Brandschutz : „In der Industrie ist es einfacher“

Strafen Friede Labor Strauss
© Labor Strauss

FACTORY: Herr Friedl, ist technischer Brandschutz in der Industrie schwieriger umzusetzen als in anderen Bereichen? Sie müssen ja laufende kritische Prozesse schützen, die nicht gestört oder gar unterbrochen werden dürfen.

Stefan Friedl: Das ist eine grundlegende Herausforderung im Brandschutz. Auf der einen Seite soll er den Betrieb möglichst wenig stören, auf der anderen Seite darf es möglichst wenige Täuschungs- und Fehlalarme geben. Diese Zielvorstellungen stehen einander gewissermaßen im Weg. In der Industrie ist es meiner Erfahrung nach ein wenig einfacher, da hier Personen beschäftigt sind, die das Thema durchaus im Fokus haben. Die auf Gefahren geschult sind. In Industriebetrieben wird die Gefahr eines Brandes oftmals ernstgenommen und auch mit Geld bewertet.

Oftmals?

Friedl: Es gibt immer auch Gegenbeispiele. Die Frage ist dann, wie an das Thema herangegangen wird. Sowohl von der öffentlichen Seite, als auch von der Beratungsseite und seitens der Planung. Wenn man die Menschen frühzeitig abholt und informiert, ist das Verständnis natürlich höher, als wenn nur irgendwann ein Bescheid ins Haus kommt.

Müssen Sie in der Industrie auch Bereiche schützen, die in dieser Form von keiner Norm abgedeckt sind?

Friedl: Das kommt durchaus vor, allerdings sind das meist keine Gebäude, sondern zum Beispiel Züge, Maschinen oder Windkraftanlagen. Hier gibt es natürlich besondere Anforderungen, und auch hier kann es brennen.

Wie streng sind denn eigentlich die Vorgaben? Sind die so etwas wie eine Mindestanforderung?

Friedl: Nein, das ist schon mehr. Um unser Regelwerk werden wir von anderen Ländern durchaus beneidet. In die Richtlinien für den vorbeugenden Brandschutz ist sehr viel Praxiserfahrung eingeflossen, insbesondere seitens der Feuerwehr. Und auch, wenn es darum geht, für eine spezifische Herausforderung eine möglicherweise neue Lösung zu finden, sind die Gespräche mit den Gremien sehr konstruktiv.

Wurde Ihnen schon einmal ein Konzept der Ausführung zurückgeschmissen?

Friedl: Das wäre nicht bis zu mir vorgedrungen. Aber man macht ja auch kein fertiges Konzept, das man der Behörde dann auf den Tisch legt – dem gehen Gespräche voraus, das löst man im Dialog. Der Weg zur Erreichung der Schutzziele ist ja nicht immer ganz ausdefiniert. Wenn ein Unternehmen etwa die vorgegebene Größe eines Brandabschnitts aus guten betrieblichen Gründen überschreiten möchte, kann man gemeinsam mit der Behörde Ersatzmöglichkeiten finden – Löschanlagen, ein dichteres Überwachungsnetz, organisatorische Maßnahmen. Im Extremfall kann das durchaus zu Lösungen führen, die in dieser Weise noch nicht umgesetzt wurden.

Wann kommen Sie bei Produktions- oder Logistik-Anlagen denn ins Spiel?

Stefan Friedl: Der Weg zu einem umfassenden Brandschutzkonzept beginnt idealerweise in der Planungsphase des Gebäudes. Hier spielen ja mehrere Gewerke zusammen: der bauliche Brandschutz, der technische – also unser Part – und der organisatorische Brandschutz. Wir planen die Brandmelde- und Löschanlagen und alles, was damit zusammenhängt: Was wird gesteuert, was muss heruntergefahren werden, welche Türen müssen sich schließen, wer muss verständigt werden?

Das ist unsere Aufgabe. Gerade in Industriebetrieben muss das in enger Abstimmung mit dem Kunden erfolgen, da hier ja kritische Prozesse betroffen sein können. Entscheidend ist auch, die Abläufe im Betrieb zu kennen: Wenn wir nur einen Plan des Gebäudes sehen und nicht einmal wissen, wo die Maschinen stehen werden, wird es natürlich schwierig. Das ist zum Glück aber selten.

Sie werden meist frühzeitig eingebunden?

Friedl: Wie gesagt: Im Idealfall ist das so. Das ist auch von der Region und vom Land abhängig. In Deutschland beispielsweise kommt der Brandschutz meist eher spät ins Spiel. Was oft zur Folge hat, dass gewisse Kompromisse in der Planung eingegangen werden müssen. Wohin mangelnde Projektkoordination führen kann, sieht man etwa am Berliner Flughafen auf vielen Ebenen recht exemplarisch.

Haben Sie schon einmal erlebt, dass Sie einen Bereich nicht schützen können?

Friedl: Es gab Fälle, in denen die Erreichung des Schutzziels nicht zumutbar gewesen wäre. Weniger aus finanzieller, sondern aus organisatorischer Sicht und hinsichtlich der zu erwartenden Häufigkeit von Täuschungsalarmen. Dann muss man gemeinsam mit dem Kunden, der Behörde, dem Brandschutzgutachter und dem Versicherer eine andere Lösung finden.

Wo endet denn Ihr Part?

Friedl: Die eigentliche Arbeit beginnt im Grunde erst nach der Planung. Bei der Ausführung und nach der Ausführung – Gebäude sind ja lebende Objekte, gerade in der Industrie. Daher begleiten wir über viele Jahre mit Wartung, Service, Fehlerbehebung und sukzessiver Erneuerung der Anlage. Da kann es durchaus um Jahrzehnte gehen. Daher sollte man sich den Partner für die Anlagen wirklich gut aussuchen.

Wird bei Ausschreibungen nicht letztlich doch über den Preis entschieden?

Friedl: Hohe Qualität und Langlebigkeit der Produkte führen ja glücklicherweise nicht immer zu höheren Preisen. Außerdem geht es in Angeboten zur Brandmeldetechnik auch darum, den richtigen Partner für Jahre oder gar Jahrzehnte zu finden, bei dem sowohl die Produktqualität als auch die angebotenen Dienstleistungen den Anforderung entsprechen.

Sie betonen, dass Sie intensive F&E betreiben. Laienhafte Frage: Gibt es in der Brandmeldetechnik noch viel Neues?

Friedl: Die Produkte entwickeln sich seit Jahrzehnten permanent weiter. Sowohl auf der Ebene der Brandmeldetechnik als auch der Brandmeldezentralen. Und nicht zuletzt haben wir unser Fernzugriffs-System „React“ entwickelt, mit dem man auch aus der Ferne sehr einfach zugreifen kann und das sowohl für den Endkunden als auch für die Feuerwehr enorme Vorteile bringt. Aber fertig ist man als Techniker ja bekanntlich nie.

Was fehlt denn noch?

Friedl: Lustig, dass Sie das fragen. Wir stellen diese Frage regelmäßig auch unserer Vertriebsmannschaft, der Feuerwehr und unseren Kunden. Ich muss zugeben, in der letzten Zeit kommt hier nicht mehr viel (lacht). Im Ernst: Wir bekommen viele wertvolle Inputs. Es gibt zum Beispiel ein neues Protokoll für eine Melder-Serie, die wir im Sortiment haben, das sehr viel einfachere Steuerungen ermöglicht, viel mehr Melder abschaltbar macht, einen größeren Strom auf der Kommunikations-Seite bietet. Das entwickeln wir derzeit.

In der eigentlichen Löschtechnik haben wir unmittelbar keine Neuigkeit im Visier. Die Löschtechnik ist durch sehr strikte Normen geregelt, die grundlegende Funktionalität ist hier sehr eng beschrieben. Die Branche entwickelt sich also vor allem in Richtung neuer Melder-Technologien, die zum Beispiel Täuschungsalarme noch besser von echten Alarmen unterscheiden kann.

Grundlegende Neuentwicklungen in den Normen abzubilden, ist natürlich nicht unmöglich, aber es ist ein langer und intensiver Prozess. Was natürlich gut ist, da es sicherstellt, dass nur wirklich erprobte Produkte auf den Markt kommen. Insgesamt ist die Technik in meinen Augen aber schon sehr ausgereift. Daher geht es vor allem um Funktionalität und Bedienbarkeit. Also um Vernetzbarkeit, Auswertbarkeit, Verfügbarkeit. Um die Intelligenz, wenn Sie so wollen.