Digitalisierungsprojekt : Wie bei der niederösterreichischen Fuso Maschinen lernen

Fuso Mitarbeiter Spritzguss
© Joh. Fuchs & Sohn GmbH

Smarte Produkte als Pflicht, stark schwankende Losgrößen als Tugend, absolute Liefertreue als Kür: Die Auftragsfertigung von Thomas Högn weist einige Spezialitäten auf. Denn der Prokurist bei Joh. Fuchs & Sohn (kurz Fuso) hat sein Unternehmen auf maximale Effizienz getrimmt. Die Niederösterreicher produzieren Spritzguss-Kunststoffteile für Kunden in ganz Europa. Ihr Erfolgsrezept: Die sensiblen Liefertermine. Wie kein anderes Unternehmen schafft es Fuso seine Aufträge so zu planen, dass alle Maschinen im bestmöglich ausgelastet sind. Die Digitalisierung – im Fall von Fuso „Machine Learning“ – ist dabei nur ein Mittel zum Zweck. Indem die Kunststoffspezialisten riesige Datenmengen sammelten, brachten sie ihren Maschinen das Lernen bei. Heute können Planungsverantwortliche mit nur einem Klick abschätzen, ob der konfigurierte Produktionsauftrag rechtzeitig fertig wird.

Produktionsplanung optimieren

Schon seit 1999 setzt Fuso auf eine ERP-unterstützte Fertigung. Neben den Aufträgen, Kunden und Artikeln werden auch Maschinen, Spritzgusswerkzeuge und Wartung verwaltet. Die Niederösterreicher waren damit eine der ersten die Dynamics AX ERP-Software hatten. Mit an Bord ist seit vielen Jahren insideAx. Wie kein anderer kennen die Paschinger IT-Spezialisten die Prozesse von Fuso und waren damit auch ausschlaggebend für das erste Digitalisierungsprojekt. Denn die bisherige Einteilung der Produktionsaufträge auf den Maschinen erfolgte auf Basis der Planungssoftware Includis und Dynamics Ax sowie den Erfahrungen des Planers. Damit unterstützen das ERP-System und die Produktionssteuerungssoftware ausschließlich die Bereitstellung von Daten. „Im Planungssystem gab es beispielsweise keine Integration von relevanten personalspezifischen Informationen, wie die Qualifikation der Mitarbeiter“, so Högn. Das sollte unbedingt einfacher werden. Nach einem Brainstorming für das Prognosemodell war schnell klar, welche Kennzahlen und Informationen wichtig waren, um den Auftrag fristgerecht zu erfüllen. Gerade bei der Ausschussrate und Rüstzeit pochte Högn auf Effizienz. Das Ziel war klar definiert: Eine noch höhere Liefergenauigkeit und bessere Auslastung der Maschinen.

Knackige Datenanalyse

Stolze 16.000 Produktionsaufträge der letzten Jahre erhob InsideAx gemeinsam mit Fuso aus dem ERP-System, der Includis Produktionssteuerung und diversen Excel-Dateien sowie Checklisten zur Feinterminierung. Die Aufstellung umfasste demnach 26 unterschiedliche Informationstypen, von Artikelgruppe und Menge über Werkzeugtyp und Maschine bis zu Stückliste, Material und In-Time-Angabe. Danach wurden die Einflussfaktoren nach Vollständigkeit und Signifikanz bewertet. Gerade Faktoren, wie das verwendete Material, Sonderwünsche des Kunden, die Rüstzeit oder welche Teile zuvor auf der Maschine produziert wurden, beeinflussten die tatsächliche Produktionszeit dabei wesentlich.

Prognose mit Machine Learning

Danach ermittelten die Paschinger IT-Spezialisten die Einflussfaktoren für die Fertigstellung – inklusive Produktionsanlagen, Lager und Mitarbeiter. Mithilfe des Azure Machine Learning Studios wurden die Daten bereinigt. Der fertige Satz hatte 16.306 Zeilen und 22 Felder. Nun ging es an die Auswahl eines Vorhersagemodells. Mit Hilfe des Analyse-Tools „Rattle“ erstellte insideAx drei Prognosemodelle: einen Entscheidungsbaum, eine Support-Vector-Maschine und ein Boosted-Decision-Tree-Modell. Letzteres schaffte im direkten Vergleich die genauesten Vorhersagen und die geringste Fehlerraten. Mittels Webservice wurde das dann über eine Cloud mit dem ERP-System verknüpft. So lassen sich Auftragsdaten, wie Artikel, Menge, Farbe, Maschine und Werkzeug, aber auch die historischen Informationen bisheriger Produktionen auslesen und verarbeiten. Der Clue: Mit nur einem Klick kann der Planungsverantwortliche nun aus der Produktionsmaske des ERP-Systems abschätzen, ob der konfigurierte Produktionsauftrag rechtzeitig fertig wird.

Eine zentrale Lösung, die alles verbindet

Das Machine-Learning-Projekt verbessere die Auslastung signifikant, heißt es aus den Fertigungshallen der Niederösterreicher. Indem es zeigt wo Rüstzeit und Produktionsstart öfters voneinander abweichen, konnte Fuso die Produktionsmodelle so verändern, dass sie nun ein größeres Zeitfenster für das Rüsten haben. Geändert wurde auch die Freigabekompetenz. Einfache Produktionen können nun auch vom Maschinenbediener selbst freigegeben werden und damit schneller anlaufen. Verbesserungspotenzial sieht Högn noch beim Umgang mit Ressourcen in Produktionsspitzen – von Peripheriegeräten wie Roboter und Heizgeräte über das Personal bis zu Wareneinsatz und Lager. Ein Zukunftsszenario gibt es dafür auch schon: „Eine zentrale Lösung, die alle Produktions- und Wissensdaten sowie die Qualifikationen des Personals mit Machine Learning verbindet.