Nachgefragt : Neue Geschäfte: Wird B&R zum Maschinenbauer?

Alexander Mayrböck
© B&R

Mit Acopostrak vom Zulieferer zum Maschinenbauer: Herr Mayrböck ist das die Zukunft von B&R?

Alexander Mayrböck: Zu dieser Aussage möchte ich gleich Stellung nehmen: Wir liefern Hard- und Software, mit denen unsere Kunden Maschinen und Anlagen automatisieren. Wir haben kein Interesse daran, selbst Maschinenbauer zu werden.

Deren Geschäft Sie aber mit Acopostrak infiltrieren.

Mayrböck: Nein, Acopostrak ist eine Komponente einer Maschine oder Anlage. Wir bieten ein flexibles Transportsystem an, das unsere Kunden dann integrieren. Ähnlich wie wenn man einen Roboterarm für eine Pick&Place-Anwendung kauft. Auch einen solchen Roboterarm entwickelt ein Maschinenbauer nicht selbst, sondern kauft ihn zu.

Trotzdem hatten Sie bis dato nur wenig mit Maschinen- und Anlagenbetreibern zu tun. Dies ist seit November 2017 mit der Premiere von Acopostrak vorbei.

Mayrböck: Es stimmt, dass sich mittlerweile Endanwender an uns wenden und wir dann Partner aus dem Maschinen- oder Anlagenbau suchen, um ein Projekt zu realisieren. Aber das heißt nicht, dass wir zum Maschinenbauer werden. Wir sind und bleiben ein Zulieferer des Maschinen- und Anlagenbaus.

Sie steigen seit kurzem verstärkt in die Motorenproduktion ein.

Mayrböck: Ja, wir fertigen die Motoren, die wir für Acopostrak brauchen selbst. Das haben wir bis dato nicht gemacht.

Ein neuer Bereich, der auch neue Mitbewerber auf’s Tablett bringt.

Mayrböck: Für die Langstatorlineartechnik, wie wir sie entwickelt haben, gibt es am Markt nur wenig Konkurrenz. Ein ähnliches Produkt schon gar nicht, denn unsere elektronischen Weichen sind ein Alleinstellungsmerkmal am Markt. Gefertigt wird übrigens in einem Werk nur zehn Kilometer Luftlinie von unserem Stammwerk in Eggelsberg entfernt. Dort wickeln wir die Spulen, assemblieren die Motoren und integrieren die benötigte Leistungselektronik.

Warum keine Kooperation mit einem traditionellen Motorenbauer?

Mayrböck: Regelungstechnik, Leistungselektronik und mechanisches Design sind Pionier-Know-how, das wir selbst entwickelt haben. Daher ziehen wir eine eigene Produktion vor.

Wie viele Motoren werden derzeit in Ihrem Werk produziert?

Mayrböck: Wir befinden uns in der Anfangsphase der Acopostrak-Fertigung. Für gewöhnlich stellen wir bei neuen Produkten nur wenige Prototypen her, doch das Interesse an Acopostrak war so groß, dass wir mit der Prototypenfertigung kaum hinterhergekommen sind. Wir gehen davon aus, dass die Auslastung der Fertigung sehr hoch sein wird, sobald wir die Serienproduktion voll hochgefahren haben.

Was für ein Geschäftsmodell steckt hinter Acopostrak?

Mayrböck: Das gleiche wie bei all unseren Produkten. Bei Acopostrak heißt das konkret, der Kunde bestellt bei uns alle Track-Komponenten, die er braucht, um seine Anforderungen zu erfüllen. Wir liefern diese Hardware-Komponenten und natürlich die Software, um den Track zu programmieren, zu steuern und zu simulieren.

Womit wir bei der Simulation wären …

Mayrböck: … dem digitalen Zwilling einer Anlage. Acopostrak kann komplett simuliert werden. In der Visualisierung können auch andere Anlagenbestandteile, wie Roboterarme und Bearbeitungsstationen bewegt werden.

Richtig. Wie sieht es hier mit der Offenheit gegenüber anderen Simulationswerkzeugen aus?

Mayrböck: Wir bieten Schnittstellen zu vielen gängigen Tools wie industrialPhysics und MapleSim. Zudem unterstützen wir den unabhängigen Industriestandard Functional Mock-up Interface (FMI) und ermöglichen damit einen Modellaustausch und die Co-Simulation von Modellen in verschiedenen Entwicklungswerkzeugen.

Acopostrak ist seit 2017 am Markt. Wie viele wurden seitdem verkauft?

Mayrböck: Wie bereits erwähnt, befindet sich die Acopostrak-Fertigung noch in der Anfangsphase und wir haben aktuell eine Vielzahl an Prototypen in den unterschiedlichsten Branchen im Einsatz.

Kann Acopostrak auch mit konventioneller Fördertechnik kombiniert werden?

Mayrböck: Ja, das ist kein Problem. Aufgrund der rein magnetischen Haftung der Shuttles auf dem Acopostrak ist ein Wechsel zwischen dem intelligenten Transportsystem und einem konventionellen Förderband problemlos möglich. Dadurch lassen sich auch bestehende Anlagen leicht durch kurze Strecken mit Acopostrak flexibler machen und aufwerten.

Wird Acopostrak weiterentwickelt?

Mayrböck: Ja, auf der anstehenden Smart Automation in Linz werden wir zum Beispiel einen Schwerpunkt in der Zusammenarbeit Mensch, Roboter und Tracksystem setzen. Wir rücken damit die Sicherheitstechnik kollaborativer Systeme in den Mittelpunkt. Auch das ist ein Novum am Markt: Ein Transportsystem, das je nach Situation mit einer Höchstgeschwindigkeit von 4 m/s fahren kann oder mit einer sicher begrenzten Geschwindigkeit und Kraft, sodass Bediener gefahrlos direkt am Track arbeiten können.

Vielen Dank für das Gespräch!