Innovation : Wie Datenbrillen die Intralogistik von Stahlwille optimieren
Standorttreue ist für das Traditionsunternehmen Stahlwille wichtig, ebenso wie Innovationen voranzutreiben und erfolgreich zu realisieren. Um die Effizienz im Logistikzentrum am Stammsitz in Wuppertal ohne Baumaßnahmen noch weiter zu steigern, wurde nach einem neuen Kommissioniersystem gesucht. Mit der Intention die 12.000 verschiedenen angebotenen Werkzeuge, Ersatzteile und Geräte sicherer zu Lieferungen zusammenzustellen, zu verpacken und schneller deutschlandweit sowie international zu verschicken. Eine Ablösung des bisher eingesetzten Systems bestehend aus Terminals auf den Vertikalkommissionierern und Handscannern durch Pick-by-Voice schien dabei jedoch nicht sehr geeignet: Sprachansagen hätten bei dem zahlenlastigen System zu viel Aufmerksamkeit erfordert und eine zu hohe Fehleranfälligkeit gehabt. Die Logistikmitarbeiter sollten die Auftragsdaten immer wieder einfach einsehen können und gleichzeitig die Hände freihaben, um Zeit zu sparen.
„Mit Pick-by-Vision lassen sich komplexe Logistikprozesse einfach darstellen und die Datenbrillen sind in die bestehende Systemarchitektur zu integrieren. Das hat uns damals überzeugt und heute wissen wir, dass wir mit Picavi die richtige Entscheidung getroffen haben“, berichtet Andreas Putsch, Leiter der Logistik bei Stahlwille, über die erfolgreiche Zusammenarbeit. Mit Picavi hat man einen kompetenten Partner gefunden, der sich mit Datenbrillen und der dazugehörigen Software auskennt. Denn mit dem richtigen Know-how ist die Technologie prädestiniert für den intralogistischen Einsatz, da sie flexibel an alle Eventualitäten angepasst werden kann. Und hat dadurch Potenzial auch andere Bereiche wie Warenein- und -ausgang, Inventur oder Retourenmanagement zu optimieren.
So wurden Bedienung und Benutzeroberfläche von Picavi an die Eigenheiten und Anforderungen bei Stahlwille angepasst und das Pick-by-Vision-System konnte nach nur zwei Monaten Projektlaufzeit in den Echtbetrieb integriert werden. Schnell hatte man mit w3logistics, dem Anbieter des Lagerverwaltungssystems (LVS) von Stahlwille, hierzu eine Schnittstelle für einen reibungslosen Datentransfer entwickelt – ohne kostenintensiv in die Systemarchitektur eingreifen zu müssen. Zu diesem Zweck wird das bereits vorhandene Funknetz genutzt.
Pick-by-Vision im Echtbetrieb
Seither sind elf Datenbrillen im Lager von Stahlwille im Einsatz – pro Vertikalkommissionierer eine. Beim einstufigen Multi-Order-Picking werden die Logistikmitarbeiter auf optimierten Wegen zu den Stellplätzen geführt, während ihnen über das Display ihrer Datenbrille alle Informationen ihres Auftrags angezeigt werden: wohin, was, wie viel – übersichtlich und reduziert auf die gerade wichtigen Angaben. Dirk Franke, Geschäftsführer von Picavi, beschreibt das intuitive, selbsterklärende User-Interface: „Die Anzeige wird mittels Assisted Reality in etwa einem Meter Entfernung am Blickfeldrand eingeblendet, sodass Auftragsstatus und Umgebung gleichzeitig wahrgenommen werden.“ Zugleich wird der Prozessfortschritt kontinuierlich in Echtzeit an das LVS übermittelt.
So picken die Logistikmitarbeiter bis zu 15.000 Mal am Tag zielsicher immer den richtigen Artikel und sparen dabei mit Picavi circa 400 Minuten Arbeitszeit täglich. Von winzigen Ersatzteilen bis hin zu großen Werkzeugen sitzt jeder Griff und sogar beim Einordnen der kleineren Teile in die Verpackungseinheiten hilft Picavi, indem die optimale Reihenfolge und Platzierung angezeigt wird. Jeder Prozessschritt gewinnt damit an Sicherheit: Zum einen haben die Logistikmitarbeiter ihre Umgebung wie etwa vorbeifahrende Kollegen stets im Blick, zum anderen wissen sie immer alles Nötige über ihren Auftrag – ohne langes Suchen.
Und das Fehlerpotenzial sinkt noch weiter gen Null, da mittels Scan und Echtzeitverbindung zum LVS jeder Pick automatisch geprüft wird. Bei Fehlmengen oder Ähnlichem kann hier auch manuell eingegriffen werden. Das macht sich in einem optimierten Materialfluss und immer aktuellen Daten im LVS bemerkbar, vor allem aber für die Logistikmitarbeiter. „Die neue Bewegungsfreiheit und die einfache, an unsere Anforderungen angepasste Bedienung begeisterten die Kollegen schnell“, berichtet Putsch von der hohen Akzeptanz der neuen Technologie. Das ständige Rotieren des Oberkörpers – zum Terminal, zur Ware und zum Ablageort– wird deutlich minimiert, da der Werker die pickrelevanten Informationen stets im Blick hat. Das Arbeiten wird so ergonomischer und wesentlich effizienter.
Die passende Hardware für alle Fälle
Damit die Logistikmitarbeiter ihren gesamten Arbeitstag über ihre Datenbrillen visuell geführt werden, kommt der Picavi Power Control zum Einsatz. Er vereint Akku und Bedienelement: versorgt die Wearables mit ausreichend Energie für mindestens eine Schicht und kann als Alternative zum Touchpad am Brillenbügel bedient werden – dank seiner großen Tasten sogar mit Handschuhen. Für Ausnahmefälle wie schwer zu erreichende Barcodes etwa in Bodennähe gibt es eine einfache Lösung: Die bereits vorhandenen Handscanner wurden problemlos per Bluetooth an die Datenbrillen angebunden.
Das neue Kommissioniersystem führt durch seine Flexibilität zu einer deutlichen Verbesserung. Der Logistikmitarbeiter ist nicht mehr an ein Terminal gebunden; Picavi übermittelt jeden Auftrag und alle relevanten Daten direkt an die Wearables beziehungsweise zurück an das LVS. Bei der Kommissionierung und Kennzeichnung von kundenspezifischen Artikeln und Anbruchmengen ist man ebenfalls weniger ortsgebunden, da Picavi die Daten für den entsprechenden Etikettendruck per WLAN direkt an den Drucker am Vertikalkommissionierer schickt.
Die bereits enorme Effizienzsteigerung hat Stahlwille dazu bewogen, noch einen Schritt weiterzugehen und nur noch mit den Datenbrillen – ganz ohne externe Scanner – zu arbeiten. Um dies zu ermöglichen, beriet Picavi den Werkzeughersteller auch bei der Etikettenwahl. „Der traditionelle 1D-Barcode, der bei Stahlwille im Einsatz war und teils noch ist, kann vom integrierten Scanner der Datenbrillen gut gelesen werden, noch schneller wird jedoch ein Data-Matrix-Code erkannt“, erläutert Franke. Der Blick Richtung Code ist zugleich der Scanvorgang, das funktioniert beim 2D-Code in einem deutlich erweiterten Erfassungsbereich als beim Strichcode. Selbst wenn ein Drittel fehlerhaft oder verdeckt ist, wird der Artikel eindeutig identifiziert und innerhalb kürzester Zeit vom System verifiziert. Die zusätzliche Zeitersparnis und die höhere Fehlerkorrektur hat Stahlwille nach der Kommissioniertechnik ebenfalls bewogen, in einem nächsten Schritt die Etiketten umrüsten zu lassen.
Digitalisierung als Wettbewerbsvorteil
Das Ziel war: Ohne große Umbaumaßnahmen oder Veränderungen an der vorhandenen IT-Struktur die Effizienz im Lager am Wuppertaler Hauptsitz steigern. Mit Pick-by-Vision wurde es erreicht. Das stark wachsende Auftragsvolumen kann nun bei gleichbleibenden Kapazitäten, räumlichen wie personellen, bewältigt werden – dank der produktiveren Prozesse. Die direkte Verbindung zwischen Kommissioniertechnologie und LVS bringt mehr Transparenz und Sicherheit – im Supply Chain Management wie für die Logistikmitarbeiter. „Wir sind stolz auf unsere Vorreiterrolle in der Branche. Die Kollegen arbeiten gerne mit den Datenbrillen, ihnen geben die stets einsehbaren Informationen Sicherheit“, beschreibt Putsch die Stimmung bei Stahlwille. „Die schnellere, transparentere Bearbeitung von Aufträgen erfreut uns, ebenso wie unsere Kunden.“