Automobilindustrie : Wie Daimler-Chef Zetsche seinen Konzern umkrempelt

Dieter Zetsche
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Daimler-Chef Dieter Zetsche hat sein Unternehmen und die Automobilbranche insgesamt aufgefordert, sich den Auswirkungen des technischen Wandels zu stellen. "Es ist kein Naturgesetz, dass Daimler ewig besteht", sagte Zetsche am Montagabend auf der Mobilfunkmesse MWC in Barcelona. Deshalb müsse sich das Unternehmen verändern.

Die Gefahren für die Automobil-Industrie

Die Automobilindustrie befinde sich immer noch im Wandel, da Konnektivität, das autonome Fahren, der Vormarsch der Elektromotoren und das Wachstum von Mobilitäts-Sharing-Plattformen das Geschäft der Branche neu definieren würden.

Zetsche trat zusammen mit Microsoft-Chef Satya Nadella auf. Zuvor hatten beide Unternehmen eine Zusammenarbeit bei IT-Diensten in der Cloud vereinbart. Zetsche betonte: "Wir wissen, dass diese Branche in zehn Jahren völlig anders sein wird." Daimler werde es zum Teil mit den aktuellen Wettbewerbern zu tun haben. "Und wir werden eine Reihe völlig neuer Wettbewerber haben. Wenn wir weiterhin nur das tun, was wir so gut gemacht haben, sind wir erledigt", sagte er.

Die Rollen verändern sich

Der Daimler-Chef verwies darauf, wie sehr sich das Geschäft verändere, wenn ein Unternehmen mehrere Rollen in der Wertschöpfungskette erfülle. "In dieser Welt verschwimmen diese Grenzen. Sie sind Lieferant und Kunde. Und Sie sind Konkurrent und Kooperationspartner in einem".

Konstruktionsabteilungen nicht mehr abschotten

Früher sei es besonders wichtig gewesen, die Konstruktionsabteilung so abzuschotten, dass niemand etwas kopieren konnte. "Wenn wir heute über diese Systeme sprechen, sind wir überzeugt, dass wir es mit Open Source machen müssen, denn wir brauchen die Fähigkeiten der gesamten Community", sagte Zetsche. Der englische Begriff Open Source, der übersetzt "freie Quelle" bedeutet, bezeichnet ein Konzept, nach welchem Software mit dem Quellcode ausgeliefert wird. So kann jeder den Programmcode einsehen und diesen verändern sowie nutzen.

Daimler AG and BMW launchen ihre Joint Mobility Company

Warum sich Daimler mit BMW verbündet hat

Dass Zetsche hier nicht nur leere Worte von sich gibt, beweist ein ungewöhnliches Joint Venture Ende Februar. Die BMW Group bündelt ihren Mobilitätsdienst mit dem von Daimler. Das reicht vom Fahren, über Parken und Laden bis Teilen. Auch hier will Zetsche fünf Argumente gefunden haben, warum dies eine gute Entscheidung war. (Anm. Redaktion: Die Argumente stammen vom offiziellen Blog der Daimler AG)

1. Wir stärken nachhaltige Mobilität: Unsere Zusammenarbeit wird die Art und Weise, wie sich Menschen in einem urbanen Umfeld bewegen, grundlegend verbessern – mit dem neuen Player wird der Weg für eine Welt mit autonomen und elektrifizierten Fahrzeugflotten geebnet. Das senkt die Emissionen im Straßenverkehr und es steigert den Komfort für unsere Kunden.

2. Wir bieten das individuelle Komplettpaket: BMW und Daimler beherrschen die Hard- und Software für Mobilität auf Knopfdruck. Wir decken mit den gemeinsamen Services die gesamte Wertschöpfungskette ab, von der Automobilproduktion bis zur individuellen on-demand Mobilität. Und bauen diese weiter aus. Und mit Blick auf „smart cities“ erweitern wir so die Optionen für individuelle Mobilität in Städten, Kommunen und Regionen.

3. Wir haben die Finanzkraft: BMW und Daimler investieren zusammen über eine Milliarde Euro in die fünf Joint Ventures. Mit dieser Eigenkapitalausstattung sind sie zum Start gut versorgt: ein Start-up ohne die klassischen Sorgen eines Start-ups. Darüber hinaus sind wir als kapitalstarke Unternehmen bereit, massiv weitere Investitionen in die gemeinsamen Mobilitätsdienste zu tätigen. Dieser Markt bietet enorme Chancen. Wir sind entschlossen, sie zu nutzen. Das könnte eines Tages auch in Richtung von Carsharing-Flotten gehen, die elektrisch und autonom unterwegs sind.

4. Wir wollen wachsen: Mit dem Start unseres gemeinsamen Mobilitätsdienstleisters bündeln wir die Kräfte und das Know-how von 14 erfolgreichen Marken. Schon heute bieten wir damit rund 60 Millionen Kunden ein nahtlos vernetztes Mobilitäts-Ökosystem. Und auch das ist erst der Anfang. Deshalb wollen wir in den kommenden Jahren weltweit bis zu 1.000 neue Jobs in unseren Joint Ventures schaffen.

5. Wir bleiben Wettbewerber: Ist der positive Wettbewerb zwischen Stuttgart und München damit passé? Natürlich nicht: der Wettbewerb war es, der beide Hersteller an die Spitze der Premiumhersteller gentrieben hat. Und der Wettbewerb wird uns auch in Zukunft zu Höchstleistungen in unserem Kerngeschäft treibt. Diese Motivation ist unverändert: Wir wollen beide die besten Autos der Welt bauen. (APA/dpa/red)