Fallstudie : Kistler wacht über die Herstellung von Steckerverbindern

Sensoren Werkzeuginnendruck Fischer
© Kistler

Erich Fischer und Schichtleiter Martin Weinzettel, Industriemeister für Kunststoff- und Kautschuktechnik, gehen bei der Qualität ihrer Spritzgussteile keinerlei Kompromisse ein. Denn Mängel führen entweder zu Problemen bei der Baugruppenmontage im eigenen Haus oder zu Reklamationen bei der millionenfachen Lieferung an OEMs und Tier-1-Supplier.

Als wichtigstes Kriterium für die Qualität der Spritzgussteile hat Fischer eine unvollständige Formfüllung, die sogenannten "Short Shots" ausgemacht. Seit langem verfolgt der mittelständische Familienbetrieb an allen Maschinen eine enge Überwachung aller relevanten Maschinenparameter, aller Heisskanaltemperaturen und der Temperatur des Werkzeugkörpers.

Toleranzbänder um die Parameter, bei deren Überschreitung die Maschine Alarm gibt, sind ohnehin selbstverständlich. Trotz aller Anstrengungen war man aber nicht absolut sicher vor unausgespritzten Teilen oder kleinen Defekten am Ende des Fliessweges. Deshalb führte Fischer vor einigen Jahren zusätzlich eine Prozessüberwachung auf Basis des Werkzeuginnendrucks ein.

Aus der Überwachung des Werkzeuginnendrucks zieht Fischer heute die Sicherheit, dass die Formteilqualität stimmt. "Wenn wir enge Toleranzen setzen und den Prozess gut einfahren, haben wir sehr gute Ergebnisse", ist Ruedi Ehni, Stellvertretender Produktionsleiter, zufrieden. Martin Weinzettel ergänzt: "Mit dem Werkzeuginnendruck sehen wir, was im Werkzeug passiert."

Konsequenter Einsatz von Sensoren und Systemen

Inzwischen sind bei Fischer 60 Prozessüberwachungssysteme im Einsatz. Mehr als 300 Werkzeuge sind mit Werkzeuginnendrucksensorik ausgestattet. "Neue Werkzeuge bestücken wir so gut wie ausnahmslos mit Sensoren", betont Martin Weinzettel, "und viele ältere Werkzeuge haben wir bereits nachgerüstet."

Im Einsatz sind Prozessüberwachungssysteme CoMo Injection Typ 2869A/B von Kistler zur Überwachung von Druckverläufen aus 4, 8, 16 oder 32 Kavitäten. Überwiegend setzt Fischer dabei die Mehrkanal-Kabeltechnik ein: Single-Wire-Kabel führen vom Sensor zu einem Mehrkanalstecker aussen am Werkzeug, von dem aus ein Mehrkanal-Kabel für den Anschluss an das Prozessüberwachungssystem sorgt. Alle CoMo Injection sind fest installiert und vernetzt wodurch eine zentrale Speicherung der Produktionsparameter gewährleistet wird. Beim Werkzeugwechsel kann auf diese Daten zurückgegriffen werden, was zu einfachem Datenhandling und kurzen Einrichtzeiten führt.

Überwiegend hat Fischer den kleinsten Kistler-Drucksensor Typ 6183A mit 1 mm Frontdurchmesser im Einsatz, gelegentlich auch den grösseren Typ 6182B mit 2,5 mm Durchmesser. Eine verchromte Front schützt den Sensor vor Verschleiss bei der Verarbeitung hochgefüllter und abrasiv wirkender Kunststoffe.

Die Werkzeuginnendruckmessung im Prozessverlauf

Die Qualitätsüberwachung ist nicht der einzige Vorteil, den Fischer aus der Werkzeuginnendruckmessung zieht. Martin Weinzettel: "Die Werkzeuginnendruckmessung hilft schon bei der Abmusterung eines Neuwerkzeugs, den Prozess anzufahren und zu optimieren. Im Druckverlauf sehen wir schnell, ob der Heisskanalverteiler, die Düsen und der Heisskanalregler in Ordnung sind. Die Werkzeuginnendruckmessung ermöglicht, Werkzeuge zu beurteilen. Bei unseren Mehrfachwerkzeugen sehen wir auf einen Blick am Prozessüberwachungssystem, ob die Balancierung des Heisskanals stimmt. Später erkennen wir sogar Maschinenfehler und Verschleisserscheinungen am Werkzeuginnendruckverlauf", berichtet Martin Weinzettel. Bei der Erstbemusterung werden die Formteile vermessen und gewogen, kritische Qualitätsmerkmale und Struktureigenschaften geprüft und Protokolle erstellt. Nach der Kundenfreigabe für die Formteile definieren die Spritzgiessexperten im Prozessüberwachungssystem Auswerteelemente für den Werkzeuginnendruckverlauf.

Das Erreichen des richtigen Druckniveaus ist ein zwingend einzuhaltendes Kriterium zur positiven Beurteilung der Qualität durch das Prozessüberwachungssystem. Der Druck im Werkzeug muss ein definiertes Druckniveau überschreiten, ohne einen maximalen Spitzendruck zu übertreffen. Dazu sind Schwellwerte definiert. Erreicht der Druckverlauf das Mindestniveau nicht oder überschreitet er das Maximum, bewertet der CoMo Injection das Formteil als mangelhaft. Bei komplexeren Qualitätskriterien zieht Fischer zur Bewertung des Werkzeuginnendrucks auch Boxen heran, die aus einem definierten Druckbereich und einem definierten Zeitfenster gebildet werden und vom Druck in bestimmter Abfolge durchlaufen werden müssen.

Folge der Mangelhaft-Bewertung ist ein "Schlecht"-Signal für den Roboter, das entsprechende Teil in die Ausschusskiste bzw. in eine Schneidmühle neben der Maschine abzuwerfen. In grösseren Mehrfachwerkzeugen lassen sich als fehlerhaft bewertete Teile durch eine kavitätensortierte oder teilsortierte Ablage separieren. Selten sind bei Fischer Fallteile, da fast alle Maschinen mit Entnahmerobotern ausgestattet sind. Um hier die Teile eines als fehlerhaft mangelhaft eingestuften Zyklus als Ausschuss auszuschleusen, aktiviert der CoMo Injection eine Ausschussweiche.

Wegen des Schwerpunkts auf der Prüfung der vollständigen Formfüllung positioniert Fischer seine Sensoren meist angussfern. "Wir haben mit sehr kurzen Füllzeiten und geringen Wanddicken zu tun. Von daher analysieren wir nicht mit angussnahen Sensoren den Charakter des gesamten Druckverlaufs, sondern sehen uns am Fliesswegende an, ob ein Mindestdruck vorhanden ist, um das Formteil sauber auszuformen", erläutert Erich Fischer seine Strategie. "Genauso erkennen wir an einem zu hohen Druckniveau die Gefahr einer Überspritzung. Schnell füllen, schnell kristallisieren, schnell nachkühlen, und dann entformen – das ist unser Zyklus. Bei Füllzeiten von 0,25 Sekunden brauchen wir keinen Nachdruckverlauf zu analysieren, denn dort bewegt sich bei unserem Formteilspektrum wenig. Gerade wenn wir HighSpeed-Materialien einsetzen, bleibt keine Zeit für Analysen", beschreibt er seine Erfahrungen mit der Verarbeitung der neuen, mit Nanopartikeln modifizierten niedrigviskosen technischen Kunststoffe.

Durch Entwicklung und Werkzeugbau im eigenen Haus nutzt Fischer auch Simulationsprogramme: "Ergebnisse von Füllsimulationen lassen sich nicht hundertprozentig auf die Produktionssituation übertragen, denn im Druckverlauf gibt es Abweichungen zwischen Berechnung und realem Prozess", erklärt Erich Fischer. Dennoch helfen die Simulationsergebnisse auch in der Produktion, denn sie sind Grundlage für die Entscheidung über die optimale Positionierung des Drucksensors: "Ist die Position sinnvoll? Ist die Montage machbar? Ist die Handhabung des Sensors praktikabel? Bei dieser Entscheidung hilft uns die Simulation", so Erich Fischer.

Prozessüberwachung auch bei elektrischen Maschinen

In den vergangenen Jahren hat Fischer im Spektrum von 500 bis 4.500 kN Schliesskraft ausschliesslich in vollelektrische Maschinen investiert und mit inzwischen 55 Stück seinen Maschinenpark auf 70 Maschinen ausgebaut und sogar zwei Vollelektrische mit 4.500 kN hinzugefügt.

Mit vollelektrischen Maschinen hat der Betrieb hinsichtlich Präzision und Produktionskonstanz einen wesentlichen Sprung nach vorn gemacht. Aber trotz elektrischer Maschinen bleibt es für Fischer notwendig, "Short Shots" sicher auszuschliessen. Erich Fischer: "Auch an elektrischen Maschinen kommen wir nicht ohne Werkzeuginnendrucküberwachung aus. Selbst eine noch so stabile Produktion garantiert uns nicht, dass immer restlos alle Formteile ausgespritzt sind."

Unter seinen 70 Spritzgiessmaschinen betreibt Fischer nur wenige als Dauerläufer. Auf den meisten Maschinen wechseln die Produkte im Dreischichtbetrieb häufiger, so dass ein sehr zügiges Wiederanfahren der Produktion nach dem Werkzeugwechsel notwendig ist. Die meisten Maschinentypen sind bei Fischer mit identischer Ausstattung, identischer Steuerung, identischer Automation und identischer Peripherietechnik mehrfach installiert, so dass das Werkzeug problemlos durchgewechselt werden kann. Normalerweise ergeben sich von Maschine zu Maschine nur sehr geringe Abweichungen. Grössere Abweichungen der Maschinen- und Prozessparameter oder des Werkzeuginnendrucks von der zuletzt verwendeten Maschine fallen schnell auf und lassen Rückschlüsse auf den Maschinenzustand zu.

Einblick in die Balancierung von Mehrfachwerkzeugen

Martin Weinzettel: "An den Druckverläufen können wir sehr eindrucksvoll sehen, ob die Balancierung stimmt." Insofern haben Fischer und Weinzettel auch ein Auge auf die neue, automatische Heisskanalbalancierung MultiFlow geworfen, die Kistler als optionales Modul für den CoMo Injection entwickelt hat. Sie synchronisiert das Füllverhalten in den Kavitäten eines Mehrfachwerkzeugs durch eine gezielte Steuerung der Heisskanaldüsentemperaturen. Dieses Konzept würde Fischer die manuelle Balancierung des Heisskanals beim Einrichten und das regelmässige Nachbalancieren im Serienbetrieb abnehmen. Systeme zur Prozessüberwachung oder Heisskanalbalancierung auf Basis von Temperaturinformationen kommen für Fischer nicht infrage. Erich Fischer: "Selbstverständlich überwachen wir die Temperatur des Werkzeugkörpers, um zu erfahren, ob sich die Wandtemperaturen unzulässig verändern. Aber in der Kavität entscheidet für uns allein der erreichte Druck über Gut oder Schlecht."

Mit der Werkzeuginnendrucküberwachung ist Fischer vor Kostenlawinen durch Reklamationen heute sicher geschützt. "Wenn Maschine, Werkzeug, Heisskanal und Material ohnehin stimmen, ist die Werkzeuginnendrucküberwachung ein sehr gutes Tool, um die Qualität zu steigern und Beanstandungen auszuschliessen." Martin Weinzettel abschliessend: "Seit wir mit Kistler-Systemen arbeiten, haben wir den Anteil an Short Shots erheblich reduziert.