Stahlindustrie : Innovation: Linzer baut 3D-Kamera für Hochöfen

Simon Vogel VoXel
© VoXel

Eine Time-of-Flight-Kamera (ToF) kann Objekte mit Hilfe von Infrarotlicht dreidimensional ermitteln und am Bildschirm darstellen. Zukünftig wird das auch im Hochtemperaturbereich oder unter Wasser möglich sein, denn die VoXel Interaction Design aus Linz verschob in monatelanger Forschungsarbeit den Aufnahme-Lichtfrequenzbereich. Die Stahlindustrie zeigt bereits Interesse an der Neuentwicklung. Unterstützt hat das Kooperationsprojekt die „Particle Flow Modelling“-Abteilung der Johannes Kepler Universität Linz und das Förderprogramm easy2innovate des Landes OÖ.

Unverfälschte Aufnahmen

Time-of-Flight-Kameras arbeiten normalerweise im Infrarot-Frequenzbereich, also außerhalb des für den Menschen sichtbaren Lichts. Der Infrarot-Lichtbereich zeigt allerdings ToF-Sensoren Grenzen auf: Aufnahmen im Hochtemperaturbereich funktionieren nicht, da die Hitze zu viel Infrarotlicht erzeugt und die Aufnahme verfälscht. Gleiches gilt für Aufnahmen unter Wasser, das dieses Licht stark absorbiert. Es ist, als würde man im Dunkeln ohne Fernlicht fahren.

Einfache Idee, große Wirkung

Die Linzer VoXel Interaction Design, ad personam Simon Vogl, verlegte in monatelanger Forschungsarbeit mit der „Particle Flow Modelling“-Abteilung der Johannes Kepler Universität Linz kurzerhand den Messbereich von Infrarot in das kurzwelligere blau/grün“-Frequenzband. Die Idee war simpel und erfolgsversprechend, die Umsetzung anspruchsvoll. Die Umgebung sendet im Frequenzband „blau/grün“ weniger störendes „Streulicht“. Mit anderen Worten: Die Objekte, deren Konturen sowie Entfernungen auch im Hochtemperaturbereich bzw. unter Wasser werden viel besser sichtbar. So entstand die „GreenToF“-Kamera, mit der VoXel auf großes Kundeninteresse stieß.

Wozu braucht man GreenToF-Kameras?

Beispielsweise wenn es festzustellen gilt, ob in Kokereiöfen das feuerfeste Schamott durchgehend intakt ist – bei einer Hitze von ca. 800 Grad Celsius wird der „normale Blick“ ins Innere zur Herausforderung. Das funktioniert so: Die Kamera vermisst die Innenseiten des Ofens, sprich die Distanzen, wie eine Webcam. Am Bildschirm wird eine Wandstruktur sichtbar. Gibt es im Vermessungsverlauf merkliche Unregelmäßigkeiten bei den Entfernungen, kann man von Schäden am Schamott ausgehen und Konsequenzen ziehen. Damit werden gezielt Stahlwerksbetreiber, deren Vermessungsbüros sowie Erzeuger von Industrieöfen angesprochen. Mit der GreenToF-Kamera haben sie ein Werkzeug für ihr „Ofen-Monitoring“ und zur Positionsbestimmung von Brammen oder Knüppeln in der Hand.

Eine Kamera zum Abtauchen

Selbiges Prinzip funktioniert auch unter Wasser. Man könnte eine GreenToF-Kamera beispielsweise anstatt eines Sonars auch als Navigationssystem am Schiffsrumpf verwenden und durch Engstellen navigieren oder für Inspektionsaufgaben benutzen. Summa summarum könnten mit dieser Technik vielversprechende Potenziale erschlossen werden. Übrigens gibt es für Unterwasseranwendungen bereits Anfragen aus Europa und den USA.

Mit easy2innovate zum Technologie-Prototyp

Damit ein Technologie-Prototyp gelingen konnte, mussten zuerst eine geeignete Lichtquelle gefunden, danach adäquate optische Filter gesucht und beurteilt sowie eine wasserdichte Kapselung für das 3D-Kamerasystem entwickelt werden. Gemeinsam mit dem Projektpartner, der Abteilung „Particle Flow Modelling“ der Johannes Kepler Universität Linz, implementierte VoXel den Signalverarbeitungs-Algorithmus. Dass die „GreenToF“-Kamera auch funktioniert, wurde im Labor sowohl im Hochtemperaturbereich als auch bei Unterwassermessungen bestätigt. Auch auf freiem Gelände hat sich die innovative Musterkamera schon bewährt. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Forschungspartner und den 25.000 Euro aus der Programmlinie easy2research konnte VoXel Interaction Design die Idee zum erfolgreichen Prototyp führen.