Sensorik : Wittenstein: Fingerspitzengefühl für Maschinen

Sensoren
© Wittenstein

In der industriellen Mensch-Roboter-Kollaboration gewinnt der maschinelle Tastsinn an Bedeutung. Er kann Robotern helfen, Objekte unterschiedlicher Größe, Form, Ausrichtung oder Beschaffenheit sicher zu greifen. In der Mensch-Roboter-Kollaboration bietet ein messbares, haptisches Feedback elektromechanischer Finger und Manipulatoren sowie von industriellen Greifsystemen Potenzial für neue Lösungen und für mehr Sicherheit in der Interaktion von Mensch und Maschine.

Damit Maschinen ihre Umgebung haptisch wahrnehmen können, hat Wittenstein miniaturisierte Mehrachssensoren entwickelt. Diese sollen die hochpräzise Messung von Kräften und Drehmomenten in engen Räumen erlauben. Mit dem HEX12 ist laut Hersteller der kleinste sechsachsige Kraft-Drehmomentsensor der Welt entstanden.

Erfassung der Kräfte und Drehmomente

Die sechsachsigen Kraft-Drehmomentaufnehmer HEX12 und HEX21 messen in den drei translatorischen und rotatorischen Raumrichtungen. Dabei liegt ihnen ein resistives Messprinzip mittels Dehnungsmessstreifen zugrunde. Die mit einer Messfrequenz von einem Kilohertz aufgenommenen analogen Spannungssignale werden über einen Flexleiter an die Elektronikeinheit transportiert und dort mithilfe der Kalibriermatrix in Kräfte und Drehmomente umgerechnet. Die Messauflösung liegt bei weniger als 1 g. Auch ein auf einer Roboterhand landender Nachtfalter würde detektiert werden. Die Sensordaten können mit Hilfe des F/T-Explorers als Desktop-Applikation in Echtzeit visualisiert, aufgezeichnet und als Messwerte in eine Steuerung oder eine Anwendung exportiert werden. Aufnehmer und Elektronik sind als Plug-and-Measure-Sensor-Kit verfügbar, wodurch eine schnelle Inbetriebnahme gewährleistet ist. Für die optimale Integration ist nicht allein die besondere Miniaturbaugröße ausschlaggebend, sondern auch die Möglichkeit, Kabel oder mechanische Elemente durch die Hohlwelle der Kraft-Drehmomentaufnehmer zu führen.

Miniaturisierung durch disruptives Fertigungskonzept

Die Einsatzgebiete, für die die Sensoren entwickelt wurden, erfordern für die optimale Maschinenintegration ein Höchstmaß an Miniaturisierung. Diese bedeutet in der Regel eine filigrane Fertigung, die oftmals mit diffizilen Prozessen und höheren Kosten verbunden ist. Dabei darf die Wirtschaftlichkeit der Sensorlösung nicht außer Acht gelassen werden, denn ihr Preis muss in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Endprodukt, beispielsweise einer Roboterhand oder einem Backengreifer, stehen. Wittenstein hat daher für die HEX-Sensoren ein besonderes, disruptives Fertigungskonzept umgesetzt. Hierbei werden die 4 mm² großen Dehnungsmessstreifen planar auf einen mehrteiligen Grundkörper aus Titan aufgeklebt und mittels Flexleiter kontaktiert. Der Grundkörper wird dann zu einer Hexapodstruktur aufgerollt. Dadurch ist es möglich, Außendurchmesser zwischen 6 und 30 mm bei gleichzeitiger Hohlwelle zu erreichen und mit dem HEX12 und seinen nur 12,5 mm Außendurchmesser den laut Unternehmen kleinsten, sechsachsigen Kraft-Drehmomentsensor der Welt herzustellen.

Anwendungsgebiete der Entwicklungen sind unter anderem die industrielle Robotik und Automatisierung, beispielsweise bei speziellen Bin-Picking-Greiftätigkeiten. Die Sensoren können zudem bei kraftgeregelten Mikromontageprozessen in der Elektronik- oder Halbleiterindustrie eingesetzt werden.