IV Steiermark : Digitalisierung: „2020 wurde zum neuen 2030“

IV Steiermark Stolitzka Pagger
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In Folge der Coronapandemie hat die Digitalisierung aller Lebensbereiche eine enorme Dynamisierung erfahren. Die Industriellenvereinigung Steiermark (IV) sieht den von der steirischen Landesregierung vor der Pandemie eingeschlagenen Weg grundsätzlich bestätigt. Die zeitliche Perspektive der Umsetzung hat sich jedoch spürbar nach vorne verschoben.

„New Urgent“

„Das 2019 erstellte Regierungsprogramm der steirischen Koalition war ein gutes und ist es auch heute noch – trotz völlig anderer Rahmenbedingungen und Voraussetzungen. Was sich verändert hat, ist die Dringlichkeit der Umsetzung. Es herrscht ein `New Urgent`“, unterstreicht Stefan Stolitzka, Präsident der IV-Steiermark.

Positiv hebt der IV-Steiermark Präsident auch hervor, dass seit Ausbruch der Pandemie in der Steiermark in Sachen Digitalisierung wichtige Schritte gesetzt wurden. So ist es zum Beispiel gelungen, zwei „Digital Innovation Hubs“ in der Steiermark bzw. in Südösterreich zu implementieren. Diese Hubs werden Klein- und Mittelunternehmen dabei unterstützen, ihre Geschäftsmodelle dem digitalen Wandel anzupassen. Auch der Ausbau bestehender und die Einführung neuer Aus- und Weiterbildungsprogramme zum Thema Digitalisierung (Data Management, Machine Learning, Penetration Testing, etc.) unter anderem an der FH Joanneum und in Zusammenarbeit mit dem AMS Steiermark werden von der IV-Steiermark begrüßt.

Digitalisierung braucht Infrastruktur

Großer Handlungsbedarf besteht aber nach wie vor beim Ausbau der digitalen Infrastruktur. „Wir stehen in der Umsetzung digitaler Möglichkeiten heute dort, wo wir es für 2030 erwartet hatten. Man könnte sagen: 2020 wurde durch die Pandemie zum neuen 2030. Die Steiermark muss mit einer deutlichen Beschleunigung des Breitbandausbaus reagieren“, betont Stolitzka. „In der steirischen Breitbandstrategie wurde ein Planungshorizont bis zum Jahr 2030 genannt. Das darf nun nicht mehr gelten“, so der IV-Steiermark Präsident weiter.

Steigende Anforderungen an Datenanbindung

Laut einer IV-Steiermark-Umfrage steigt die Anforderung an Datenanbindung kontinuierlich. Unternehmen sind für einen Digitalisierungsschub bereit und mangelnde Anbindung kann zum Standortnachteil und Investitionshemmnis werden. Die IV-Steiermark stützt sich auf eine Erhebung, im Rahmen derer 50 ausgewählte Industrieunternehmen verschiedener Branchen, Größen und Regionen Rückmeldung zur aktuellen und zur zukünftig benötigten Verbindungsqualität gegeben haben.

Schnelles Internet ist für die Wettbewerbsposition der Unternehmen essenziell. 93,9 Prozent der Befragten geben an, dass der Stellenwert des Themas Breitbandanbindung für ihre Konkurrenzfähigkeit hoch oder sehr hoch ist. Jedes vierte Unternehmen (26,5 Prozent) ortet in langsamen Internetverbindungen jedoch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenten aus dem In- und Ausland.

Die befragten Betriebe haben bestätigt, dass sich die benötigten Netzverbindungs- geschwindigkeiten für neue, datenintensive Technologien von High-End-Anwendern rasant steigern. „30Mbit, aber auch 100Mbit entsprechen nicht den gegenwärtigen Notwendigkeiten - und schon gar jenen der nahen Zukunft. Die Anforderungen an Download-, wie auch an die Uploadgeschwindigkeit nehmen derart zu, dass eine Steigerung der Anbindung um den Faktor 2,5 innerhalb der nächsten drei Jahre in der Steiermark erforderlich ist“, fasst Gernot Pagger, Geschäftsführer der IV-Steiermark, die Rückmeldungen der Unternehmen zusammen.

Gigabitfähige Datenanbindungen werden für immer mehr Unternehmen zum Standortkriterium und zur Investitionsvoraussetzung. Eine ungenügende Internetverbindung kann laut Umfrage für beinahe jedes dritte Unternehmen schon bald ein Investitionshemmnis in der Steiermark werden: 30,6 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, bei gleicher Internetverbindung in drei Jahren Investitionen am Standort nicht mehr rechtfertigen zu können. Gelingt es hingegen, den Anforderungen der Anbindung gerecht zu werden, kann die Gestaltung der Digitalisierung von der Steiermark aus in Angriff genommen werden. „Die Unternehmen sind für einen weiteren Digitalisierungsschub bereit.“, ist Pagger überzeugt. „Die Zahl der Betriebe, die KI-Anwendungen wie etwa intelligente Automatisierung und Produktion, Predictive Maintenance oder Datenanalytik umsetzen und nutzen, kann sich in der Steiermark in den nächsten drei Jahren verdreifachen“, so Pagger.

Zentrale Anliegen der IV-Steiermark

Um die Früchte der Bemühungen rund um Mikroelektronik, Cybersecurity, Anlagen- und Fahrzeugbau, autonomes Fahren und Drohnen für die Zukunft abzusichern, braucht es eine Beschleunigung der Umsetzung der Breitbandstrategie und des Glasfaserausbaus in der Steiermark – unter Einbindung aller öffentlichen, wie auch privatwirtschaftlichen Akteure. Ziel muss es sein, an erster Stelle die Versorgung der Wertschöpfungshotspots mit gigabitfähiger Breitbandinfrastruktur, bis zum Jahr 2024 zu sichern.

Der Ausbau und die Förderungen müssen klar und ausschließlich auf gigabitfähige Technologien abstellen. Wenig zufriedenstellende und letztlich teure Zwischenlösungen (Kupfer) sind unbedingt zu verhindern. Der Vergleich der Downloadgeschwindigkeiten alleine ist für private, nicht aber für industrielle und sonstige Anwendungen entscheidend und aussagekräftig. Es braucht leistungsfähige und über 24 Stunden des Tages stabile Up- und Download-Geschwindigkeiten. Kurze Antwortzeiten sind die Voraussetzung für viele Anwendungen und Technologiefelder, allen voran KI, VR/AR und der immer wichtiger werdende Bereich des autonomen Fahrens. Die symmetrisch gigabitfähige Technologie ist Glasfaser. Für den weiteren Ausbau der Breitband- und 5G- und bald 6G-Infrastruktur ist neben der Sicherstellung ausreichender nationaler Mittel aber vor allem das Setzen klarer Prioritäten auch im Landeshaushalt erforderlich.