Additive Fertigung : Wie 3D Druck das Denken von Konstrukteuren verändert

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Alles ist möglich, so der Tenor wenn’s um 3D-Druck geht. Und irgendwie mag man auch schon fast daran glauben, dass unser aller Zukunft aus dem Drucker kommt. Beispiele gefällig? Vor rund einem Monat hat das russische Start-up Apis Cor ein Haus erstmals direkt auf einem Grundstück mittels 3D-Drucker hergestellt. Innerhalb von 24 Stunden waren die Außen- und Innenwände fertig – ohne Schalungen. Noch schneller will’s die TU Dresden schaffen: Im Rahmen des Projektes CONPrint3D will man ein Einfamilienhaus in zehn Stunden drucken, bei 30 Prozent weniger Kosten. Derweilen kombinieren schwedische Forscher die 3D-Drucktechnologie mit Biomaterialien und stellen lebendes Gewebe her, das in der richtigen (sprich „mit Blut versorgten“) Umgebung weiterwächst. Im konkreten Fall war es übrigens ein menschlicher Knorpel zur Behandlung von Arthrose und wurde testweise einer Maus eingepflanzt.

Vom Prototypen zum Endprodukt

Wie auch immer, die 3D-Drucktechnologie beflügelt die Fantasie – nicht nur in Frankensteins Laboratorien. Auch in der harten Realität der Fertigungstechnik schickt sich diese Technologie an, ein neues Zeitalter einzuläuten: Die Additive Fertigung als so genannter „Gamechanger“. Noch nie war es so einfach und kostengünstig funktionelle Prototypen oder Kleinserien herzustellen. Schließlich werden zur Produktion keine teuren Formen oder Werkzeuge mehr benötigt.

Grenzen ausdehnen

Trotz aller Euphorie, auch im 3D-Druck gibt‘s „an vielen Fronten Grenzen“, wie Wojciech Matusik vom Department of Electrical Engineering and Computer Science des Massachusetts Institute of Technology (MIT) einschränkt. „Unsere Aufgabe als Wissenschaftler und Techniker ist es nun, diese so weit wie möglich auszudehnen.“

Eine dieser besagten Grenzen ist die derzeit noch recht überschaubare Materialauswahl. Allerdings drängen immer mehr Mitspieler mit neuen Materialien und verbesserten Druckmethoden auf den Markt – während arrivierte Hersteller fleißig in die Forschung investieren. Voestalpine pumpt in den kommenden Monaten beispielsweise 30 Mio. Euro in seine schwedischen Uddeholm-Standorte. In Zukunft wollen die Linzer hier vor allem den Bereich der Metallpulverherstellung für den 3D-Druck ausbauen. Druckergigant HP wiederum setzt auf Zusammenarbeit. Erst kürzlich hat man im Rahmen der Additive Manufacturing Users Group (AMUG) Konferenz seine offene Plattform für 3D-Druckmaterialien sowie die Entwicklung von produktionsreifen Anwendungen vorgestellt.

Konstruktion neu denken

Weitaus gravierender als die Materialfrage ist aber ohnehin das (teilweise noch fehlende) Fachwissen dahinter. Zwar weiß man, welchen Zweck ein Bauteil erfüllen muss, dieses Wissen aber in eine 3D-Druck-gerechte Konstruktion einfließen zu lassen, ist nicht so einfach, wie es klingt. „Es ist ja nicht so, dass ich heute eine Anlage kaufe und morgen damit starte“, bringt es Aziz Huskic, Leiter des Fachbereiches Produktionstechnik an der FH OÖ, auf den Punkt. Die Konstrukteure seien es gewohnt, klassisch, also auch stets fertigungsorientiert, zu konstruieren. „Wir haben Konstruktionsrichtlinien für die konventionelle Fertigung und genau so denken Konstrukteure auch. Erst wenn man eine 3D-Anlage kennt, kann man einiges rausholen.“

Wels als ausbildungstechnischer Vorreiter

Eine 3D-Konstruktion sei zwar kein Hexenwerk, aber man muss bereit sein, umzudenken und verfahrensbedingte Einschränkungen zu berücksichtigen. Etwa was die Stützkonstruktionen betrifft, die man benötigt, um das Bauteil an der Plattform des 3D-Druckers anzubinden. Idealerweise können diese schon bei der Konstruktion komplett eliminiert werden. Zudem darf nur so viel Material hinzugefügt werden, wie unbedingt notwendig ist, damit die Prozesszeiten kurzgehalten werden und das Bauteil trotzdem seinen Zweck erfüllt. Zudem verringern sich dadurch auch die Herstellungskosten. In Österreich habe man diese Entwicklung in den vergangenen Jahren ein wenig verschlafen, so Huskic. „Die Industrie wollte am Anfang nicht so recht und auch die Förderungen waren praktisch nicht vorhanden.“ Inzwischen habe sich das Interesse aber gedreht. „In Wels haben wir es nun geschafft, den Bereich Additive Fertigung in unsere Studiengänge zu integrieren. Da kommt dann eine Generation, die ein bisschen offener denkt“, freut sich Huskic. „Ich bin mir sicher, dass wir den Rückstand aufholen können.“

3D-Drucker für Alle

Ziemlich sicher ist sich Huskic auch, was die Zukunft des 3D-Drucks betrifft. „In zehn Jahren werden wir in jedem größeren Betrieb eine Anlage stehen haben. Das 3D-Druckverfahren ergänzt die klassischen Fertigungstechnologien, auch wenn es sicher Überschneidungen gibt. In erster Linie hängt es vom Bauteil ab, welche Methode wirtschaftlicher sein wird.“ Fakt ist, der 3D-Druck wird eine immer wichtigere Rolle spielen. Viele Fragen bleiben aber weiterhin offen: Wie kann man Produkte vor unerlaubten Kopien schützen? Wie wird der Versand digitaler Fertigungsdaten über Ländergrenzen hinweg zollrechtlich behandelt? Oder wie schaut’s bei Haftungsfragen aus?