Bauelemente : Was man für ein Batteriemanagementsystem braucht

Den typischen Aufbau eines Batteriezellenmanagementsystems zeigt das nachfolgende Foto. Die Energiezellen sind hier in einer Reihenschaltung angeordnet. Für das Balancing ist jeder Zelle ein Widerstand mit Schalttransistor parallel geschaltet. Die Ansteuerung dieser Schalter übernehmen Balancing-ICs, die über eine serielle Schnittstelle miteinander kommunizieren. Übergeordnet überwacht und steuert ein Mikrocontroller die Funktionen des Zellenmanagements. Eine bidirektionale elektronische Sicherung regelt auf Anforderung oder im Fehlerfall auch die Trennung der Batterie von der Last oder vom Ladegerät. Links oben findet sich die Stromsensorik, hier als Shuntwiderstand mit Signalaufbereitung ausgeführt, alternativ können auch Magnetfeld-empfindliche Sensor-ICs diese Aufgabe übernehmen.

Energiezellen

Der Energiespeicher selbst kann mit Li-Ionen-Zellen oder Ultrakondensatoren, auch Electric Double Layer Capacitors (EDLC) genannt, ausgeführt sein. Bei Lithium (Li)-Ionen-Zellen ist Samsung SDI einer der Weltmarktführer, vor allem im Bereich automobiler Anwendungen, wie Elektro- und Niedrig-Emissions-Fahrzeuge (Low Emission Vehicles, LEV). Die Rundzellen in der gängigen Bauform 18650 (18mm Durchmesser, 65mm Länge) bieten höchste Energiedichten, mechanische Stabilität und effiziente Assemblierungsoptionen. Zukünftig wird das neue Format 21700 (21mm Durchmesser, 70mm Länge) eine entscheidende Rolle im Markt spielen. Die Ultrakondensatoren des chinesisch-schweizerischen Herstellers Sech SA zeichnen sich durch eine nominale Zellenspannung von 3,0V aus. Die Energiedichte gipfelt bei 8Wh/kg. Dank ihrer niedrigen inneren Wirkwiderstände kommen sie in den meisten Fällen ohne aktive Kühlung aus. Laut Hersteller erfüllen sie die Normen ISO 16750-3 und SAE 2464.

Strom- und Spannungssensorik

Die Strom- und Spannungssensorik bildet die Grundlage für alle übergeordneten Funktionen wie Unter- und Überspannungsüberwachung, Energiezähler, Berechnung der Restkapazität der Batterie, Leistungsmessung, Kurzschlussüberwachung und Ladestrommessung.

Stromsensorik

Die Strommessung lässt sich über Shunts oder Magnetfeldsensoren realisieren. Sie muss bidirektional sein, um sowohl den motorischen als auch den generatorischen Betrieb der Antriebsmaschine (rekuperieren) sowie das Laden von extern messtechnisch abzudecken.

Die Strommessung über Shunt zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:

Die Verlustleistung im Shunt steigt quadratisch mit dem Strom gemäß Ptot = R I².

Um die Verlustleistung zu bewältigen, benötigt der Shunt eine bestimmte mechanische Baugröße. Sie sorgt für die Entwärmung und ein Mindestmaß an thermischer Kapazität.

Sie ist robust gegenüber magnetischen Störfeldern.

Die Messung ist potentialgebunden, was in vielen Fällen eine galvanische Trennung im weiteren Signalverlauf erfordert.

Sie ermöglicht breitbandige Messungen.

Die Messgenauigkeit wird maßgeblich durch die Eigenschaften des Shunts bestimmt, v.a. durch dessen Toleranzen und Temperaturkoeffizienten.

Die Kalibrierung ist einfach.

Die Strommessung über Magnetfeldsensorik bietet folgende Eigenschaften:

Sie hat eine geringe Verlustleistung.

Es ist eine systembedingte galvanische Trennung vorhanden.

Der Entwicklungsaufwand ist größer als beim Shunt, da die mechanische und magnetische Integration des Magnetfeldsensors in die Gesamtperformance des Messsystems eingeht.

Sie erfordert Kompetenz in Fertigung und Montage; eine Magnetfeldsimulation spart experimentellen Aufwand.

Je nach Aufbau existiert eine Empfindlichkeit gegenüber magnetischen Streufeldern.

Cell-Balancing bei Li-Ionen-Zellen

Cell-Balancing nivelliert Fertigungstoleranzen und die individuelle Alterung der in Serie geschalteten Batteriezellen. Hierfür wird die Spannung jeder Zelle überwacht und der Ladestrom so verteilt, dass alle Zellen denselben Ladezustand haben. Beim passiven Balancing wird einer Zelle mit Ladevorsprung per Halbleiterschalter (z. B. MOSFET) ein Widerstand zeitweilig parallel geschaltet. Dadurch überlagert sich dem Ladestrom so lange ein Entladestrom, bis die anderen Zellen aufgeholt haben. Dies geht jedoch einher mit einer unerwünschten Verlustleistung im Widerstand. Für das passive Balancing eignet sich z.B. der IC ISL78600 von Renesas/Intersil. Beim aufwändigeren aktiven Balancing wird die überschüssige Ladung einzelner Zellen möglichst ohne Verlustleistung mit Hilfe einer DC/DC-Wandler-Schaltung auf die anderen Zellen verteilt. Sowohl passives als auch aktives Balancing unterstützt der neue Balancing-IC TLE8001 von Infineon. Ebenfalls neu auf dem Markt ist der L9963 von ST, der sich durch die Anzahl seiner Kanäle abhebt. Als symmetrierende Schalter dienen entweder interne MOSFETs oder, für höhere Schaltströme, externe MOSFETs in einfacher Ausführung oder als Paar in einem Gehäuse.

Cell-Balancing bei Ultrakondensatoren (EDLC)

Ultrakondensatoren sind empfindlich gegen Überspannungen, deshalb empfiehlt sich auch bei ihnen das Balancing. Für die gleichmäßige Verteilung der Gesamtspannung auf die einzelnen Ultrakondensatoren sorgt hier ebenfalls ein spezielles Balancing-IC.

Mikrocontroller im Steuer- und Überwachungsgerät

Das Steuer- und Überwachungsgerät erfüllt mehrere Funktionen:

Es arbeitet als Energiezähler und berechnet die verbleibende Ladedauer und die Restkapazität oder Reichweite.

Es erhöht die Sicherheit, indem es als Teil eines mehrschichtigen Überwachungssystems Daten zusammenführt und auf Plausibilität prüft. So überwacht es die Funktionalität untergeordneter Steuerungen und bricht notfalls den Ladevorgang oder die Energieentnahme aus der Batterie ab.

Es ist der Diagnoserechner für die Impedanzspektroskopie (DC- und AC-Impedanzmessung) und stellt Informationen zum Ladezustand, zur Temperatur und über den Allgemeinzustand der Batterie bereit.

Es hostet das Betriebssystem.

Durch die Vielzahl der Anforderungen inklusive Funktionaler Sicherheit (Safety) und Datensicherheit (Security), kommen ausschließlich leistungsstarke Mikrocontroller mit Mehrfachkernen im Lockstep-Betrieb und Hardware Security Modules (HSM) in Frage.

Galvanische Trennung über Optokoppler oder induktive Übertrager

Zur galvanischen Trennung zwischen Signalen mit Hochvoltpotenzial und der Niederspannungsseite eignen sich Optokoppler. Gut im Markt eingeführt sind die in der Tabelle genannten Typen TLX93xx und TLX92xx von Toshiba. Anfang 2018 hat Vishay mit einem ersten nach AEC-Q101 qualifizierten Optokoppler mit Phototransistor am Ausgang (VOMA617A) ebenfalls eine Lösung für den Automotive-Markt vorgestellt. Beide eignen sich durch die Spannungsfestigkeit der Kollektor-Emitter-Strecke von 80V auch für den Einsatz in 48V-Bordnetzen. Induktive Übertrager von Pulse sind eine weitere Alternative zur Potenzialtrennung bei hohen Gleichtaktspannungen.

Schnittstellen, Schnittstellentreiber

CAN-Transceiver für verdrillte Zweidrahtleitungen als physikalische Schicht des CAN-Busses gibt es in großer Vielfalt. Ein besonders breites Portfolio an Bus-Transceivern, die von vielen Automotive-OEMs freigegeben sind, bietet Infineon. Sie zeichnen sich aus durch Datenraten von bis zu 5Mbit/s für CAN-FD (Flexible Datarate) sowie Unterstützung von Partial Networking. In einem kleinen TSON8 Gehäuse (3mm x 3mm) sind sie mit und ohne Bus-Wake-Up verfügbar. Passende CAN-Drosseln komplettieren die Schnittstelle und sorgen für eine störungsfreie Übertragung der Signale.

Sicherungstrennschalter

Zur elektrischen Absicherung des Batteriekreises können konventionelle Schmelzsicherungen, pyrotechnische Trenner oder Halbleiterschalter zum Einsatz kommen. Die Halbleiterschalter setzen sich zusammen aus parallel geschalteten Leistungstransistoren und ihren Gate-Treibern. Ein interessantes Bauteil ist Infineons TLE9180D. Als Motor-Control-IC für 3-phasige BLDC-Motoren in Bordnetzen mit bis zu 48V entwickelt, verfügt er über drei High-Side Gate-Treiber nebst analogen Verstärkern für die Strommessung über Shunts.

Temperaturerfassung

Li-Ionen-Zellen sind für einen relativ engen Temperaturbereich spezifiziert. Wird dieser überschritten, kann sich die Lebensdauer der Batterie verkürzen oder sie wird sogar irreparabel geschädigt, im Extremfall entsteht ein Thermal Runaway (thermisches Durchgehen). Dabei wird innerhalb von Millisekunden die gesamte in der Batterie gespeicherte Energie frei, so dass die Zelle Feuer fängt oder explodiert. Um dies zu verhindern, sind für die Temperaturerfassung Sensoren nötig, die einen Anstieg sehr schnell detektieren. Temperaturabhängige Widerstände (Thermistoren) mit negativem Temperaturkoeffizient (NTC) bietet AVX in verschiedenen Bauformen. Es gibt sie für Oberflächenmontage, bedrahtet oder als unbedrahtete Scheibe für den kundenspezifischen Einbau.

Von Ralf Hickl, Product Sales Manager Automotive Business Unit, Rutronik