3D-Druck : Tief durchatmen mit 3D-Druck

© Paunovic N, et al. ScieAdv, 2020

Um sie vor dem Ersticken zu bewahren, setzten Chirurginnen und Chirurgen bei Menschen, deren Luftröhre oder Hauptbronchien verengt sind, Stents ein. Dabei handelt es sich um röhrenförmige Implantate aus medizinisch verwendbarem Silikon oder Metall. Diese verschaffen den Patientinnen und Patienten zwar schnell Besserung, doch die Implantate haben Nachteile: Metallstents müssen mit einigem Aufwand operativ entfernt werden, was Patienten erneut belastet. Silikon-​Stents wiederum wandern weg von der Stelle des Einsetzens, da sie nicht an die Anatomie eines Patienten angepasst sind.

Ein ETH-​Forschungsteam hat nun gemeinsam mit Forschenden des Universitätsspitals und der Universität Zürich einen Atemwegsstent entwickelt, der auf den Patienten zugeschnitten und bioresorbierbar ist. Das bedeutet, er baut sich nach dem Einpflanzen nach und nach ab. Hergestellt werden diese Stents mit einem 3D-​Druckverfahren („Digital Light Processing“, DLP) und eigens zu diesem Zweck angepassten, lichtempfindlichen Harzen.

So funktioniert die Herstellung

Zuerst erstellen die Forschenden eine Computertomografie eines spezifischen Abschnitts der Atemwege. Darauf basierend entwickeln sie ein digitales 3D-​Modell des Stents. Die Daten werden an den DLP-​Drucker weitergegeben, der den maßgeschneiderten Stent Schicht für Schicht herstellt.

Beim DLP-​Verfahren wird eine Bauplattform in eine Wanne voller Harz getaucht. Die Plattform wird dann gemäß dem digitalen Modell an den gewollten Stellen mit UV-​Licht belichtet. Dort, wo Licht aufs Harz auftrifft, wird es hart. Die Plattform wird ein wenig gesenkt und die nächste Schicht belichtet. So entsteht das gewünschte Objekt Schicht für Schicht.

Spezielles Harz entwickelt

Bislang konnten mit der DLP-​Technik und bioabbaubaren Materialien nur steife und spröde Objekte hergestellt werden. Die ETH-​Forschenden entwickelten deshalb ein spezielles Harz, das nach der Belichtung elastisch wird.

Dieses Harz basiert auf zwei verschiedenen Makro-​Monomeren. Die Materialeigenschaften des damit erzeugten Objekts lassen sich über die Länge (Molekulargewicht) der eingesetzten Monomere sowie über deren Mischverhältnis steuern. Sobald UV-​Licht auf das Harz trifft, verknüpfen sich die Monomere untereinander und bilden ein Polymer-​Netzwerk. Da das neu entwickelte Harz bei Raumtemperatur zu zähflüssig ist, mussten die Forschenden es bei Temperaturen von 70 bis 90 Grad verarbeiten.

Es wurden mehrere Harze mit unterschiedlichen Monomeren hergestellt und bei daraus gefertigten Prototypen getestet, ob das Material zellverträglich und biologisch abbaubar ist. Außerdem wurden die Prototypen auf ihre Elastizität und auf mechanische Belastung wie Druck und Zug getestet.

Das Material mit den gewünschten Eigenschaften verwendeten die Wissenschaftler schließlich für die Herstellung von Stents, welche an Kaninchen getestet wurden. Das Einsetzen der Stents erforderte zudem ein spezielles Instrument, da die 3D-​gedruckten Objekte gefaltet eingebracht werden müssen. Dies setzt voraus, dass sich die Implantate weder knicken noch quetschen lassen und dass sie sich an ihrem Einsatzort perfekt entfalten. Um mithilfe medizinischer Bildgebung nachverfolgen zu können, wo sich der Stent beim Einsetzen befindet, bauten die Forschenden Gold in dessen Struktur ein. Das macht die Stents stabil, ändert aber nichts an deren Biokompatibilität.

Erfolgreiche Tests

Die Tests an den Kaninchen verliefen erfolgreich. Die Forschenden konnten zeigen, dass die Implantate biokompatibel sind und dass sie nach sechs bis sieben Wochen vom Körper resorbiert werden. Zehn Wochen nach der Implantierung war der Stent auf Röntgenaufnahmen nicht mehr sichtbar. Zudem bewegten sich die eingesetzten Stents in der Regel nicht von der Stelle, an der sie eingepflanzt wurden.

«Diese vielversprechende Entwicklung eröffnet Aussichten für die rasche Herstellung von maßgeschneiderten medizinischen Implantaten und Hilfsmitteln, die sehr genau, elastisch und im Körper abbaubar sein müssen», sagt Jean-​Christophe Leroux. Weitere Forschung werde darauf konzentriert, das Einsetzen der Stents so schonend wie möglich zu gestalten.

Weiter sollen die Prozesse so gestaltet werden, dass die Herstellung am Ort der Verwendung möglich wird, oder zumindest kurze Lieferketten umfasst. Noch steckt das Verfahren im Labormassstab. «Solche Stents in großem Massstab herzustellen, ist allerdings ein komplexes Unterfangen, das wir noch besser untersuchen müssen», sagt André Studart. Die Technik lasse sich jedoch relativ leicht auf ähnliche medizinische Anwendungen übertragen. «Es ist daher hoffentlich nur eine Frage der Zeit, bis unsere Lösung ihren Weg in die Klinik findet», so der ETH-​Professor.