Strategie : Industrie 4.0: Was wir von Deutschland (nicht) lernen können!

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© suns07butterfly - Fotolia

2011 wurde der Begriff Industrie 4.0 in Deutschland aus der Taufe gehoben. Als Zukunftsprojekt im Rahmen der Hightech-Strategie der deutschen Bundesregierung hat sich der Begriff weltweit etabliert. Erst kürzlich traf ich einen koreanischen Kollegen, der mir sagte, dass sich dieser Begriff auch in Asien zunehmend durchsetzt. Fakt ist allerdings, dass Industrie 4.0 oft aus Unwissenheit - mehr zur Verwirrung beiträgt. Es ist immer noch ein Begriff, der bei 100 Befragten 100 unterschiedliche Wahrnehmungen erzeugt und gleichzeitig viele hilflos zurücklässt.

Ein Marketingbegriff für die Politik

Industrie 4.0 ist ein Sammelbegriff, der, einmal schmäler, einmal breiter, die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten umfasst. Schon jetzt erleben wir fundamentale Änderungen in der Art wie wir arbeiten, leben und konsumieren. Man denke nur an Angebote wie Car Sharing, „Mobility as a Service. Industrie 4.0 ist kein Hype, der in den nächsten Jahren wieder abflauen wird, sondern eine neue Ära ein, die einen Transfer der Wertschöpfung von der Hardware zur Software, vom Produkt zur Dienstleistung und vom Einzelprodukt zu Netzwerken und Plattformen einläutet. Warum ich aber glaube, dass der Begriff sein Ziel dennoch nicht verfehlt? Weil er als Marketingbegriff auch die Politik adressiert.

Was Deutschland besser macht

Eines hat uns Deutschland voraus: Dort hat man frühzeitig erkannt, dass Industrie 4.0 enorme Potenziale für die (produzierende) Industrie mit sich bringt. Seit 2011 investiert die deutsche Regierung intensiv in die Digitalisierung, ein herausragendes Beispiel dafür sind die elf Industrie 4.0 für den Mittelstand-Kompetenzzentren. Das Ergebnis: In Deutschland erlebt die Industrie eine Renaissance. Sie wird wieder als ein zentraler Akteur für hochqualitative Jobs und Wertschöpfung wahrgenommen. Wer nach Großbritannien oder Norwegen schaut, weiß dass das nicht überall der Fall ist.

Was war Deutschlands großer Fehler und unsere geniale Chance?

Im Gegensatz zu unserem nördlichen Nachbarn haben wir bereits von Anfang an eine Institution geschaffen, die der gesamtgesellschaftlichen Dimension Rechnung trägt. Wo Deutschland erst nach Jahren nachzog, haben wir bereits jetzt Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretern sowie Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in einer österreichischen Plattform vereint. Wir hinken also nicht zwei Jahre hinterher. Im Gegenteil: Erst kürzlich haben mich in der deutschen Plattform tätige Kollegen gefragt, in welchen Formaten Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenarbeiten. Das heißt, im Gegensatz zur deutschen Plattform geht Österreich von Anfang an den Weg des breiten gesellschaftlichen Konsenses. Landesvertreter werden hier nicht ihrer Macht enthoben, sondern aktiv eingebunden. Warum das so wichtig ist? Weil schlussendlich endlich die Unternehmen davon profitieren können.

Angst vor Arbeitsplatzverlust

Die Herausforderungen, die dieser digitale Wandel nach sich zieht, wird kein Unternehmen allein bewältigen können. Geschäftsmodelle, Qualifikationsanforderungen ändern sich, neue Industriestandards entstehen, die Komplexität nimmt zu. Ja die Digitalisierung hat auch eine Auswirkung auf den Arbeitsprozess selber. Aber die Befürchtungen, dass Arbeitsplätze verloren gehen (lt. einer Umfrage der Digital Business Trends im Mai fürchten das 2 von 3 Österreichern) ist in vielen seriösen Studien widerlegt. Es wird aber zu einer Verschiebung der Jobinhalte, also der Tätigkeitsprofile kommen. Wichtig ist, dass auch die Politik für diese Themen sensibilisiert wird. Und da mag uns Deutschland mit einem Gesamtregierungsansatz noch einen Schritt voraus sein. Aber wir haben einen Vorteil: auf Grund der Kleinheit können wir in einem aktiven Netzwerk von Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Verbänden, Ministerien und Ländern die anstehenden Themen konkret bearbeiten.

Autor Roland Sommer ist seit Oktober 2015 Geschäftsführer der Bundesplattform Industrie 4.0. Warum Österreich einen solchen Verein braucht, beantwortet er in einem Interview mit Factory.