Konjunktureinschätzung : Prognose: Erholung der österreichischen Wirtschaft bis Ende 2023

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Aufgrund des kräftigen Erholungstempos in den kommenden beiden Jahren wird die österreichische Wirtschaft insgesamt bis Ende 2023 nicht nur die pandemiebedingten Einbußen aufgeholt haben, sondern mit einer Wirtschaftsleistung von rund 6 Prozent über dem Niveau von 2019 auch zum Wachstumstrend von vor Beginn der Pandemie aufschließen können. Die Corona-Krise wird damit anders als die Finanzkrise von 2008/2009 keine langfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. „Nach einem Anstieg des BIP um voraussichtlich 5 Prozent im Jahr 2021 erwarten wir eine starke Fortsetzung des Aufschwungs aus der Pandemie im Jahr 2022 mit einem Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent und auch 2023 wird die Dynamik mit 3 Prozent überdurchschnittlich hoch sein“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Metallerzeugung und -verarbeitung oder der Elektrotechnik sowie die Bauwirtschaft sind die erfolgreichsten Branchen, das Gastgewerbe hinkt hinterher.

Lieferschwierigkeiten bis Sommer 2022

„Die weltweite Erholung der Wirtschaftstätigkeit setzt sich fort. Hartnäckige und länger dauernde Lieferengpässe und eine unerwartet hohe Inflation belasten jedoch das Wachstumstempo im nächsten Jahr. Die jüngsten wirtschaftlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Infektionszahlen in den meisten Industrieländern werden dagegen relativ geringe Auswirkungen auf den Erholungsmodus der Weltwirtschaft haben, aber höhere Volatilität und Unsicherheit auslösen“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Die Weltwirtschaft wird nach einem Plus von 5,8 Prozent 2021 im kommenden Jahr 2022 mit 4,2 Prozent weniger dynamisch wachsen.“ Deutliche Erleichterungen für die globale Wirtschaft durch den Pandemieverlauf ist ab dem Frühjahr 2022 zu erwarten. „Als Wachstumshemmnis werden sich vorerst die Lieferschwierigkeiten erweisen, die noch zumindest bis in den Sommer 2022 andauern sollten, danach werden jedoch Nachzieheffekte für starke Impulse für die Weltwirtschaft sorgen“, meint Bruckbauer.

Erholung wird Fahrt aufnehmen

Das Konjunkturklima in Österreich ist zum Jahreswechsel 2021/22 weiterhin gut. „Das Wachstumstempo der österreichischen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Wochen verlangsamt, der Lockdown ab Ende November hat zusätzlich belastet“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Während die Stimmung in der Industrie und am Bau weiterhin überdurchschnittlich gut ist, ist die Verbraucherstimmung spürbar eingebrochen. Anders als im Vorjahr wird die österreichische Wirtschaft gestützt auf ein rasches Comeback des Dienstleistungssektors auch früher wieder auf einen Wachstumspfad einschwenken und der Lockdown nur eine kurze Delle hinterlassen.“ Im späteren Jahresverlauf 2022 wird die Erholung wieder stark an Fahrt aufnehmen können, wenn die Auflösung der Lieferprobleme zu einer breiten Wachstumsunterstützung durch die Industrie und die Bauwirtschaft beitragen wird.

Rückgang der Arbeitslosenquote

Die im Frühjahr eingesetzte kräftige wirtschaftliche Erholung hat zu einer raschen Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt geführt. Nach 9,9 Prozent im Jahresdurchschnitt 2020 ist die Arbeitslosenquote 2021 auf durchschnittlich 8,1 Prozent gesunken. Die Arbeitslosigkeit ist am Bau, in der Industrie und bei den Nicht-Marktdienstleistungen sogar bereits geringer als vor dem Ausbruch der Pandemie. „Für 2022 und 2023 erwarten wir einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf durchschnittlich 7,3 bzw. 6,9 Prozent. Zudem hat der kräftige Konjunkturaufschwung pandemiebedingte strukturellen Probleme auf dem Arbeitsmarkt hintangehalten, wenngleich die Rekordzahl der offenen Stellen auf eine leichte Verschärfung des seit einiger Zeit bestehenden Qualifikationsmismatch hindeutet“, so Pudschedl.

Inflation steigt 2022 auf 10-Jahres-Hoch

Die Inflation hat sich vor allem aufgrund höherer Energiepreise 2021 auf durchschnittlich 2,8 Prozent verdoppelt. Der Höhepunkt der Preisdynamik ist angesichts der hartnäckigen angebotsseitigen Lieferprobleme für viele Rohstoffe und Vormaterialien sowie der weiterhin starken Nachfrage zu Jahresbeginn 2022 zu erwarten. „Nach Werten über der Marke von 4 Prozent im Jahresvergleich wird sich die Inflation in Österreich im Jahresverlauf 2022 voraussichtlich verlangsamen. Basiseffekt und der erwartete Rückgang des Ölpreises dürften eine Wende des Inflationstrends bewirken. Im Jahresdurchschnitt erwarten wir für 2022 jedoch aufgrund der hohen Jahresanfangswerte nunmehr eine Teuerung von 3,3 Prozent, dem höchsten Wert seit 2011“, meint Pudschedl. Die Inflation wird im Jahr 2023 aufgrund großer Basiseffekte, insbesondere im Energiebereich, und der gänzlichen Auflösung der Engpässe voraussichtlich weiter auf durchschnittlich nur 1,5 Prozent zurückgehen.

Risiken und Chancen abhängig vom Pandemieverlauf

Der Konjunkturausblick für die nächsten zwei Jahre ist durch ungewöhnlich hohe Risiken gekennzeichnet. Entscheidend ist weiterhin vor allem der Pandemieverlauf. „Die Wachstumserwartungen sind unmittelbar von den angebotsseitigen Versorgungsproblemen abhängig. Diese könnten sich einerseits zwar rascher auflösen als erwartet, andererseits jedoch auch deutlich verschärfen und verlängern", meint Bruckbauer. Außer Acht gelassen werden darf nach Einschätzung der Ökonomen nicht das erhebliche Risiko einer stärkeren Verlangsamung der Konjunktur in China, das mit einer hohen Verschuldung und einem aufgeblähten Immobiliensektor zu kämpfen hat. „Die Unternehmen könnten auf die Versorgungsprobleme mit strategisch höheren Lagerbeständen reagieren und versuchen die Lieferketten widerstandsfähiger zu machen, was aufgrund höherer Kosten die Inflation längerfristig nach oben bewegen und damit die Wirtschaftsdynamik schwächen könnte“, so Bruckbauer abschließend.