Müssen die Großen – auch die großen Mittelständler – lernen mit den kleinen Firmen zusammenarbeiten – entstehen da neue Wertschöpfungsketten?
Zangerl: Ja, wir müssen uns vernetzen, unsere Organisationsformen verändern und dürfen nicht mehr in klassischen Industriehierachien denken.
Steinberger: Bei uns ist das anders. Amazon und Google wollen nicht zu Banken werden. Sie bieten Kreditkarten oder Bezahldienste an, um Daten zu sammeln, denn diese haben einen hohen Wert. Banken sind seit Jahren zuverlässige Datenverwalter und wir machen das gut. Aber Amazon und Google haben mehr Freiheiten als Banken. Das führt zu einer ungleichen Wettbewerbssituation. Wir müssen uns deshalb zusammenschließen – national und international. Unsere Erste Group in Wien beispielsweise entwickelt tolle Online-Banking-Lösungen, wir in Feldkirch beraten vor Ort. Somit sind wir digital und analog unterwegs.
Die deutschen Sparkassen haben das auch versucht und sind mit ihrem Bezahldienst gescheitert. Schuster bleib bei deinem Leisten?
Steinberger: Unser Erste Bank „Hub“ im Campus in Wien forscht auch an diesen Themen – zumeist ohne Banker im Team. Das ist glaube ich hier ein Vorteil.
Und für Bachmann – in der Nische überleben?
Bernhard Zangerl: Nein, in der Nische wachsen und neue Nischen suchen. Große Strukturen sind in der Zukunft eher rückläufig und Kunden fordern immer noch persönliche Ansprechpartner bei Projekten. Das wird an Bedeutung gewinnen: Branchenerfahrung und Wissen um Industrieprozesse haben wir, nicht Google.
Aber die Software entscheidet in Zukunft über Wohl und Wehe in den Prozessen.
Zangerl: Ja, aber um industrietaugliche Software zu entwickeln, müssen Firmen die Industrien und Anwendungen ihrer Kunden kennen. Da haben wir einen Vorsprung. Gleichzeitig schulen wir unsere Mitarbeiter auch auf die Nutzung neuester Technologien. Die Kombination dieser Faktoren führt zu fortschrittlichen Lösungen – das ist die Zukunft.
Zurück zu den sicheren Datenverwaltern. Der "WannaCry" war am Ende nicht so gefährlich wie befürchtet – doch die Schwachstellen bleiben. Was tun?
Steinberger: Das sind unfassbare Veränderungen für uns. Als ich bei der Sparkasse angefangen habe, da kam niemand auf die Idee in Netze einzusteigen. In den 90er- und 2000er-Jahren wurden bei internationalen Banken mittels CDs Kundendaten gestohlen, aber das ist nicht vergleichbar. Heute investieren wir viel Geld in die Sicherheit. Das Hauptproblem ist aber ein unvorsichtiger Bankkunde am Computer.
Müssen Sie Ihre Kunden mehr sensibilisieren, damit sie das Werkspasswort auch wirklich zurücksetzen?
Zangerl: Das Nutzerverhalten in den sozialen Netzwerken ist exhibitionistisch. Die Menschen haben noch nicht gelernt damit umzugehen. Ein zu offener Umgang erleichtert deshalb Einbrüche. Auch wir kämpfen mit Fakemails, die zum Beispiel vermeintliche Überweisungen bewirken sollen. Bei unseren Produkten ist es unsere Verantwortung, dass die Steuerungen die Anlagen schützen – das können wir. Aber Sie haben Recht, viele Kunden nutzen das nicht. Wir schulen deshalb intensiv.
Aber müssen wir für mehr Produktivität nicht etwas mehr Unsicherheit riskieren?
Steinberger: Das muss nicht so sein. Heute ist eigentlich der Mensch noch das Sicherheitsproblem. Aber das wird sich ändern – durch Aufklärung und Bildung.
Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?
Steinberger: Jugendliche bezahlen heute Schulden über das Smartphone, leihen sich untereinander Geld über eine App. Ja, wir müssen da früh in den Unternehmen ansetzen – nicht um Fortschritt zu behindern, sondern um für unsere Kunden weiterhin als sicherer Finanzpartner und Datenwahrer aufzutreten.
Zangerl: Wir müssen in den Schulen schon anfangen über Sicherheit im Netz zu sprechen. Ich weiß nicht, ob junge Leute heute zu unvorsichtig sind und ältere Menschen zu ungeschickt – wichtig ist, Risiken zu verdeutlichen und Hilfen anzubieten, wie damit umzugehen ist.
Vielen Dank für das Gespräch! Das Gespräch führte Robert Weber.