Nachgefragt : Wie Magna Steyr die Instandhaltung optimiert

Leonhardsberger
© Magna Steyr

Herr Leonhardsberger, Sie werden bei den Instandhaltungstagen 2017 zum Thema ‚Zulieferrichtlinien – Standardisierung als Basis des Erfolges in der Optimierung Ihrer Instandhaltung.‘ sprechen. Wie viele Richtlinien und Normen müssen Sie aktuell für Ihren Bereich verwalten bzw. berücksichtigen?

Leonhardsberger: Grundsätzlich muss man zwischen Richtlinien bzw. Normen unterscheiden, die Allgemeingültigkeit haben sowie technischen internen Unternehmensstandards und technischen Lastenheften. Wenn bei Magna Steyr im Karosseriebau von Standardisierung gesprochen wird, handelt es sich um technische Vorgaben, die wir an unsere Lieferanten stellen. Wir bewegen uns derzeit im Bereich von ca. 100 Vorgabedokumenten, die ein Anlagenlieferant bei einer schlüsselfertigen Karosseriebauanlage berücksichtigen muss.

Sie setzen beim Management der Richtlinien und Normen auf eine spezielle Software. Seit wann arbeiten Sie hier mit einem Tool von Eplan und wie hatten Sie diesen Bereich vor der Software-Einführung organisiert?

Leonhardsberger: Die Software der Firma Eplan wird seit 2003 bei Magna Steyr im Karosseriebau eingesetzt. Heutzutage wäre es für uns unvorstellbar, die riesigen Umfänge der Elektropläne der Anlagen mit einem Automatisierungsgrad von über 90 %, ohne dieser Software zu managen. Einen Standard für Elektropläne gab es nicht. Die Elektroplan Dokumentation in Papierform wurde per Hand angepasst und aktualisiert.

Welche Vor- und Nachteile ergeben sich für Sie aus diesem Tool? Was bedeutet es für Sie im Hinblick auf die notwendige Standardisierung?

Leonhardsberger: Aus meiner Sicht ergeben sich mehr Vorteile als Nachteile, z.B. Zeitersparnis, hohe Automatisierung bei Auswertungen, geringer Konstruktionsaufwand, niedrige Fehlerquote und die einfache Möglichkeit der Pflege der Elektropläne im Anlagenbetrieb. Im Hinblick auf die Standardisierung, ist es ein zentrales Thema vollständige Vorgaben zur E-Planausführung zu machen. Ohne diese Vorgaben würde in der Konstruktionsphase bei den verschiedenen Anlagenlieferanten eine hohe Variation an verschiedenen Ausführungen der E-Pläne entstehen. Dies würde wiederum für die Instandhaltung der einzelnen Karosseriebauten zu einem hohen Mehraufwand führen. Somit sind Vorgaben wie z.B. standardisierte Mustervorlagen unerlässlich.

Und generell – was versteht ein großer Industriebetrieb wie Magna Steyr unter Standardisierung?

Leonhardsberger: Die umfangreiche Anwendung von standardisierten Komponenten und technischen Lösungen ermöglicht eine intensive Analyse-, Test- und Absicherungsphase aufgrund geringerer Variantenvielfalt und ist das Grundprinzip der Technologiestandardisierung. Zusätzlich führen verbesserte Qualität und Funktionszuverlässigkeit der einzelnen Komponenten im Verbund zu einer gesteigerten Performance im Gesamtsystem. Des Weiteren bietet eine Standardisierung der Anlagentechnik die Möglichkeit, sich auf die wesentlichen produktspezifischen Planungsaufgaben in der Projektphase zu fokussieren. Das bedeutet wiederum eine verbesserte Qualität der Planungsergebnisse. In Bezug auf den Anlagenbetrieb ergeben sich durch Standardisierung einerseits Vorteile durch einfache, weil einheitliche, Systembedienung. Andererseits sinkt der Instandhaltungs- und Störbehebungsaufwand durch einheitliche Störbehebungsstrategien und reduzierter Systemkomplexität. Die größte Herausforderung für einen Multi-OEM Auftragsfertiger, wie Magna Steyr Graz ist jedoch, eine einheitliche Anlagenstandardisierung in Bezug auf Hardware wie auch Software umzusetzen und das mit den Vorstellungen der verschiedenen Kunden zu vereinen.

Herr Erasmus, wie unterstützen Sie große Industriebetriebe wie Magna Steyr bei der Standardisierung Ihrer Richtlinien und Normen? Und ganz kurz - wie funktioniert die Einführung eines derartigen Systems?

Erasmus: Für Betreiber sind valide Anlagendokumentationen und Dokumente, die den tatsächlichen Stand der Anlage beschreiben, ein Muss. Diese Dokumentationen müssen gängige Standards und Normen berücksichtigen. Techniker orientieren sich immer an Richtlinien wie z.B. EMV Richtlinie 89/336/EWG, Niederspannungsrichtlinie 93/68/EWG oder auch Normen wie IEC 81346 oder DIN EN 1219.

Im Zusammenspiel von Anlagenbetreibern und Zulieferern sind Zulieferrichtlinien unumgänglich. In den Zulieferrichtlinien können Betreiber alle Einstellungen und Parameter definieren. Jeder Plan wird aus Vorlagen und Musterdokumenten erstellt. Somit kann ein firmenweit gleichbleibender Standard garantiert werden. Die Qualität der Dokumentationen ist nicht mehr individuell vom Anwender der Hardwareprojekte anhängig.

Durch diese Maßnahmen kann ein hoher Grad an Standardisierung erreicht werden. Dies und eine gute Struktur sind der Schlüssel, um mit funktionsorientiertem Engineering zu einer korrekten, soliden Systemarchitektur zu kommen. Darauf aufbauend können später Designprozesse optimiert bzw. automatisiert werden.

Und zu guter Letzt – warum kommen Sie zu den Instandhaltungstagen?

Erasmus: Ich bin seit Jahren treuer Besucher der Instandhaltungstage und beteilige mich auch aktiv durch Beiträge im Instandhaltungsjahrbuch bzw. durch die Einreichung von Vorträgen an der Mitgestaltung der Veranstaltung. Außerdem ist das Unternehmen Eplan seit langem Mitglied der MFA. Ich denke persönlich, dass die Berufsgruppe der Instandhalter sehr wichtig im gesamten Wertschöpfungsprozess eines Industrieunternehmens ist und deshalb versuche ich immer wieder die Vorteile anzusprechen, die wir als Eplan den Betreibern bieten können. In diesem Jahr setze ich mit dem Vortrag, den ich gemeinsam mit der Firma Magna Steyr halte, auf das Thema Standardisierung und Verwendung von Zulieferrichtlinien. Ich hoffe den Besuchern Möglichkeiten aufzeigen zu können, wie sie durch Standardisierung einen Mehrwert für die Instandhaltung erzielen.

Und Sie Herr Leonhardsberger?

Leonhardsberger: Ich bin überzeugt, dass die Teilnahme an ausgewählten Fachtagungen ein wichtiger Bestandteil in unserem Geschäftsumfeld sein sollte, um ständig persönlich sowie für das Unternehmen den Horizont zu erweitern. Ganz nach dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber“ werden wir mit einem Vortrag am Kongresstag der Instandhaltungstage teilnehmen.

Die Instandhaltungstage (04. bis 06. April 2017, Klagenfurt) sind ein beliebter Branchentreffpunkt für Experten und Praktiker aus der Instandhaltung mit einer stark wachsenden Nachfrage. Vernetzung, Erfahrungs- und Wissensaustausch stehen im Mittelpunkt.