Mobilhydraulik : Bosch Rexroth macht mobile Baumaschinen noch energieeffizienter

LUDV-Lösungen
© Bosch Rexroth

Manchmal ist es durchaus überraschend, welche Fortschritte scheinbar ausentwickelte Technologien machen können. Als Bosch Rexroth Ende der 1980er Jahre die lastdruckunabhängige Durchflussverteilung einführte, war das ein großer Fortschritt gegenüber den vorherrschenden Open-Center- und pre-compensated Load-Sensing-Systemen. Beide Ansätze zeigen Probleme, wenn zwei oder mehr Verbraucher gleichzeitig betätigt werden. Die Open-Center-Systeme können zwar auf eine Maschine abgestimmt werden, aber es ist schwierig, dieses fest abgestimmte Setup zu verändern bzw. zu erweitern. Bei Load-Sensing können die Hersteller leicht zusätzliche Verbraucher ins System integrieren. Allerdings kommt es zu Problemen in Bedienung und Performance, wenn die Verbraucher mehr Durchflussmenge anfordern, als die Pumpe liefern kann. In diesem Fall der Untersättigung kann es passieren, dass ein Verbraucher plötzlich langsamer wird oder sogar stehenbleibt – bei mobilen Arbeitsmaschinen wie Baggern eine völlig inakzeptable Eigenschaft in Bezug auf Bedienung und vor allem Sicherheit.

LUDV hat heute einen festen Platz bei Baggern

Die maßgeblich von Bosch Rexroth vorangetriebene Entwicklung der lastdruckunabhängigen Durchflussverteilung hat diesen Nachteil klassischer Load-Sensing-Systeme behoben. Reicht der Volumenstrom nicht aus, um alle Verbraucher mit der gewünschten Menge zu versorgen, verlangsamen sich gleichmäßig alle Bewegungen – aber kein Verbraucher bleibt stehen. Das erhöht die Sicherheit und den Bedienkomfort. Mit seiner Entwicklung von LUDV-Ventilen schuf Rexroth die Voraussetzungen, dass sich diese Technologie bei zahlreichen Baumaschinen als Standard etablieren konnte: LUDV hat heute einen festen Platz bei Baggern der unteren und mittleren Gewichtsklassen, mit Rad- oder Kettenantrieb. In Europa beispielsweise liegt die LUDV-Verbreitung in Mobilbaggern bei über 80 Prozent. Auch in Mobilkranen, Materialumschlaggeräten, Radladern, Telehandlern und Planierraupen ist LUDV heute Stand der Technik.

Schärfere Grenzwerte sind einzuhalten

Ständig schärfere Grenzwerte für die zulässigen Abgasemissionen mobiler Arbeitsmaschinen setzen die Hersteller unter Zugzwang. Weniger Emissionen erreichen sie nur durch einen geringeren Dieselverbrauch. Dazu „downsizen“ sie die Dieselmotoren oder verschieben die maximalen Drehmomente in die niedrigeren Drehzahlbereiche. Damit steht der Arbeitshydraulik weniger Eingangsenergie zur Verfügung.

Wegen der für die Abgasnachbehandlung notwendigen Komponenten ist in vielen Fällen sogar weniger Bauraum als bisher vorhanden. Diesen Herausforderungen begegnen die LUDV-Ventile von Rexroth mit ihrer Hochdruckfähigkeit für Pumpendrücke bis zu 380 bar, was eine hohe Leistungsdichte der Hydraulik ermöglicht.

Getrennte Kreise für höhere Effizienz

Hoch effiziente Komponenten sind eine Grundvoraussetzung, um das Thema Effizienz auch auf der Ebene der gesamten Arbeitshydraulik weiter zu entwickeln. Genau hier setzen Zwei-Kreis-LUDV-Architekturen an. Anstatt wie in klassischen LUDV-Systemen die Volumenstromverteilung innerhalb nur eines Hydraulikkreises zu regeln, bietet ein Zwei-Kreis-LUDV die Möglichkeit, zwei Kreise mit unterschiedlichen Druckniveaus energetisch optimal zu summieren.

Allerdings benötigen zwei Hydraulikkreise auch zwei Pumpen. Wo ist also der Einspareffekt? In einem ersten Schritt dort, wo schon aufgrund der Größe der Maschine sowieso zwei Pumpen eingebaut sind, um die entsprechend notwendige Fördermenge zu erzeugen. Die Zwei-Kreis-Lösung hat insbesondere dann Vorteile, wenn nicht beide Kreise gleichzeitig die Maximalleistung abrufen und einer der beiden Hydraulikkreisläufe auf einem niedrigeren Druckniveau arbeitet. Durch die Trennung des Kreises mit hohem Druck von dem mit niedrigerem Druck kann Energie eingespart werden. Denn anders als im Ein-Kreis-System muss nicht die gesamte Ölmenge eines Verbrauchers mit niedrigerem Druckniveau angedrosselt werden. Nur der Lastdruckunterschied der Summationsmenge wird kompensiert.

Hubgeschwindigkeit steigern

Bislang jedoch beschränkt sich die Umsetzung dieses Prinzips überwiegend auf Anwendungen mit vergleichsweise geringer Dynamik. Soll zum Beispiel ein Mobilkran eine Last schnell in eine große Höhe heben, kann der Fahrer vor der Bewegung zwei Kreise zusammenschalten und so die Hubgeschwindigkeit steigern. Bei solchen „schwarz-weiß“ Lösungen für ein Zwei-Kreis-LUDV ist also jeweils die Einschätzung des Bedieners notwendig, der sich bewusst entscheiden und dann die entsprechende Betriebsart (Ein-Kreis oder Zwei-Kreis) manuell auswählen muss – und zwar vor Beginn der auszuführenden Arbeitsbewegung. Für dynamischere Anwendungen eignen sich solche Lösungen nicht. Zu oft und auch während einer Bewegung würde sich die Frage stellen, ob eine Summierung gerade sinnvoll ist oder nicht – was zudem vom Bediener jeweils kaum zu beantworten wäre.

Automatische Summierung jederzeit

Rexroth hat daher zwei völlig neue Summierungstechniken entwickelt. Diese prüfen permanent, ob eine Kreissummierung sinnvoll ist und aktivieren diese gegebenenfalls mittels einer zusätzlichen Achse innerhalb des LUDV-Ventilblocks. Eine Entscheidung und Bedienung durch den Fahrer ist mit den neuen Lösungen nicht mehr notwendig. Rexroth bietet diese neuen Schaltungsfunktionen in zwei unterschiedlichen Varianten an: zum einen die steuerdruckabhängige Summierung für hydraulisch angesteuerte Maschinen und zum anderen „i-Sum“ für Maschinen, die mit Elektrohydraulik ausgestattet sind.

Steuerdruckabhängige Summierung

In rein hydraulisch angesteuerten Systemen vergleicht die steuerdruckabhängige Summierung die Steuerdrücke von zwei Verbrauchern, die in getrennten Kreisen platziert sind. Wird nur einer der beiden verwendet, so wird die Pumpe des einen Kreislaufs auf den anderen Kreislauf geschaltet, um eine schnellere Arbeitsbewegung zu ermöglichen. Die zugeschaltete Menge wird über eine Druckwaage geleitet, um die Druckunterschiede der beiden Kreisläufe zu kompensieren. Diese Schaltung bewährt sich bereits bei Materialumschlaggeräten, was sich in einer erheblichen Reduzierung des Energieverbrauchs widerspiegelt. Gleichzeitig verbessert es die Feinfühligkeit der Arbeitshydraulik, weil die Summierung in die Verbraucherleitung erfolgt und somit im Ein-Kreis-Betrieb die Menge der jeweiligen Hauptpumpe über den kompletten Schieberhub gesteuert werden kann.

Intelligente Summierung „i-Sum“

Bei dieser intelligenten Summierung, kurz i-Sum, für elektrohydraulisch angesteuerte Maschinen übernimmt ebenfalls eine zusätzliche Achse innerhalb des LUDV-Ventilblocks die Summierfunktion. Die Regeldruckdifferenz, das sogenannte Regel-delta p, ist bei normaler Sättigung in beiden Kreisen gleich. Bei Untersättigung eines Kreises fällt dessen Regel-Druckdifferenz und die Summierachse öffnet den Weg vom gesättigten Kreis in den ungesättigten – mit dem Ziel, beide Regel-Druckdifferenzen auf ein niedrigeres aber gleiches Niveau zu bringen. Je nach Lastunterschied der zwei Kreise arbeitet der Kolben in der Summiersektion als Summierkolben oder als Druckwaage.

Vereinfacht gesagt, verhält sich das i-Sum in Bezug auf die Durchflussmenge (Performance) wie ein Ein-Kreis-LUDV unter größtmöglicher Nutzung der energetischen Vorteile (unterschiedliche Druckniveaus) eines Zwei-Kreis-Systems. Die elektrohydraulische Ansteuerung von Pumpe und Steuerblock ermöglicht durch individuelle Programmierung sehr flexibel, die jeweils angestrebte Balance zwischen Effizienz und Maschinenverhalten zu finden.

Ein gutes Beispiel dafür ist das Planieren beim Bagger: Während der Ausleger mit hohem Druck bei dieser Arbeit nur eine relativ geringe Ölmenge benötigt, fordert die schnelle Bewegung des Stiels eine möglichst große Menge mit deutlich niedrigerem Druck. So werden je nach Position der Ausrüstung bis zu 90 Prozent der möglichen Menge des Ausleger-Kreislaufes in den Stiel-Kreislauf „hineinsummiert“.

Dass dieser Vorteil in der Praxis Bestand hat, belegt eine ausführliche Vergleichsmessung an einem 18 Tonnen Mobilbagger. Dort ruft die neue, elektronifizierte Zwei-Kreis-LUDV-Systemlösung mit i-Sum je nach Lastzyklus bis zu 20 Prozent weniger Energie ab als die bisherige hydraulische Ein-Kreis-Technologie.

Elektronik auf dem Vormarsch

Damit passt i-Sum sehr gut zum Trend einer zunehmenden Elektronifizierung von Baumaschinen. Gerade bei neuen Maschinenkonzepten setzen immer mehr Hersteller auf elektronische Joysticks. Mit elektrisch angesteuerten Systemen ist es darüber hinaus möglich, hydromechanische Funktionen durch Elektronik und Software zu substituieren. Die Maschinenhersteller können somit die Funktionen individuell entsprechend ihrer Erfordernisse parametrisieren. Eine aufwändige Inbetriebnahme, bei der mechanische Komponenten angepasst werden müssen, kann teilweise vermieden werden.

Ventile in Nenngröße und Funktion frei kombinierbar

Dabei spielen die Ventilblöcke von Rexroth wie zum Beispiel der bewährte M7-LUDV-Steuerblock eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung energieeffizienter und wirtschaftlicher Mobilhydraulik. Baumaschinenhersteller können flexibel verschiedene Nenngrößen und Ventilscheiben in einem Block kombinieren, darunter auch die neue steuerdruckabhängige Summierung und i-Sum. Weiter ist es möglich, kleinere Nenngrößen für Funktionen mit geringen Volumenströmen, wie beispielsweise dem Absenken von Standstützen, auszuwählen. Die Hauptverbraucher mit schnellen, präzisen Bewegungen von großen Zylindern oder Motoren dagegen werden mit größeren Ventilen ausgestattet, die auf diese Volumenströme angepasst sind.

Damit eröffnet Rexroth den Maschinenherstellern zusätzliche Freiheitsgrade, durch die bedarfsgerechte Auslegung der Ventile für die jeweilige Aufgabe Einbauraum und Gewicht einzusparen.