Hannover Messe : Warum an TSN niemand mehr vorbei kommt

TSN Switches Smart Factory
© Bild: Weber

Ganz unscheinbar am Rande der Smart Factory aus Kaiserslautern steht der TSN-Demonstrator - hinter Glas darf man die neue Kommunikationswelt der nahen Zukunft bestaunen. Zu sehen gibt es erstmal nicht so viel - das meiste passiert im Innern. TSN steht für Time Sensitive Networking. Es besteht aus einer Gruppe von Standards, die verschiedene Mechanismen für die Echtzeitfähigkeit von Ethernet beinhalten. Diese sorgen für berechenbare und garantierte Ende-zu-Ende Latenzen mit stark begrenzten Latenzschwankungen. Die Technologie verspricht die Bandbreite von IT-Netzen mit der Robustheit und Deterministik von OT(Operation Technology)-Netzen zu kombinieren.

Kosten sinken

Das bedeutet und das ist für manche Automatisierer ein Problem: Das "normale" Internetethernet hält Einzug in die Fabrik - das minimiert die Kosten für die Chips in den Switches und könnte die Feldbusse ablösen, meine die Vordenker. Dazu kommt: Anwender können auf Doppelverdrahtung, isolierte Netzwerke, Gateways oder Steuerungen als Router verzichten, heißt es in der Branche.

Der Plan der TSN-Treiber: Unterschiedliche höhere Protokolle, wie OPC UA, aber auch herkömmliche Feldbusse können sich zukünftig quasi auf TSN abstützen. Seit fünf Jahren arbeitet die IEEE-802.1 TSN Task Group an der Standardisierung von Echtzeit-Funktionalität in Ethernet. Nächstes Jahr, so Analysten, soll der kommerzielle Durchbruch gelingen – Markstudien rechnen mit über 600 Mio. US-Dollar Umsatz bis 2024, die Produktivitätseffekte nicht mitgerechnet. Vor allem in den USA und Europa soll das Wachstum entstehen. Zu den Treibern der Technologie zählen unter anderem B&R, Schneider Electric, TTTech Computertechnik, Cisco, National Instruments, Bosch Rexroth, Intel und Kuka - viele davon sind auch Partner der Smart Factory.

Siemens bezieht Stellung

Auch Siemens setzt mittlerweile auf TSN. Siemens kündigte auf einer Presseveranstaltung im Frühjahr an, dass Profinet-Netzwerkinfrastrukturen sukzessive die TSN-Basistechnologie integriert werden. Das deckt sich mit der Meinung von Karsten Schneider von Profibus & Profinet International: „Wir sehen bei Profibus & Profinet International in TSN auch ‚nur‘ einen weiteren Mechanismus, den wir zukünftig für Profinet nutzen werden." Etablierte Protokolle wie Profinet werden nach seiner Meinung daher auch weiterhin eine wesentliche Rolle spielen. Sie seien darauf spezialisiert, Daten im Feld einzusammeln und an einen Controller beispielsweise SPS zu übergeben oder von dort Werte zu bekommen. Siemens wird TSN bis zur Feldebene führen, heißt es in der Präsentation des Konzerns und OPC UA bis zum Control Level, berichtete Fachjournalist Meinrad Happacher via Twitter - der "Wermutstropfen" nannte es Happacher.