Betriebsenergie : Wie die Transalpine Ölleitung das Gefälle zur Energierückgewinnung nutzt

Kremsmüller
© Kremsmüller

Er ist mehr als das Tor zwischen Salzburg und Osttirol. Über den Felbertauern, einen 2.460 m hohen Gebirgspass in den Hohen Tauern, führt eine mächtige Energieader Europas. Neben der 380-kV-Leitung von Kaprun nach Lienz läuft auch die Ölpipeline der TAL (Transalpine Ölleitung) und ihrer Ländergesellschaften Italien, Österreich und Deutschland von Triest über den seit der Stein- und Bronzezeit genutzten Übergang von Süd nach Nord. Das Einzigartige daran ist die Energierückgewinnung dieser Anlage. Die von dem Welser Spezialist für Industrieanlagenbau Kremsmüller entwickelte Energierückgewinnungsstation nutzt nämlich ähnlich einem Pumpspeicherkraftwerk das enorme Gefälle, um sich selbst mit Energie zu versorgen.

Das dahinterliegende Prinzip ist denkbar einfach: Jene Pumpen, die das Öl aufwärts über die Bergkette fördern, werden mit dem gewonnenem Strom aus den frei werdenden Abwärtskräften betrieben. Dabei können gewaltige Kräfte genutzt werden. Denn das Rohöl, das vom Hafen in Triest mittels Pipelines nach ganz Europa transportiert wird, gelangt über die Nordseite des Felbertauerns mit enormem Druck etwa 300 Meter abwärts in Richtung Taimeralm. Und genau jene Kräfte, die dabei frei werden, werden wie in einem Wasserkraftwerk in elektrische Energie verwandelt, um wiederum die Pumpen an der Südseite des Berges mit der nötigen Energie zu speisen. Der Welser Spezialist für Industrieanlagenbau Kremsmüller schaffte es, dafür ein komplexes Gesamtprojekt zu realisieren - und das in sehr kurzer Zeit.

In 96 Stunden im Vollbetrieb

Der Fachbereich Rohrleitungsbau des Anlagenbauers sorgte für die komplette Verrohrung inklusive Armaturen, Sicherheitsventilen und Sensorik der gesamten Energierückgewinnungsstation, von der Planung bis zur Inbetriebnahme. Die Einbindung des Energiesystems in die Bestandsleitung wurde nämlich in extremer Kürze erledigt, ein Shut-Down von 96 Stunden reichte, dann war die Anlage voll am Laufen. Für die Station wurden Rohre in Größen von DN 25 bis DN1000 und Wandstärken bis 17,5 mm gefertigt und verbaut. Das gesamte Projekt wurde zwischen März und August 2016 abgewickelt. Nach der offiziellen Abnahme lief ab Dezember der Probebetrieb – reibungslos.

12 Prozent Einspareffekt

Die neue Energierückgewinnungsanlage Taimeralm erzeugt seit ihrem Betrieb Ende 2016 durch die Nutzung der Gefällestrecke der Pipeline zwischen Felbertauern und Mittersill rund 12 Prozent des derzeitigen Energieverbrauchs der gesamten TAL in Österreich. Das ergibt netto immerhin etwa 10 bis 11,5 GWh Ersparnis im Jahr. Das Investitionsvolumen lag dafür - inklusive Kraftwerk und Leitungsnetz - bei rund zehn Millionen Euro. Gestartet wurde im Frühjahr 2015 mit dem im Pipeline‐Bereich weltweit neuartigen Projekt zur Umwandlung des bisher als Wärme vergeudeten Energiepotenzials zu voll nutzbarem Strom. Der für die eigenen Pumpen nicht benötigte, aber erzeugte Strom wird übrigens in die Salzburg Netz GmbH eingespeist. Die Energierückgewinnungsstation funktioniert im Prinzip wie ein Wasserkraftwerk, nur wird es eben mit Öl betrieben. Der Abwärtsfall treibt die Turbinen in der Pipeline an.

Umweltschutz im Pflichtenheft

Das Öl wird dabei über eine eigene Turbinenanlage geleitet, für die strengste Sicherheitsauflagen gelten, wie Andreas Landsteiner, Prokurist der TAL Österreich betont: „Die Station wird in einer flüssigkeitsdichten Wanne errichtet und von modernsten Überwachungsinstrumenten rund um die Uhr kontrolliert.“ Um höchsten Schutz vor Naturgefahren und landschaftsschonende Bauweise zu gewährleisten, wurde das Stationsgebäude großteils eingeschüttet und mit einem eigenen Lawinenschutzdamm gesichert. „Außerdem waren umfangreiche Rekultivierungsmaßnahmen vorgesehen“, erklärt Andreas Landsteiner, und er verweist auf die Einmaligkeit dieser Form der Energienutzung:. „Die Rückgewinnungsanlage der TAL ist ein innovatives Projekt, das weltweit als Premiere gilt“. Lokale Unterstützung gibt es dabei auch: „Die Idee dahinter – das talwärts fließende Rohöl zum Betrieb einer Turbine zu nutzen – ist nur zu unterstützen“, argumentierte Wolfgang Viertler, Bürgermeister der Stadtgemeinde Mittersill bei der Inbetriebnahme der Energie-Rückgewinnungs-Anlage.

FAZIT: Der Anlagenbauer Kremsmüller hat für die Energierückgewinnung beim Öltransport der TAL Transalpine Ölleitung ein komplettes Stationssystem mit Leitungsnetz inklusive Armaturen und Sensorik entwickelt und gebaut - Ergebnis: Energieeinsparung 12% bzw. 10-12 GWh/Jahr für den Stromverbrauch der TAL.

Energierückgewinnung Ölpipeline Felbertauern

Auftraggeber: TAL Österreich

Auftragnehmer: Kremsmüller Industrieanlagenbau

Was: Energiestation und Leitungsbau inklusive Armaturen, Sicherheitseinrichtungen & Sensorik

Wann: Baubeginn 2015, Betriebsbeginn Ende 2016

Weshalb: Energieeinsparung bis zu 12 GWh pro Jahr