerdem Teil des Konsortiums im Data Space 4.0-Projekt und engagiert sich im Gaia-X Hub Austria.

(Weiterführende Links zum Beitrag: www.plattformindustrie40.at/factory-03-23)