Künstliche Intelligenz : Wer codiert eigentlich die Codierer?

Syska
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„Warum ist Alexa eigentlich weiblich?“ „Nun, Alexa ist eine Assistentin - und ist es nicht die natürliche Bestimmung von Frauen, anderen zu dienen?“ „Und warum werden bei der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung vorzugsweise dunkelhäutige Menschen verhaftet?“ „Nun, weil dies in der Vergangenheit auch so war, und dies ja auch seinen Grund haben muss.“

Dies ist sexistisch und rassistisch, also nicht meine Meinung. Aber Sie ahnen es längst: es geht um Künstliche Intelligenz (KI), also um die Nachbildung von Entscheidungsabläufen des Menschen im Computer, damit dieser eigenständig Probleme für eben diese Menschen lösen kann. Mit anderen Worten. Das Denken soll outgesourct werden.

So weit, so technisch.

Die Technik ist aber nicht das Problem. Denn es bleibt ja nicht bei weiblichen Servicebots und irrtümlich Verhafteten. So werden ausgeschriebene Stellen nur mit Männern besetzt und Patienten ärztliche Behandlungen vorenthalten - weil der Algorithmus es so will. Dieser wiederum erhält Bestätigung - Patient ist gestorben, es war also richtig, ihn nicht mehr zu behandeln - und verfestigt sich damit.

Böser, böser Algorithmus.

Aber Moment mal, wer hat diesen eigentlich codiert? Es stimmt: KI kann uns helfen, kluge Entscheidungen zu treffen - und das verdammt schnell. Wenn wir allerdings unsere Vorurteile in Algorithmen gießen, wird es furchtbar. Ein KI-System neigt ja nicht nur zur Verfestigung seiner Urteile, sondern kann diese an andere KI-Systeme weiterreichen - und die in Algorithmen ablegten Werthaltungen gleich mit. Das bedeutet, dass zukünftige KI-Systeme bereits heute ihre Prägung erhalten.

KI: Heilsbringer oder Doomsday Machine?

Wenn wir diesen Systemen nicht bereits heute den richtigen moralischen Kompass mitgeben, werden wir in Zukunft sehr große Probleme bekommen. Wir könnten unsere Vorurteile und die gesellschaftlichen Machtverhältnisse in alle Ewigkeit zementieren. Wobei ich nicht ausschließen kann, dass einige genau dies so wollen. Halten wir also dagegen und schauen wir ihnen auf die Finger. Machen wir ihnen klar, in was für einer Welt wir morgen leben wollen, denn die Weichen hierfür werden heute gestellt. Und mit „ihnen“ meine ich nicht nur die Codierer, sondern diejenigen, die Codierung beauftragen.

Wer codiert eigentlich die Codierer?

Aber genau da liegt unsere Chance. Wir können in KI bereits heute einpflanzen, wie morgen unsere Welt sein soll. Von dieser Seite der KI hört man hierzu noch wenig. Stattdessen werden Menschen in Coding Schools geschubst, um dort ihre Digitalführerscheine zu machen. Klar, die selbsternannten Treiber des digitalen Wandels brauchen ja auch Menschen im Maschinenraum, die diese Systeme betreiben. Ob dieser Betrieb aber dem Menschen nützt, entscheidet … ja, wer eigentlich?

Garniert wird dies mit dem Mantra, dass der digitale Wandel und dann gelingt, wenn alle codieren können. Das ist Unfug. Oder ist der Wandel zur Industriegesellschaft nur deshalb gelungen, weil jeder eine Werkzeugmacherlehre gemacht hat? Nein, der digitale Wandel gelingt nur dann, wenn er den Nutzen der Gesellschaft mehrt, anstatt dem Profitdenken auf Kosten der Menschen zu folgen und deren Überwachung zu beabsichtigen. Ja, die technischen Fähigkeiten sind schon wichtig, entscheidend sind sie aber nicht. Entscheidend ist der moralische Kompass, der die Richtung dieses Wandels bestimmt. Bevor wir über Coding reden, sollte es die längst überfällige Debatte über Fairness, Anstand und gegenseitigem Respekt geben.