Fachkräftemangel : digital:talents: Wie Oberösterreich dem Fachkräftemangel den Rücken kehrt

Zauner Gaggl Weiss
© digital:talents / Stefan Zauner

„Junge Menschen wollen sich nicht just nach der Universität oder Fachhochschule an ein Unternehmen, das sie noch nicht einmal kennen, längerfristig binden.“ Markus Gaggl, Mitgründer und Ideengeber von digital:talents (im Hauptberuf Digital Entrepreneur bei TGW Logistics Group), spricht wohl vielen potenziellen Berufseinsteigern aus der Seele. Dies gestaltet sich aber als Problem für die Industrie. Händeringend sucht diese nach Fachkräften, lockt mit hohen Gehältern und scheitert dann doch wieder mit null „Response“ auf so manche Stellenanzeige. Indem digital:talents diesen Spieß umdreht und mit neuen Spielregeln an den Start geht, wollen die drei Gründer eine Lösung für das Problem gefunden haben.

Rotationsprogramm durch Österreichs Industrielandschaft

Der gemeinnützige und unabhängige Verein digital:talents will also junge digitale Talente finden, zielgerichtet einsetzen, fordern und fördern. Was zuerst nach einer Art Vermittlungsagentur von Fachkräften klingt, greift doch viel umfassender. „Es ist eine Bewerbung, ein Kennenlernen für beide Seiten“, erklärt Mitgründer und Industrieexperte Martin Zauner (im Hauptberuf Head of digital:office Miba Group). In einem speziellen Rotationsprogramm wird die angehende Fachkraft (genannt „Talent“) jeweils vier Monate eine Art Intensiv-Praktikum in drei Industrieunternehmen absolvieren. „Dem geht eine Bewerbung und Qualifizierungsphase bei digital:talents voraus“, so Zauner. „Damit auch jedes Unternehmen das richtige Talent erhält und umgekehrt.“ Der Verein begleitet, coacht und unterstützt dabei das Talent bei seinem Rotationsprogramm durch Österreichs Industrie. Hier kann sich das Unternehmen mit Themen für eine Master- bzw Diplomarbeiten bewerben. „So erhält einerseits das Unternehmen frischen Wind für seine digitalen Projekte und andererseits lernt das Talent seinen potenziellen Arbeitgeber besser kennen“, so Mitgründer Jürgen Weiss. Zielsetzung sei natürlich am Ende des Tages die Bindung an eines der Unternehmen.

Abwerbungsklausel für Unternehmen

Jedes Industrieunternehmen kann gegen eine minimale Gebühr (960 Euro pro Jahr) dem Verein beitreten und so Teil des Rotationsprogramms werden. Für entsprechende „Talente“, also die künftig erforderlichen Fachkräfte, sorgt digital:talents. „Wir gehen im Vorfeld mit sogenannten Mastertopics an die Universitäten und FHs, um Talente für Masterarbeiten zu gewinnen“, so Gaggl über die Findung von angehenden Fachkräften. Durchläuft dann ein Talent das Rotationsprogramm, verbietet eine Klausel die Abwerbung. Der Verein sorgt auch dafür, dass Mitbewerber nicht das gleiche Talent erhalten. „Damit wollen wir für faire, gleichgestellte Bedingungen zwischen den Unternehmen sorgen“, so Zauner. Das Gehalt des Talentes ist übrigens bei jedem Unternehmen gleich hoch und wird im Vorfeld in einem Vertrag zwischen Talent, Unternehmen und Verein festgelegt.

David Gumpinger als “Pilot-Talent”

Übrigens: digital:talents startet nicht mit leeren Händen. Das Talent und „Role Model“ David Gumpinger durchläuft derzeit sein zweites Unternehmen im Rotationsprogramm. Begonnen hat der Student in der Digitalabteilung von Miba und engagiert sich jetzt in einem Projekt bei mann&mouse IT Services. Sein Fazit: „digital:talents gibt mir die Möglichkeit die Unternehmen besser kennenzulernen und zeigt mir auch, in welche Richtung ich mich entwickeln möchte.“ Gumpinger kann bereits auf eine kurze berufliche Laufbahn bei diversen heimischen Industriebetrieben zurückgreifen. Er kämpfte aber mit demselben Problem: „Ich band mich an einen Job von dem ich nicht zu hundert Prozent wusste, ob das was für mich ist und ob ich mich in dieser Position auch wirklich weiterentwickeln kann.“ Auch interessant ist, wer sich im Umfeld des Vereins bereits stark macht. So ist Herbert Ortner, ehemaliger Palfinger-CEO und Aufsichtsratsmitglied einiger Industrieunternehmen, vernetzungstechnisch mit an Bord, des Weiteren auch Uwe J. Umlauff vom Steinbeis Transfer Institut. Letzterer soll vor allem das Thema Bildung fördern. Die notwendigen Mittel dazu hat er.

Was macht digital:talents?

1. Talentsuche

Sammeln von Bewerbungen (wissenschaftliche Arbeit oder direkter Weg ins Rotationsprogramm)

Pitching Days, Motivationsschreiben, persönliche Gespräche

2. Talentqualifizierung

Fachliche Betreuung der wissenschaftlichen Arbeit

Qualifikation von Unternehmen und Talent für Rotationsprogramm wird geprüft

3. Rotationsprogramm & Mentoring

Organisation von 3 x 4 Monate in Digitaleinheiten von österreichischen Unternehmen

Begleitende Maßnahmen wie Mentoring, Austausch, Weiterbildung für das Talent

4. Austauschplattform für Industrieunternehmen & Talente

Netzwerkevents, Workshops, Impulspräsentationen

Für welche aktuellen Schwerpunkte sucht digital:talents Talente?

IIoT (Industrial Internet of Things): Alles rund um die industrielle Vernetzung

Cyber Security: Wie können industrielle Anlagen und Maschinen sicher gemacht werden

Smart Sensors: Warum für die Industrie Sensorik mehr als das Funken von Daten ist

Plattform-Ökonomie: Wie gelingen neue Geschäftsmodelle, Daten-Monetisierung, Betreibermodelle (Pay-per-Use)

Künstliche Intelligenz/Machine Learning: Wie gelingt der superschlaue Algorithmus für die Industrie.

Blockchain Technologie: Welche industriellen Use Cases können sich tatsächlich lohnen

Smart City: Welche Rolle kann die Industrie hier spielen?

Big Data: Welche Software hebt das Gold im Datenmüll?

Welche Vorteile bietet digital:talents Unternehmen?

Mitgliedsbeitrag 960 Euro pro Jahr, Anmeldung via Beitrittsformular möglich

Branchentreffpunkt: Zielgerichteter Austausch mit (Digital)Experten aus anderen Industrieunternehmen

Vermittlung von Talenten: Einreichung von Master- oder Diplomarbeitsthemen

Teilnahme an Rotationsprogramm: Bis zu drei Talente für jeweils vier Monate pro Jahr

Event-Schmankerl: Vergünstigte Teilnahme an Partnerveranstaltungen

Mehr Information gibt es hier: www.digitaltalents.at