Fachartikel : Worthington Industries: Technische Prüfung von Druckbehältern

Industrie Sicherheitsprüfungen an Druckbehältern am Beispiel von rtahlfl AMID PR - Press'n'Relations Worthington
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Für den Transport und die Lagerung von verdichteten, unter Druck verflüssigten und unter Druck gelösten Gasen kommen verschiedene Arten von Druckbehältern zum Einsatz. Nahtlose Gasflaschen aus Stahl sind aufgrund ihrer robusten Bauart und hohen Effizienz die gebräuchlichsten Druckbehälter im Bereich des Gefahrguttransportes und anderer Anwendungen. Die Betriebsdrücke dieser Gasflaschen betragen üblicherweise 200 bar oder 300 bar, der meist verwendete Fassungsraum liegt bei einem Volumen von 40 Liter bis 50 Liter. Aufgrund des sich daraus ergebenden beträchtlichen Gefahrenpotenzials unterliegen Gasflaschen umfassenden gesetzlichen Bestimmungen. Diese reichen von der Art des verwendeten Werkstoffs über die Herstellung und Verwendung bis hin zur wiederkehrenden Überprüfung der Gasflasche. Typische Anwendungsfälle für nahtlose Gasflaschen aus Stahl sind neben dem Industriegasebereich beispielsweise Gasflaschen als Kraftgastanks (Erdgas oder Wasserstoff) für Fahrzeuge, kleinere Flaschen für Atemschutz- und Tauchgeräte sowie Flaschen in Feuerlöschsystemen.

Prüfungen im Herstellungsprozess

Die Herstellung von nahtlosen Gasflaschen aus Stahl erfolgt entweder durch Schmieden aus einem Stahlblock, Fertigung aus einem nahtlosen Stahlrohr oder Pressen aus einem Flachblech. Die Bezeichnung „nahtlos“ bedeutet, dass die Flasche aus einem Stück gefertigt wird und keinerlei Schweißverfahren angewendet werden. Folgende typische Fertigungsschritte bis zur einsatzfähigen Gasflasche sind nötig: Zuschnitt des Vormaterials (Block, Rohr oder Blech), Formgebung, Schließen der offenen Enden, Wärmebehandlung, Gewindebearbeitung, Reinigung, Anbringen der Schriftprägung, Lackierung sowie Montage von Ventilen und Ausrüstungsteilen. Parallel zur Fertigung werden zahlreiche Prüfungen und Inspektionen durchgeführt, viele davon sind gesetzlich vorgeschrieben und die Details zur Durchführung inklusive der Annahmekriterien sind oftmals in den einschlägigen technischen Normen enthalten. Die chemische Zusammensetzung des Vormaterials ist in Grenzen, weit enger als in den gängigen Stahlspezifikationen, vorgegeben. Die Durchführung der chemischen Analyse des Stahles obliegt dem Stahlhersteller, der die Ergebnisse in Form von Prüfbescheinigungen bereitstellt. Die Richtigkeit dieser Angaben wird durch den Flaschenhersteller regelmäßig durch Nachanalysen überprüft.

Nach der Umformung wird bei Flaschen, die aus dem Block oder aus Blech hergestellt sind eine zerstörungsfreie Prüfung mittels Ultraschall durchgeführt. Bei Flaschen, die aus dem Rohr hergestellt werden, wird üblicherweise bereits das Rohrmaterial der Ultraschallprüfung unterzogen. Die Prüfung muss jedenfalls vor dem Schließen der offenen Enden erfolgen und zumindest jenen Teil des Flaschenabschnittes umfassen, der nach dem Schließen die Flaschenschulter - und bei aus Rohren hergestellten Flaschen auch den Boden - bildet. Ziel ist es, jene Fehler zu erkennen, die bei geschlossener Flaschenschulter bei der Ultraschallprüfung des zylindrischen Teiles nach erfolgter Wärmebehandlung nicht mehr detektiert werden können. Zusätzlich zur Prüfung auf Fehler kann vor dem Schließen der offenen Enden auch bereits eine Messung der Wanddicke vorgenommen werden sowie eine visuelle Beurteilung der inneren und äußeren Oberfläche.

Danach erfolgt die Wärmebehandlung, die den Flaschen die gewünschten Festigkeiten und mechanischen Eigenschaften verleiht und entweder aus Härten und Anlassen (Vergüten) besteht oder bei Flaschen mit niedrigen Festigkeiten aus Normalglühen. Neben der Überwachung und Aufzeichnung der Temperaturen und Parameter von Härteofen, Härtebad und Anlassofen wird jede Flasche nach erfolgter Wärmebehandlung einer Härteprüfung unterzogen. Je nach Normanforderung wird die Flasche dabei an einer oder mehreren Stellen geprüft. Das Ergebnis der Härteprüfung muss mit dem vorgegebenen Festigkeitsbereich korrelieren. Zur Entfernung des Zunders, der sich während der Wärmebehandlung gebildet hat, wird die Oberfläche sandgestrahlt und anschließend eine Überprüfung des Flaschendurchmessers und der Unrundheit durchgeführt.

Im nächsten Schritt wird das Flaschengewinde hergestellt und falls gewünscht ein Halsring zur späteren Anbringung einer Ventilschutzkappe montiert. Alle Flaschengewinde, entweder kegelig oder zylindrisch ausgeführt, werden mit Gewindeprüflehren sowie visuell überprüft. Um auch feine Risse, die visuell schwer wahrzunehmen sind, zu detektieren, erfolgt eine zusätzliche Prüfung der Gewinde mit einer Wirbelstromprüfanlage.

Nach einer gründlichen Reinigung der Flaschen folgen Prüfschritte wie visuelle Überprüfung der Oberfläche, zerstörungsfreie Prüfung des zylindrischen Teiles mittels Ultraschall, Wanddickenmessung mittels Ultraschall und die gesetzlich vorgeschriebene Druckprüfung. Bei der visuellen Kontrolle werden Merkmale wie Riefen, Einpressungen, Überlappungen, Risse, Beulen und Dellen an der äußeren und inneren Oberfläche und im Gewinde beurteilt. Zur Innenbesichtigung kommen Hilfsmittel wie Endoskop und Spiegel zum Einsatz. Einige Arten von Ungänzen dürfen repariert werden, zum Beispiel durch örtliches Schleifen, und müssen danach einer neuerlichen Kontrolle und Messung der Wanddicke im betroffenen Bereich unterzogen werden.

An allen Flaschen wird eine Ultraschallprüfung im zylindrischen Teil durchgeführt. Dabei wird im Impuls-Echo-Verfahren einerseits die Wanddicke gemessen sowie eine Abtastung auf längs- bzw. quer orientierte Fehler vorgenommen. Die Justierung der Ultraschallprüfanlage erfolgt anhand von außen- und innenliegenden Bezugskerben in Längs- und Umfangsrichtung, die in einen Flaschenabschnitt eingebracht wurden. Die Tiefe der Bezugskerben beträgt 5% der garantierten Mindestwanddicke der zu prüfenden Flaschen. Bei der Prüfung wird die rotierende Flasche durch die sich in Längsrichtung bewegenden Ultraschallprüfköpfe abgetastet, sodass eine schraubenförmige Abtastung auf der Flasche ausgeführt wird. Die Steigung der Schraubenlinie wird so gewählt, dass eine 100-prozentige Abdeckung sichergestellt ist. Flaschen die eine Unterschreitung der garantierten Mindestwanddicke oder Fehlerechos größer als jene von den Bezugskerben aufweisen, müssen ausgeschieden werden.

Als zentrale Prüfung bei der Flaschenherstellung gilt die gesetzlich vorgeschriebene hydraulische Druckprüfung. Dabei wird in den mit Wasser gefüllten Flaschen der Druck bis zum Prüfdruck - der meist das 1,5-fache des Betriebsdruckes beträgt - erhöht, und für eine Dauer von mindestens 30 Sekunden gehalten. Während dieser Haltezeit dürfen kein Druckabfall, keine sichtbare Verformung und keine Undichtheit auftreten. Im Zuge der Druckprüfung erfolgen ebenfalls die Ermittlung des Fassungsraumes und des Leergewichtes der Flaschen, sowie die Zuordnung zu einer eindeutigen Seriennummer. Nach der Druckprüfung dürfen keine Arbeitsschritte mehr vorgenommen werden, welche die Wanddicke verringern oder die mechanischen Eigenschaften des Stahles verändern.

Als letzte Fertigungsschritte erfolgen die Anbringung der Kennzeichnung in Form einer Prägung auf der Flaschenschulter, die Beschichtung der Flasche und die Endausfertigung mit einer abschließenden Innenreinigung sowie der Montage von Ventilen und Ausrüstungsteilen. Folgende Prüfungen werden durchgeführt: Kontrolle der Prägungen auf Vollständigkeit und Lesbarkeit; Dicke, Haftfestigkeit und Farbton der Beschichtung; Kohlenwasserstoffgehalt, Partikelgehalt und Taupunkt des Flascheninneren; Montagedrehmoment während des Ventileinbaus; visuelle Beurteilung des Gesamterscheinungsbildes und der Verpackung.

Zerstörende Werkstoffprüfung

Begleitend zur Fertigung werden durch den Inspektor Flaschen ausgewählt, bei denen zumindest die Wärmebehandlung durchgeführt wurde, und die der zerstörenden Werkstoffprüfung unterzogen werden. Pro 202 gefertigten Flaschen gleicher Stahlsorte und Flaschentype werden zwei Flaschen entnommen, eine für die mechanischen Prüfungen, die zweite für die Berstprüfung. Andere Losgrößen und abweichender Prüfumfang sind je nach anzuwendenden Vorschriften und Normen möglich.

Im Allgemeinen werden folgende mechanischen Prüfungen durchgeführt, wobei die Probestücke aus einem Abschnitt des zylindrischen Teiles der Flasche herausgearbeitet werden: Ein Zugversuch in Längsrichtung, Biegeversuche in Umfangsrichtung, Kerbschlagbiegeversuche in Längs- oder Querrichtung, abhängig vom Flaschendurchmesser. Beim Zugversuch werden mit einer Zugprüfmaschine die Zugstäbe bei Raumtemperatur gerissen und dabei die Parameter Streckgrenze, Zugfestigkeit und Bruchdehnung gemessen und überprüft. Bei Flaschen mit hoher Festigkeit sind Werte für die Zugfestigkeit von 1100 N/mm2 bis 1300 N/mm2 üblich. Beim Biegeversuch wird ein streifenförmiger Flaschenabschnitt nach innen über einen Dorn gebogen. Zum Nachweis der plastischen Verformbarkeit dürfen dabei keine sichtbaren Risse entstehen. Beim Kerbschlagbiegeversuch werden drei gekerbte Proben (Charpy-V) mit einem Pendelhammer durchschlagen und die dazu nötige durchschnittliche Schlagenergie bestimmt. Die Schlagenergie ist temperaturabhängig und nimmt mit fallender Temperatur ab. Um die ausreichende Zähigkeit des Stahles bei tiefen Temperaturen nachzuweisen, werden die Proben für den Versuch auf eine Temperatur von -50°C gekühlt.

Bei der Berstprüfung wird in eine mit Wasser gefüllte Flasche so lange Wasser hinzugepumpt bis es zum Bersten der Flasche kommt. Der höchste während der Berstprüfung auftretende Druck ist der sogenannte Berstdruck, der mindestens das 1,6-fache des Druckes der hydraulischen Druckprüfung betragen muss. Beispiel: Eine Flasche mit einem Betriebsdruck von 300 bar muss bei der hydraulischen Druckprüfung mit 450 bar geprüft werden und bei der Berstprüfung einen Berstdruck von mindestens 720 bar aufweisen. Während der Berstprüfung muss die Flasche in einem Stück bleiben und der Berstbruch muss hauptsächlich im zylindrischen Bereich der Flasche verlaufen und darf nicht spröde sein.

Prüfungen an Acetylengasflaschen

Flaschen, die mit dem Gas Acetylen (Ethin) verwendet werden sollen, müssen mit einem porösen Material gefüllt sein, welches wiederum mit einem Lösungsmittel, meist Aceton, getränkt ist. Im Aceton wird das Acetylen bei einem Betriebsdruck von max. 19 bar gelöst. Das poröse Material verhindert den explosionsartigen Zerfall des Acetylens. Eine gleichförmige Verteilung innerhalb der Flasche und eine ausreichende Druckfestigkeit des porösen Materials sind daher von größter Bedeutung.

Um sicherzustellen, dass die vorgesehene Menge an Acetylen gefahrlos in die Flasche gefüllt werden kann, ist auch das Maß der Porosität (üblicher Wert: 89-92%) und die richtige Menge an Lösungsmittel entscheidend. Prüfungen am porösen Material, die an jeder Flasche durchgeführt werden sind die Ermittlung der Dichte und die visuelle Kontrolle des porösen Materials durch die Gewindeöffnung der Flasche vor dem Befüllen mit Lösemittel und danach, sowie eine Kontrolle mit einer Spaltlehre. Dabei wird darauf geachtet, dass keine Risse und Abbröckelungen vorhanden sind und das poröse Material nicht abgesunken ist. Mittels Spaltlehre wird der Spalt zwischen Flaschenwand und porösem Material geprüft, der den vorgegebenen Wert laut Zulassung nicht überschreiten darf (z.B. max. 2 mm Spalt zulässig). Nach dem Befüllen mit Lösemittel werden alle Acetylenflaschen gewogen und das dabei ermittelte Tara-Gewicht überprüft. Stichprobenartig werden zerstörende Prüfungen durchgeführt, wobei aus fertigen Flaschen würfelförmige Proben des porösen Materials herausgeschnitten und die Druckfestigkeit und Porosität ermittelt werden.

Konformitätsbewertung und Zertifizierung

Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass an allen Gasflaschen eine Bewertung der Konformität gemäß den gültigen Vorschriften durchgeführt wird. Diese obliegt in den meisten Fällen einer unabhängigen Prüfstelle und setzt sich aus Baumusterprüfungen, Überwachung der Fertigung und Erstprüfungen zusammen. Bei positivem Ausgang aller Prüfungen stellt die Prüfstelle ein Konformitätszertifikat aus.

Zusammenfassung

Gasflaschen enthalten Gase unter hohem Druck und stellen somit ein nicht unerhebliches Gefahrenpotential dar. Um sicher zu stellen, dass nur fehlerfreie, gefahrlos verwendbare Flaschen auf den Markt kommen, bestehen gesetzliche Regelungen und Normen, die bereits im Zuge der Herstellung umfangreiche Prüfungen vorschreiben. Beispielsweise wird an jeder Flasche eine hydraulische Druckprüfung beim 1,5-fachen des Betriebsdruckes durchgeführt. Weitere Prüfungen wie Härteprüfung, Ultraschallprüfung und zerstörende Werkstoffprüfung gewährleisten ein hohes Sicherheitsniveau. Die Bewertung der Konformität und die Zertifizierung wird von einer unabhängigen Prüfstelle durchgeführt.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.wthg.at

Literaturhinweise:

EN ISO 9809-1, Gasflaschen – Wiederbefüllbare nahtlose Gasflaschen aus Stahl – Gestaltung, Konstruktion und Prüfung – Teil 1: Flaschen aus vergütetem Stahl mit einer Zugfestigkeit kleiner als 1100 MPa

EN ISO 9809-2, Gasflaschen – Wiederbefüllbare nahtlose Gasflaschen aus Stahl – Gestaltung, Konstruktion und Prüfung – Teil 2: Flaschen aus vergütetem Stahl mit einer Zugfestigkeit größer oder gleich 1100 MPa

EN ISO 9809-3, Gasflaschen – Wiederbefüllbare nahtlose Gasflaschen aus Stahl – Gestaltung, Konstruktion und Prüfung – Teil 3: Flaschen aus normalisiertem Stahl

ÖNORM ISO 11625, Gasflaschen – Sichere Handhabung

ISO/TR 16115, Gas cylinders – Classification of imperfections arising during the manufacture of seamless steel and aluminium alloy gas cylinders

EN ISO 9712, Zerstörungsfreie Prüfung – Qualifizierung und Zertifizierung von Personal der zerstörungsfreien Prüfung

EN ISO 11363-1, Gasflaschen – 17E und 25E kegeliges Gewinde zur Verbindung von Ventilen mit Gasflaschen – Teil 1: Spezifikationen

EN ISO 11363-2, Gasflaschen – 17E und 25E kegeliges Gewinde zur Verbindung von Ventilen mit Gasflaschen – Teil 2: Prüflehren

EN ISO 15245-1, Ortsbewegliche Gasflaschen – Zylindrische Gewinde für den Anschluss von Ventilen an Gasflaschen – Teil 1: Spezifikation

EN ISO 15245-2, Ortsbewegliche Gasflaschen – Zylindrische Gewinde für den Anschluss von Ventilen an Gasflaschen – Teil 2: Prüflehren