Digitale Transformation : Was auf IT-Leiter wirklich zukommt

Der digitale Wandel ist unaufhaltsam und wird Unternehmen, die an dieser Aufgabe scheitern, hinwegfegen. Um das zu verhindern, müssen sich IT-Leiter bzw. CIOs vom Bewahrer zum Gestalter – und teilweise zum Störenfried – entwickeln, erklärten Expertinnen und Experten bei einer Podiumsdiskussion der Plattform Digital Business Trends am 25. Februar 2016 in Wien.

Die neuerdings „digitale Transformation“ genannte bevorstehende Umwälzung sei „mehr als ein IT-Trend. Da geht es um radikale Änderungen der Geschäftsprozesse, des Umgangs mit Kunden und der Unternehmenskultur über alle Branchen und Märkte hinweg. In gewisser Weise wird jede Organisation zum IT-Unternehmen“, strich Julia Neuschmid, Senior Research Analyst bei IDC Central Europe, die Bedeutung der Entwicklung hervor. CIOs (Chief Information Officer) würden dabei naturgemäß eine wichtige und kritische Rolle einnehmen.

Als Beschleuniger für die digitale Transformation nennt Neuschmid unter anderem Artificial Intelligence, das Internet der Dinge, Wearables, Robotik, Drohnen, Augmented und Virtual Reality sowie 3D-Druck. Bei Artificial Intelligence gehe es darum, aus großen Datenmengen selbstständig zu lernen, was etwa bei medizinischen Diagnosen, der Kriminalitätsbekämpfung oder bei Finanzanalysen von Vorteil sei. Das Internet der Dinge gelte sowieso als „Game Changer“ und werde beispielsweise bei selbstfahrenden Autos, der Produktion – Stichwort Industrie 4.0 – und Smart Metern eingesetzt.

Cloud wird quasi zum Muss

Der Fokus liege dabei auf Technologien der sogenannten 3. Plattform – Cloud, Big Data, Social Business und Mobility. Im Jahr 2017 würden bereits mehr als 50 Prozent der IT-Ausgaben der globalen Top-2000-Unternehmen auf diese Bereiche entfallen, so die Analystin. Sie rechnet damit, dass bis 2020 rund 60 bis 70 Prozent der IT-Ausgaben allein in die Cloud fließen. In Österreich seien die Unternehmen aber noch etwas zaghaft. Derzeit hätte rund ein Drittel der Firmen nichts im Bereich Cloud geplant. Essenziell für die digitale Transformation seien jedenfalls die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg und der Datenaustausch mit Marktteilnehmern.

Die große Herausforderung für die EDV-Leiter bestehe darin, einerseits den komplexen Anforderungen des digitalen Wandels zu genügen und andererseits die notwendige Stabilität und Sicherheit für die zentralen Geschäftsprozesse zu sichern, so Alexander Falchetto, Geschäftsführer der APA-IT. Bremsen oder sich verweigern werde nicht funktionieren, da sich die Fachabteilungen die notwendigen IT-Services sonst einfach außerhalb der internen IT besorgen würden – Stichwort Dropbox und Co. Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziere jedenfalls, dass ab 2020 fast 50 Prozent der IT-Ausgaben aus Marketing- und nicht aus IT-Abteilungen kommen.

Zwischen Bewahrer und Störenfried

„Da heißt es oft: Wieso geht das im Internet und bei uns nicht? Diese Bedürfnisse muss man erfüllen“, erklärte auch Hans Overeem, Head of IT & Operations der ING-DiBa Direktbank Austria. Parallel werde der Ruf nach Stabilität und Sicherheit immer lauter, wobei Cybercrime „gekommen ist, um zu bleiben“. Zudem würden sich Kundenwünsche und damit Kundenkanäle mit immer höherer Geschwindigkeit ändern. Der CIO müsse das im Alltag eines Unternehmens managen: „Als Bewahrer der Stabilität und Nachhaltigkeit der IT-Systeme und Applikationen, als Brückenbauer zwischen älteren Technologien und neuen Kundenwünschen und gegebenenfalls als Störenfried, wenn Sicherheit und Stabilität gegen neue Entwicklungen abgewogen werden müssen“, so Overeem.

„Das ist eine dauerhafte Gratwanderung, sonst wird man zum Verhinderer“, meinte auch Horst Weichselbaumer, Chief Operating Officer der Erste Bank Oesterreich. Der CIO habe nun die einmalige Gelegenheit, die fremde Galaxie „IT“ mit allen ihren Möglichkeiten im Unternehmen salonfähig zu machen. „Er ist damit Übersetzer und Störenfried. Er erzählt von einer Welt, wo noch wenige waren und die sich viele – noch – nicht vorstellen können oder wollen“, so Weichselbaumer. Das sei viel Arbeit, aber auch eine große Chance. „Wichtig sind Offenheit im Denken und gute Ideen, dann ist auch das Geld nicht mehr das Problem“, meint der Manager.

Gute Entwickler werden Mangelware

Das Hauptproblem sei inzwischen, gute Software-Entwickler zu finden, ergänzte Overeem: „Da gibt es einen echten Engpass.“ Alexander Tesas, Head of Service & Corporate IT der NAVAX Unternehmensgruppe, hält zudem den Recruiting-Prozess bei vielen Unternehmen für verbesserungswürdig: „Da müssen die Unternehmen noch einiges lernen.“

Man könne sich der Transformation nicht verschließen, so Tesas. Damit einher gehe aber auch ein Kulturwandel im Unternehmen: „Mitarbeiter müssen lernen, mit den neuen Möglichkeiten umzugehen und diese zu nutzen. Dabei gehören alle Generationen abgeholt, um Konflikte zu vermeiden“, ist der Manager überzeugt. Wichtig sei auch, Innovationen im eigenen Betrieb zu verwirklichen und die IT-Transformation aktiv zu betreiben: „Dadurch wird die digitale Selbstbestimmung gewahrt und man lässt sich nicht vom Strom treiben.“

„Derzeit gibt es unter den Unternehmen noch viele digitale Anfänger:

Die Transformation steckt hier noch in den Kinderschuhen“, so Peter Stolzlederer, Vertriebsleiter SMB bei Dimension Data Austria. Viele Firmen würden auch einen Kontrollverlust befürchten. Das gelte es zu entkräften. „Wir müssen Sachen ermöglichen, aber sicher ermöglichen. Da gilt es, alle ins Boot zu holen“, so Stolzlederer. (apa-ots)