Sprachassistenz : Was hat Eminem mit Instandhaltung zu tun?

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© Chris Pizzello / AP / picturedesk.com

Haben Sie schon einmal versucht mit öligen Fingern oder Arbeitshandschuhen einen Computer zu bedienen? Falls ja, haben Sie sicher die frustrierende Erfahrung gemacht, dass das ganz einfach nicht funktioniert. Mit diesem Problem haben Techniker täglich zu kämpfen, sofern sie sich überhaupt die Mühe machen und es versuchen. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass die meisten Techniker lieber drehen und schrauben, als mit dem Computer ihre Arbeit zu dokumentieren oder Ersatzteile zu bestellen. Das liegt nicht daran, dass die Techniker wie häufig angenommen, nicht die entsprechenden Digitalen Kompetenzen mitbringen, sondern viel mehr an nicht benutzerfreundlichen Systemen mit komplexen Prozessen, die ihren Arbeitsalltag nicht erleichtern, sondern viel mehr erschweren. Wie kann man also unter solchen Umständen die Instandhaltung erfolgreich digitalisieren? Die Lösung heißt Digitaler Assistent.

Mit einem Digitalen Assistenten kann der Techniker direkt vor Ort mittels Sprachsteuerung verschiedene Aufgaben erledigen. Was auf den ersten Blick schon intuitiv und logisch klingt, bietet auf den zweiten Blick viele reale Vorteile. Wo herkömmliche Programme häufig noch eine Nutzungsbarriere haben und intensive Trainings in der Benutzerführung benötigen, bietet der Digitale Assistent mit Sprachsteuerung die natürlichste und barriereärmste Eingabeform. Nach dem Setup lässt sich ein Digitaler Assistent ohne weitere Trainings durch die Sprache steuern und bietet heute schon eine hohe Qualität der Erkennung (2016 war die Fehlerrate bei der Spracherkennung nur noch 5% im Vergleich zu noch fast 30% im Jahr 2012 [1]). Durch die Ausführung direkt vor Ort lassen sich überflüssige Wege, wie zum Beispiel zurück ins Büro zum Prüfen von Dokumentation, vermeiden. Daraus resultieren schnelle und effiziente Prozesse.

Dokumentationen einfacher erstellen

Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die Einfachheit der Eingabe Dokumentation deutlich einfacher erstellt werden kann. Tippen und klicken sind nicht notwendig und so stellen weder Arbeitshandschuhe oder schmutzige Hände noch die fehlende Beherrschung des Tastenschreibens ein Hindernis dar. Verbessern sich dadurch Qualität und Quantität von Dokumentation, kann diese weiterführend ausgewertet werden und stellt damit die Grundlage zum Beispiel für Predictive Maintenance dar.

Digitale Assistenten machen sich zudem die künstliche Intelligenz zu nutzen, um weiter zu lernen. Ein Assistent, der heute schon Störungen melden kann und bei der Erfassung von Lösungen hilft, nutzt die gewonnene Erfahrung und lernt, bei der nächsten Störung eigenständig mögliche Lösungen vorzuschlagen.

Die Technologien, die für einen solchen Assistenten benötigt werden, sind heute bereits in einer Qualität verfügbar, die vor Jahren noch undenkbar war. Die Großen der Branche liefern sich eine regelrechte Schlacht um die Vorherrschaft im Bereich der Digitalen Assistenten für Consumer. Ob Siri, Alexa oder Cortana das Rennen machen, ist längst noch nicht entschieden. Sie alle haben jedoch eine Gemeinsamkeit, sie zielen bisher lediglich auf den Endkunden. Im industriellen Umfeld steckt das Thema digitaler Assistent noch in den Kinderschuhen, dabei ist vor allem dort enormes Potential versteckt.

Kennen Sie Eminem? Das Rolling Stone Magazin sagt, er habe ein Mundwerk, wie ein Maschinengewehr. Kein Wunder hält er nämlich den Weltrekord der meisten Wörter in einem Song. In „Rap God“ bringt er es auf ca. 256 Wörter die Minute [1]. Vergleicht man dies mit den durchschnittlich 40 Wörtern die Minute, die Otto-Normalverbraucher tippen kann, erkennt man schnell, welches Potential in der Spracheingabe steckt. Nun werden die wenigsten Techniker ähnlich schnell sprechen wie Eminem, es ist aber doch davon auszugehen, dass sie zumindest dem Durchschnitt entsprechen, der es noch auf respektable 150 Worte pro Minute bringt. Somit kann bei der reinen Texteingabe, zum Beispiel der Lösungsbeschreibung einer Störung, eine immense Beschleunigung des Prozesses erreicht werden.

Abkehr von menübasierter Navigation

Damit ist das Potential von Digitalen Assistenten allerdings noch lange nicht ausgeschöpft. Ein zweiter wichtiger Vorteil besteht in der Abkehr von der traditionellen menübasierten Navigation hin zum Conversational Interface. Musste man bisher wissen, wo man den Menüpunkt für eine bestimmte Aktion findet und um über mehrere Menüebenen dorthin zu navigieren, übernimmt dies nun der Assistent. Man muss dem Assistenten nur sagen, was man will und schon kann man mit der Eingabe beginnen. Das ist nicht nur deutlich schneller und komfortabler, es reduziert auch den Trainingsaufwand bei der Einführung einer neuen Lösung erheblich.

Zu guter Letzt darf ein weiterer Punkt nicht unerwähnt bleiben, das immer wieder umstrittene Multitasking. Auch wenn es schwierig ist, verschiedene Tätigkeiten wirklich gleichzeitig auszuführen, so schaffen es doch die meisten Menschen, zu sprechen während sie einer Tätigkeit nachgehen. Ein Techniker kann also durch die Spracherkennung Dokumentation erzeugen, während er noch mit der Problemlösung beschäftigt ist, in dem er zum Beispiel dem Digitalen Assistenten einfach die jeweiligen Schritte diktiert, die er in dem Moment ausführt.

Wer also Instandhaltungsprozesse effizienter gestalten möchte und dabei einen echten Schritt nach vorne machen will, anstatt nur inkrementell zu verbessern, der sollte sich unbedingt mit dem Thema Digitaler Assistent auseinandersetzen.

Zur Person: Christine Geier ist seit November 2016 Chief Operating Officer bei Tablet Solutions. Die Wirtschaftsinformatikerin bringt langjährige, internationale Erfahrung aus dem Bereich der Mobile Field Solutions und dem IT Management mit. Zuletzt war sie fünf Jahre lang bei Thyssenkrupp Elevator im Headquarter in Essen für die SAP-basierten Field Solutions verantwortlich.