Gestensteuerung : Berührungslos optimieren und bedienen

Iron Man
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Mit Handbewegungen und Sprache navigiert sich Robert Downey Junior im Film „Iron Man“ durch die virtuelle Welt des Computers. Diese Holodecks sind längst nicht mehr reine Fiktion Hollywoods. Unsere althergebrachte Computersteuerung mit Maus und Tastatur kann da einpacken. Denn die neue Konkurrenz – eine dreidimensionale Bewegungssteuerung – ist wesentlich schneller und effektiver.

Den ersten Meilenstein setzte vor gut zweieinhalb Jahren Microsoft mit seiner Steuerung Kinect. Schon kurz nachdem das Gerät der Öffentlichkeit präsentiert wurde, stürzten sich nicht – wie angenommen Spieler – auf das Gerät, sondern vor allem Ingenieure und Programmierer. Thomas Grasslober, Produktmanager Microsoft Österreich, über Einsatzbereiche der Kinect Steuerung: „Im Moment bedient man sich dieser Steuerung sowohl in der Medizin als auch in der Werbung. Chirurgen können sich durch Röntgenbilder navigieren oder auf Patientendaten zugreifen ohne ihre Handschuhe abziehen zu müssen. Kunden können das Innenleben eines Autos erkunden oder durch verschiedene Angebote im Schaufenster navigieren – nur mit Hilfe von Armbewegungen.“ Aber auch die Industrie hatte die Vorteile dieser neuen Steuerung gewittert und schickte Ihre Tüftler los, um diese Technologie einsetzbar zu machen. Das Ergebnis sind Human-Machine-Schnittstellen, die den Zukunftsphantasien Hollywoods entsprungen sein könnten.

Österreich ist mit dabei.

Und wer jetzt denkt, das gäbe es nur in Amerika, liegt falsch. Der Vorarlberger Automatisierungsspezialist Eberle präsentierte bereits auf der Viennatec 2012 eine intuitive Gestensteuerung von Robotern. Das Dornbirner Systemhaus hat eine 3D-Gestensteuerung für Industrieroboter entwickelt, die sich vor allem durch ihren Sicherheitsaspekt auszeichnet. Durch ein ausgeklügeltes Kamerasystem wird der Roboter via Gestensteuerung bedient. Betritt man den gelben Sicherheitsbereich arbeitet der Roboter langsamer. Gelangt der Mitarbeiter in den roten Sicherheitsbereich, erkennt das Programm das Risiko und schaltet die Maschinen automatisch ab.

Montage der Zukunft.

Wie der Arbeitsplatz der Zukunft in der Montage aussieht, das erforscht Profactor unter der Leitung von Martin Ankerl seit einigen Monaten im Projekt ShowMe. „Unser Ziel ist es eine noch engere Kooperation von Mensch und Maschine zu ermöglichen und damit flexibel auf Änderungen reagieren zu können“, so der Projektleiter.

ShowMe steht für ein intelligentes Assistenzsystem, das den Mensch unterstützt. Vor allem in der Automobilindustrie ist die manuelle Montage durch die stetig steigende Variantenvielfalt fehleranfällig. „In der Motorenproduktion kann es bis zu einem Monat dauern, bis der Mensch alle Varianten eines neuen Arbeitsvorganges effizient abarbeiten kann“, erklärt Ankerl. Die Rückmeldung, ob ein Fehler gemacht wurde erfolgt oft erst viel später, was es für die Menschen schwierig macht aus Fehlern zu lernen und Stress verursacht.

ShowMe kann hier helfen. Genutzt wird Microsoft’s Kinect Technologie. „Zwei Kinect-Kameras sind auf den Arbeitsplatz gerichtet und liefern 30 Mal in der Sekunden ein 3D Bild davon“, erläutert Ankerl. Im Hintergrund greift das Computersystem auf eine Datenbank zu und vergleicht die Kinect-Bilder mit protokollierten Arbeitsschritten. Das ganze erfolgt in Echtzeit. „Sollte zum Beispiel Teil A links befestigt werden und der Arbeiter macht dies falsch, zeigt ihm das Computersystem sofort an, wo der Fehler gemacht wurde“, erklärt der Projektleiter weiter. Neben der Inline-Montageassistenz kann das System auch für das Training von Mitarbeitern eingesetzt werden. ShowMe zeigt mögliche nächste Montageschritte an und führt damit auch zu einer mentalen Entlastung des Menschen.

Der Finger als Maus.

Einen wahren Durchbruch schaffte vor kurzem das US-Start-up „Leap Motion“. Michael Buckwald und David Holz, beide Software-Entwickler aus dem Silicon-Valley, haben ein Gerät entwickelt, dass über einen einfachen USB-Anschluss eine dreidimensionale Bewegungssteuerung für jeden möglich macht. Mit Hilfe von drei Infrarot-LEDs und zwei Kameras werden dabei kleinste Bewegungen auf den Bildschirm übertragen. Insbesondere die Erkennung von Finger und Fingerkuppe ermöglicht es erstmalig, berührungslos und ohne weitere Hilfsmittel feinmotorische Interaktionen zu steuern. Mit einer kleinen Bewegung des Fingers kann so gescrollt werden. Auch zum Vergrößern, Verkleinern und Drehen von Objekten braucht der Bildschirm nicht mehr berührt zu werden. Der Finger wird zur interaktiven Maus. Um dem Ganzen noch eins draufzusetzen: Das Gerät kann jetzt schon zum Preis von 70 US-Dollar vorbestellt werden.

Für Martin Ankerl ist klar: Die Kooperation von Mensch und Maschine wird in Zukunft noch enger werden. Winston Churchills brachte es einst auf den Punkt: “Die Menschheit ist zu weit vorwärts gegangen, um sich zurückzuwenden und bewegt sich zu rasch, um anzuhalten.“ Die nächsten Entwicklungen bei der Gestensteuerung harren schon in den Startlöchern.