Neue Supply Chains : Verändern E-Autos die Logistik?

Wie verändert sich die Logistik am Band wenn die Batterien Einzug in die Fertigung halten. Die Autobauer setzen auf JIS und schnelle Wege.
© Daimler AG

Muss die Automobilindustrie in Zukunft weniger lagern?

Dr. Joachim Damasky: Die Technik eines Elektroautos ist weniger komplex und benötigt eine geringere Anzahl an Bauteilen. Dadurch entstehen Potenziale in der Logistikkette. Einen Teil davon wird das Volumen der Batterien aber auch kompensieren.

Wie lagern Zulieferer oder OEMs in Zukunft oder in der Gegenwart die Batterien?

Damasky: Die bei der Beförderung von Lithium-Batterien jeweils zu erfüllenden Sicherheitsanforderungen sind in den sogenannten UN Model Regulations sowie in den internationalen Gefahrgutvorschriften für die jeweiligen Verkehrsträger beschrieben (u.a. UN 3090 Lithium-Metall-Batterien, Klasse 9, Verpackungsgruppe I - einschließlich Batterien aus Lithiumlegierungen, und UN 3480 Lithium-Ionen-Batterien, Klasse 9, Verpackungsgruppe II - einschließlich Lithium-Polymer-Batterien). Diese legen unter anderem die Anforderungen für den Transport von Batterien an die Verpackung, an Beförderungspapiere, die Kennzeichnung von Versandstücken und Fahrzeugen, die sichere Handhabung bei der Beförderung sowie an Tests und Zulassungsregeln fest.

Für die Zukunft der Elektromobilität wird es entscheidend sein, weltweite, schnelle und leistungsfähige Logistiknetzwerke für den Batterietransport zu entwickeln. Dazu ist es nötig, Batterien auch per Flugzeug zu transportieren. Derzeitiger Stand ist, dass neue, gebrauchte und sogar beschädigte Lithium-Ionen-Batterien unter bestimmten Bedingungen auf Straßen und mit der Bahn zu transportieren sind. Diese im Straßen- und Eisenbahnverkehr bewährte Regelung sollte auf Basis der Erfahrungswerte auch in den Luftverkehr aufgenommen werden.

Die Unternehmen werden ja auch noch Verbrenner am Band bauen - erleben wir reine E-Mobil-Bänder mit eigenen Logistik- und Zuliefererprozessen?

Damasky: Bereits heute gibt es Hersteller, die verschiedene Antriebsarten auf ein und derselben Linien montieren. Aufgrund der veränderten Taktzeiten kann es zu Aussteuerungen kommen, also einer Montage abseits der Linie. In der Summe verändert sich der Prozess aber nicht. Auch gibt es Hersteller mit eigenen Bändern für Elektrofahrzeuge; hier sind die Taktzeiten angepasst und die Logistikprozesse darauf ausgerichtet.

Wie managen Sie die Recycling-Logistik der Batterien?

Damasky: Mit Beginn der Markteinführung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen haben die deutschen Hersteller eine Prozesskette nach EU-Vorgaben für das Recycling von Batterien inklusive geeigneter Logistik (Sammlung, Transport und Lagerung) sowie sicherheitstechnischer Vorbehandlung und Demontage entwickelt. Eingeschlossen ist gegebenenfalls die weitere Konditionierung für den metallurgischen Aufarbeitungsprozess, das heißt, dass Metalle aussortiert und gegebenenfalls für die Weiterverwendung aufbereitet werden. Entsprechend den EU-Vorgaben ist darüber hinaus ein Recyclingprozess mit einer Mindestrecyclingeffizienz von deutlich mehr als 50 Prozent des Batteriegewichts (EU-Vorgabe) und hohem Rückgewinnungsraten für Lithium, Kobalt, Nickel und Mangan vorgesehen.

Vielen Dank

Zusatzwissen: So positionieren sich Daimler und Bosch - Batterien nah ans Werk!

Bosch: Gerade beim Thema Batterien kommt der lokalen Produktion eine besondere Bedeutung zu. Denn für den Transport von Lithium-Ionen-Batterien gelten umfangreiche, international genormte Gefahrgutvorschriften. Diese legen unter anderem die Anforderungen für den Transport von Batterien an die Verpackung, an Beförderungspapiere, die Kennzeichnung von Versandstücken und Fahrzeugen, die sichere Handhabung bei der Beförderung sowie an Tests und Zulassungsregeln fest. Entscheidend für die Zukunft der Elektromobilität werden also auch weltweite, schnelle und leistungsfähige Logistiknetzwerke für den Transport von Batterien sein.

Daimler: Die lokale Fertigung von Batterien ist ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Elektrooffensive von Mercedes-Benz Cars und der entscheidende Baustein, um die weltweite Nachfrage nach Elektrofahrzeugen flexibel und effizient zu bedienen. Damit ist das Produktionsnetzwerk für die Mobilität der Zukunft sehr gut aufgestellt. Wir investieren mehr als eine Milliarde Euro in einen globalen Batterie-Produktionsverbund innerhalb des weltweiten Produktionsnetzwerks von Mercedes-Benz Cars. Der globale Batterieproduktionsverbund wird aus fünf Batteriefabriken auf drei Kontinenten bestehen. Für die Logistik bedeutet die E-Mobilität in unserer Produktion daher eine weitere Antriebsvariante neben klassischen Verbrennungsmotoren. Wir benötigen deshalb an den Montagebändern mehr Puffer- und Bereitstellungsfläche, um die Komponenten, Elektromotoren, Batterien etc. taktgenau einbauen zu können. Auf diese Herausforderung reagieren wir mit intelligenten Logistikkonzepten, wie zum Beispiel den Warenkorb. Bereits heute werden durch den konsequenten Einsatz von Warenkörben zur Belieferung des Montagebands kurzfristig neue Baureihen und Derivate effizient in die Serienproduktion integriert. Die Warenkörbe werden in der Verbaureihenfolge der zu produzierenden Fahrzeuge kommissioniert und mit fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF) über kurze Verbindungsrouten an die entsprechende Montagelinie gebracht. Damit ist das für das jeweilige Fahrzeug erforderliche Material unmittelbar am Verbauort zugeordnet und abgriffsgerecht bereitgestellt. Herausforderung ist, trotz mehr Material im Übergang vom Verbrenner zur Elektromobilität, die Lagerbestände zu beherrschen. Durch die lokale Batteriemontage in der Nähe der Aufbauwerke ergeben sich ideale Voraussetzungen für eine effiziente und flexible Produktion. Ziel ist es im Rahmen des Produktionsprozesses keine Batterien zu lagern sondern eine just-in-Sequence (JIS) Belieferung sicherzustellen.