Tech-Crasher : Wie wir unsere Innovationsbremsen loswerden

Digitaler Affenzirkus
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Wie Biologen im Urwald das soziale Gefüge von Affen beobachten, observiere ich seit längerem die digitalen Strategien so manches österreichischen Produktionsbetriebes und glaube dabei drei Charaktere entdeckt zu haben. Da gibt es zunächst einmal die „Kooperationswütigen“. Jene, die glauben im Zusammenschluss mit Start-ups ihren digitalen Gral gefunden zu haben. Eine schlimmere Variante davon: Die Akquisitionsmeister. Jene, die durch den Kauf solcher Start-ups dem Ganzen Nachdruck verleihen wollen. Dann gibt es noch die „Ignoranzbefürworter“, also jene die, wie der Vogelstrauß, den Kopf in den Sand stecken und diesen auch nicht so schnell wieder herausziehen wollen. Ich darf hier zitieren „Don’t touch my running system. Dieses Industrie 4.0 wird sich sowieso nicht durchsetzen.“ Und zuletzt – meine absoluten Favoriten – die „Powerpointgötter“. Selbsternannte digitale Experten, die Theorien und Thesen aus Büchern sammeln und diese bildgewaltig in Folienpräsentationen doch nur zu Grabe tragen. Alle drei sind zum Scheitern verurteilt – und warum? Weil sie die Digitalisierung gesamtheitlich betrachten.

Tayloristisches Kontrolldenken

In diesem Affenzirkus gibt es aber auch Hoffnung: Unternehmen, die ihre Strategie gefunden haben und einfach tun. Wie der Salzburger Kranhersteller Palfinger, den ich bei manchen Projekten beratend begleiten durfte. Dass dieser Weg für den Salzburger Traditionsbetrieb einfach ist, wäre gelogen, denn die „digitale Challenge“ ist enorm. Vor allem, wenn diese auf etablierte Strukturen trifft. Die Salzburger bilden hier keine Ausnahme. Nur hat man dort schnell erkannt, dass der einzige Weg, um diese konventionellen Organisationsformen durchbrechen zu können, einerseits über eine gesamtheitliche Unternehmensstrategie mit entsprechenden Digitalisierungszielen führt, und andererseits über viele kleine Schritte, wie zB das sogenannte „DigiLab“. Bei Palfinger ist das quasi eine digitale Vorentwicklung. Sie arbeiten nicht nach einem alten tayloristischen „Kontrolldenken“. Die Devise lautet hier: Freiräume schaffen und gemeinsam in die Fähigkeiten der Mitarbeiter vertrauen.

Natürlich praktiziert man dies bei Palfinger auch außerhalb vom DigiLab. Nach dem Prinzip „Fail Fast, Learn Fast“ werden so digitale Rezepturen gemeinsam mit den Fachabteilungen geboren. Und das auch bald mit einem eigenen IoT-Entwicklungsstandort in Wien. Um dem Ganzen eine Richtung zu geben, gibt es bei den Salzburgern noch einen dezidiert verantwortlichen Global Product Manager für Digitalisierung. Der Clou war den Richtigen dafür zu finden: Denn besagter Manager brauchte nicht nur Netzwerk-Kompetenzen, hohes Durchsetzungsvermögen und Kenntnisse in Soft- und Hardware, er oder sie brauchte vor allem hohe Akzeptanz und entsprechende Erfahrung in der Industrie.

Innovationsbremsen

Was lehrt uns das Palfinger Beispiel? Es ist unheimlich schwer ein Unternehmen gesamtheitlich digital auszurichten, ohne Rückendeckung des Vorstands oder des Eigentümers sowieso unmöglich. Für gewisse Themen (Telematik, IoT usw) braucht es eine hohe Digitalkompetenz im Unternehmen und die Erfahrung der Umsetzung von externen Spezialisten, um unnötige Fehler zu vermeiden. Aber das Wichtigste: Fehler gehören dazu, um daraus lernen zu können. Wer seine alten Strukturen nicht endlich überdenkt, wird immer mit Innovationsbremsen zu kämpfen haben.